• {{pageTitle}}

    , {{gameSystem}}

    Ab: {{regularPrice}}{{lowestPrice}}

  • Frag die Entwickler, Teil 10: Pikmin 4 – Kapitel 1


    18.07.2023

    Frag die Entwickler, Teil 10: Pikmin 4 – Kapitel 1

    Einige der im Text gezeigten Bilder und Videos wurden während der Spielentwicklung aufgenommen.

    Der Inhalt dieses Artikels wurde ursprünglich auf Japanisch veröffentlicht.

    In der Serie „Frag die Entwickler“ sprechen Nintendo-Entwickler in ihren eigenen Worten über die Hintergründe zur Produktentwicklung und erzählen, was ihnen dabei besonders wichtig ist. In Teil 10 unterhalten wir uns mit den Entwicklern von Pikmin 4 für Nintendo Switch, das am Freitag, den 21. Juli, erscheint.

     

    Kapitel 1: Pikmin 1-Fans vs. Pikmin 2-Fans

    Neben den Entwicklern von Pikmin 4 haben wir als Ehrengäste auch die Entwickler des ersten Pikmin-Spiels eingeladen. Als Erstes würde ich gerne eine Frage zur Entstehung der Pikmin-Serie stellen. Stammt das Konzept zur Serie aus einem Vorschlag von Herrn Miyamoto?

    Miyamoto:
    Wenn ich mich recht erinnere, hatten zunächst Herr Hino und Herr Abe zahlreiche Ideen als Directors, nicht wahr?


    Hino:
    Das stimmt, Herr Abe und ich waren damals Directors. Das Gespräch über dieses Projekt begann während der Übergangsphase vom Super NES (1) zum Nintendo 64 (2), weswegen es uns ein besonderes Anliegen war, möglichst viele Charaktere auf dem Bildschirm anzuzeigen, da dies nun möglich war.

    (1) Super NES: Eine 1992 in Europa veröffentlichte Heimkonsole, die auf das Nintendo Entertainment System folgte.

    (2) Nintendo 64: Eine Videospielkonsole, die 1996 in Japan und in den USA sowie 1997 in Europa veröffentlicht wurde. Sie war die erste Heimkonsole von Nintendo, die die Darstellung großer 3D-Spielumgebungen ermöglichte. Der Controller war mit einem 3D-Control Stick ausgestattet, der dem Spieler ermöglichte, Charaktere frei in einem dreidimensionalen Raum zu steuern.


    Abe:
    Herr Hino hat ursprünglich einen künstlerischen Werdegang, also war er für das Design der Charaktere und das Erschaffen der Welten zuständig, während ich mich mehr um Spielmechaniken und Leveldesign gekümmert habe. Ursprünglich war das Spiel kein Actionspiel, oder?


    Hino:
    Ja, das stimmt. Wir hatten damals ein Spiel im Sinn, in dem viele Figuren durch künstliche Intelligenz (KI) gesteuert werden. Unserer Vorstellung nach sollten im Spiel Kreaturen existieren, die KI-Chips in ihren Köpfen hatten, damit sie auf eine bestimmte Art und Weise denken, und die durch den Austausch dieser Chips gesteuert werden könnten. Dadurch würden Spieler sie durch „Gedankenchips“ kontrollieren können, die ihnen Anweisungen wie „Kämpfen“, „Heilen“ oder „Freunden helfen“ geben. Indem sie die Karte erkunden und mehr Erfahrung sammeln, erhöht sich auch die Kapazität der Chips, sie würden also intelligenter werden. Gleichzeitig haben wir auch Eigenschaften wie griesgrämig oder feige in Form von „Emotions-Chips“ hinzugefügt. Der Emotions-Chip, den eine Figur besitzt, beeinflusst dann deren Reaktion auf Anweisungen wie „Angreifen“ oder „Verteidigen“. Herr Kando hat mit uns mit dieser Art von Prototypen experimentiert.


    Kando:
    Ich war damals noch ein ganz junger Programmierer im ersten Jahr. Als ich bei Nintendo anfing, wurde ich diesem Team zugeteilt und bekam quasi aus dem Nichts ein mysteriöses Vorgabendokument von Herrn Hino. (Lacht.) Ich habe mich dann ganz den Experimenten verschrieben, welche Art von Aktionen ich einer großen Menge von KI-gesteuerten Figuren verpassen könnte.


    Morii:
    Ungefähr ein Jahr nach Herrn Kando wurde ich als Designer Teil des Teams. Damals wuselten im Spiel bereits zahlreiche kleine Kreaturen.


    Hino:
    Zu der Zeit war unsere Vorstellung, dass die Spielwelt auf dem Bildschirm von oben dargestellt sein sollte, weswegen wir das Geschlecht und die Eigenschaften jeder Figur vom Kopf aus erkennbar gemacht haben.

    CI_AskTheDeveloperVol10_InsertedImage_01_EN.jpg

    Wow... Das hat mit Pikmin, wie wir es kennen, wenig zu tun.

    Hino:
    Sieht ein bisschen Yoshi-mäßig aus, oder? (Lacht.) Aber wir hatten das Gefühl, als wäre die Figur so als Charakter nicht einprägsam genug.


    Miyamoto:
    Es gab auch Gespräche darüber, eine Figur zu erschaffen, die Mädchen im Teenageralter niedlich finden würden, nicht wahr?


    Abe:
    Ja. Also hat Herr Morii einen Stapel Entwürfe gezeichnet, und dieses Design wurde einstimmig gewählt.

    Auf einmal sieht es viel mehr wie die Pikmin aus, die wir kennen. Mir fällt auf, dass die Markierung auf dem Kopf zur ursprünglichen Idee passt.

    Morii:
    Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, warum wir ihnen ein Blatt auf den Kopf gesetzt haben... aber da die Charaktere winzig sind, habe ich vielleicht gedacht, dass sie etwas brauchen, das optisch auffällt.


    Miyamoto:
    Dieses Design hat mich erstaunlich stark angesprochen. Die Idee laufender Pflanzen hat mir gut gefallen. Wir haben Dinge gesagt wie: „Es wäre niedlich, wenn sie Wasser vom Blatt auf ihrem Kopf trinken würde“.

    CI_AskTheDeveloperVol10_InsertedImage_03.jpg

    Gab es etwas, durch das dieses Design inspiriert wurde?

    Morii:
    Damals gefiel mir die Welt von Tim Burton (3) sehr, weshalb ich wollte, dass die Designs nicht nur niedlich sind, sondern auch etwas Unheimliches oder zumindest emotionales Gewicht haben sollten. Deswegen habe ich die Entwürfe in diesem Stil gezeichnet, mit mehreren sich überlagernden Linien.

    (3) Amerikanischer Filmregisseur und -produzent, spezialisiert auf unheimlich gezeichnete und zugleich ulkig designte Welten.

    Hino:
    Bis dahin verband man Nintendo-Spiele in erster Linie mit den hellen, leuchtenden Designs der Serien von Super Mario und The Legend of Zelda. Deswegen wollte ich einen kühnen Schritt wagen und eine düstere, mysteriöse Welt erschaffen. Also haben wir uns gesagt: „Lasst uns einen Film zur Inspiration ansehen!“, und die Wahl fiel auf einen Animationsfilm namens „Der wilde Planet“ (4). Wir hatten alle verwirrte Gesichtsausdrücke beim Ansehen des Films. (Lacht.)

    (4) Ein Animationsfilm, der 1973 in Frankreich erschien und eine Produktionsform namens Ausschnitt-Animation verwendet. Der Originaltitel auf Französisch lautet „La Planète Sauvage“ („Der wilde Planet“).


    Der von Ihnen erwähnte Film ist in vielerlei Hinsicht einprägsam – vor allem in der, die Albträume hervorruft. Das war also eine Inspiration für Pikmin?

    Hino:
    Da wir ein Spiel entwarfen, in dem lebendige Wesen vorkamen, haben wir auch ein Buch von Richard Dawkins mit dem Titel „Das egoistische Gen“ gelesen.


    Miyamoto:
    Oh, ich bin mir nicht sicher, dass ich das gelesen habe.


    Hino:
    Nun, es enthielt zahlreiche Informationen über die seltsame Ökologie lebender Dinge, also habe ich es gelesen, um meine Fantasie anzuregen. Aber es war zu kompliziert für mich, um es zu verstehen... (Lacht.)


    Miyamoto:
    Wir haben alle möglichen Filme zur Inspiration gesehen, zum Beispiel Independent-Filme aus Europa oder künstlerische Filme, die man in normalen Videotheken nicht finden konnte. Das war eine spannende Zeit, in der viel experimentelles Material veröffentlicht wurde, für das neue Darstellungsmethoden verwendet wurden, zum Beispiel solche, in denen das gleiche Bild absichtlich mehrfach übereinandergelegt wurde.


    Kando:
    Da wir gerade von Darstellungsmethoden auf dem Bildschirm sprechen – als wir das Spiel zunächst für Nintendo 64 entwickelten, haben wir die vielen Charaktere auf dem Bildschirm mit Hilfe von texturierten Rechtecken, sogenannten Billboards, erzeugt, was auch die Anforderungen an die Datenverarbeitung reduziert hat. Mit dem Wechsel zum Nintendo GameCube (5) konnten wir dann endlich jeden einzelnen Charakter als 3D-Modell erschaffen.

    (5) Nintendo GameCube: Eine Heimkonsole, die 2001 in Japan und den USA und 2002 in Europa veröffentlicht wurde. Sie zeichnet sich vor allem durch ihre Würfelform sowie die Verwendung von 8cm-DVDs als Datenträger für Spiele aus.


    Miyamoto:
    Ganz zu Beginn der GameCube-Ära habe ich mit einem anderen Team auch diverse Experimente an etwas namens „Mario 128“ durchgeführt, um herauszufinden, was passiert, wenn man über 100 Exemplare des Spielercharakters hat.


    Mario 128 ist die Tech-Demo aus der GameCube-Ankündigung, richtig?

    Kando:
    Wir wussten nicht, dass Mario 128 existiert, von daher wurde Pikmin auch weder in der Planung noch technisch von Mario 128 beeinflusst. Aber durch die Möglichkeit des GameCubes, eine große Anzahl Charaktere zu bewegen, was zur Zeit des Nintendo 64 nicht möglich war, entstanden viele neue Ideen.


    Abe:
    Nachdem das Design beschlossen war, hat das Game Design Team mit verschiedenen Ideen herumexperimentiert, um die Steuerung dieser Kreaturen interessant und spaßig zu machen. Wir haben Dinge ausprobiert wie einen Trupp zu bilden und sie Bälle werfen oder kämpfen zu lassen. Aber wir waren noch nicht an dem Punkt, an dem wir wussten, wie wir es zu einem interessanten Spiel machen können.


    Hino:
    Als wir damals das Gameplay kreierten, in dem man diese Charaktere auf die Gegner wie Geschosse wirft, fragte uns Herr Miyamoto: „Was passiert, nachdem man sie geworfen hat?“ Darauf antwortete ich, dass sie den Gegner umzingelten und ihn angreifen würden. Und er fragte: „Können sie nicht am Gegner kleben bleiben, nachdem sie auf ihn geworfen wurden? Ich meine, was würde passieren, wenn sie am Rücken des Gegners oder an seinen Schwachstellen kleben blieben?“


    Miyamoto:
    Ja, ich erinnere mich daran. Also hat das Team damit herumexperimentiert, sie an Gegnern kleben bleiben zu lassen. Und alle reagierten ganz begeistert: „Oooh, ich habe sie geworfen und sie blieben kleben!“ (Lacht.) Außerdem fanden wir, es wäre zufriedenstellend, wenn man einen Gegner nach Hause tragen könnte, nachdem er besiegt wurde. Also ließen wir die Kreaturen die Gegner tragen, was ungefähr so aussah, als wenn Ameisen eine Heuschrecke tragen würden. Auch das war für alle wieder ein absoluter Renner. (Lacht.)


    Hino:
    Zahlreiche Ideen wurden hinzugefügt, wie zum Beispiel, dass wenn eine Kreatur am Rücken eines Gegners klebt, sie ihn angreifen kann, wenn sie aber an dessen Mund klebt, sie gefressen wird.


    Miyamoto:
    Dazu kamen dann Ideen, dass selbst wenn eine Kreatur von einem Gegner gefressen wird, sie nicht im Ganzen verschlungen werden sollte, sondern vom Gegner in den Mund gezogen, damit er sie dann langsam futtern kann. (Lacht.) Also haben wir schließlich Schreie und Geistereffekte hinzugefügt, um das Sterben bis zum bitteren Ende darzustellen.


    Material von Pikmin 1 & 2 für Nintendo Switch.


    Hino:
    Schlussendlich haben wir uns für ein Gameplay entschieden, bei dem die Anzahl der Kreaturen zunimmt, wenn sie besiegte Gegner zurückbringen, aber kurz vor Abschluss des Projekts wurde auch Herr Miyamoto etwas zögerlich und sagte: „Ich weiß nicht, ich frage mich, ob es wirklich eine gute Idee ist, dass die Anzahl der Kreaturen mit jedem toten Gegner zunimmt. Geht das doch zu weit...?“ Aber wir haben uns schließlich dafür ausgesprochen und gesagt: „Wir sind so weit gekommen, lasst es uns einfach durchziehen!“ (Lacht.)

    CI_AskTheDeveloperVol10_InsertedImage_05.jpg


    Miyamoto:
    Für einen kurzen Moment habe ich mich gefragt: „Ist es uns wirklich todernst damit?“ (Lacht.)

    Aber ich glaube, so funktioniert die Nahrungskette auch in der Natur.

    Hino:
    Ein reales Ökosystem zu kreieren war nicht unser Hauptanliegen, aber wir wollten ein bisschen Düsternis herüberbringen, nicht nur Niedliches. Wie als ob man aus Vogelperspektive auf eine lebensechte Welt schauen würde. Und wenn man sich die Gegner ansieht, fällt auf, dass einige mysteriöse Designs haben, die wirken, als würden sie irgendwo in der Natur so existieren.


    Material von Pikmin 1 & 2 für Nintendo Switch.


    Miyamoto:
    Es ist voll mit einzigartigen Charakteren, oder? Ich denke, die Designer hatten eine aktive Rolle in der Spielkreation inne. Das soll nicht bedeuten, dass es einen „Kunst zuerst“-Ansatz gab. Das Spieldesign basierte vielmehr darauf, welche Handlungen Pikmin ausführen würden, also ein sehr Nintendo-typischer Ansatz.


    Hino:
    Obwohl das Charakter- und Weltendesign sowie Aktionen wie Kleben, Werfen und Tragen beschlossen waren, haben wir eine Weile gebraucht, um das Gameplay zu finalisieren. Zahlreiche Elemente schwebten herum und wir konnten sie nicht so recht vereinen und entscheiden, was genau die Charaktere tun sollten und was dafür notwendig ist, das „Spiel zu beenden“. Herr Miyamoto hatte jedoch den Plan im Sinn, Pikmin 2001 auf der E3 (6) mit den Spielen für den GameCube anzukündigen.

    (6) Kurzform für die Electronic Entertainment Expo, eine Videospielmesse in Los Angeles, Kalifornien, USA.


    Miyamoto:
    Also habe ich als Producer des Spiels Herrn Abe gebeten: „Ich steige als Director ein, also geben Sie mir bitte drei Monate. Ich trete zurück, falls es nicht klappt.“ (Lacht.)


    Kando:
    Dann hat Herr Miyamoto unsere einzelnen Ideen – und wirklich fast alle – in ein einzelnes Spielablaufdiagramm gepackt. Übrigens hießen Pikmin damals noch Piki oder Picky, das sieht man noch in diesem Dokument.

    Wow, das ist... echt interessant.

    Hino:
    Es fängt mit dem Werfen der Charaktere an, um ihnen Anweisungen zu geben. Ziel ist es, das Objekt nach Hause zu tragen. Also ist das Ziel nicht, eine bestimmte Anzahl von Pikmin zum Endpunkt zu bringen, sondern genug von ihnen anzusammeln, um alle Objekte tragen zu können. Darüber hinaus hat er uns auch noch den Zweck der Gegner und Pflanzen mitgeteilt, wie ein Tag vergeht, die Biologie der Pikmin und den Mechanismus, durch den sich die Anzahl der Pikmin erhöht.


    Miyamoto:
    Zuerst war das Ziel, alle Piki bis zum Ausgang zu führen. Aber mir gefiel es nicht, dass das Ziel von jemand anderem festgesetzt wurde, zum Beispiel: „Du beendest das Spiel, wenn du 50 Piki zum Ausgang bringst.“ Ich meine, wer entscheidet denn, dass es 50 sein müssen, oder? Auf der anderen Seite ergab es mehr Sinn für mich zu sagen: „Zahl X ist nötig, um ein Objekt zu tragen.“ Wenn man also etwas tragen will, das schwer aussieht, braucht man mehr Pikmin. Dieses Konzept versteht jeder intuitiv. Deswegen habe ich mir eher Gedanken darüber gemacht, wie Spieler erfolgreich Gegner bekämpfen, Objekte transportieren und ihre Truppen größer machen.

    Dieses Diagramm zeigt also, wo welches Element im Spiel zu finden ist.

    Miyamoto:
    Auf den ersten Blick wirkt dieses Diagramm wie eine wilde Ansammlung kryptischer Sätze, aber wenn man jeden Satz einzeln liest, kann man den Programmablauf an diesem einzigen Blatt nachvollziehen. Mit anderen Worten, es geschieht nichts außer dem, was hier geschrieben steht. So ist das immer in der Spieleentwicklung. Wir wollen dies machen, wir wollen jenes machen, und am Ende hat man immer zahlreiche neue Elemente. Dann sagt der Director: „Nun, ich schätze, wir müssen herausfinden, wie wir die alle miteinander vereinbaren können!“ und haut dann ab. (Lacht.)


    Alle:
    (Lachen.)


    Miyamoto:
    Dieses Diagramm ist aber auch gleichzeitig eine Vereinbarung, dass wir nicht mehr als das machen, was hier geschrieben steht! Wenn wir solche Grenzen nicht setzen, können wir nicht mit einer so großen Menge an Leuten an der Entwicklung arbeiten. Ich dachte mir, ich skizziere sie lieber selbst, anstatt andere Leute herumzukommandieren. Also habe ich alles aufgeschrieben, während ich mit Herrn Kando Dinge besprochen habe, wie zum Beispiel, wie KI im System funktioniert, ob die Datenverarbeitung das bewältigen kann, und falls nicht, ob andere Mechaniken als Ersatz zum Einsatz kommen könnten.


    Kando:
    Erst als ich das Diagramm gesehen habe, war ich endlich davon überzeugt, dass es als Spiel funktionieren würde.

    Apropos, Pikmin hießen ursprünglich Piki, so wie es hier geschrieben steht, richtig?

    Abe:
    Wir haben während der Entwicklungsphase die Charaktere beginnend mit „ippiki“ gezählt. (Im Japanischen verwendet man das Wort „ippiki“, um „ein kleines Tier“ zu zählen.) Colin (7), der während dieser Zeit mit uns am Programm gearbeitet hat, hat gehört, wie wir diese Kreaturen zählen, und dachte fälschlicherweise, dass wir sie „Piki“ nennen würden. (Lacht.)

    (7) Colin Reed, ein Programmierer, der Teil des ehemaligen Entertainment Analysis & Development Departments bei Nintendo war. Er war an der Entwicklung zahlreicher Titel wie Star Fox für Super Famicom (Super NES in Europa) und Metroid Prime Hunters für Nintendo DS beteiligt.

    CI_AskTheDeveloperVol10_InsertedImage_07.jpg

    Verstehe, er dachte also, dass das Zählwort „piki“ der Name wäre. (Lacht.) An manchen Stellen steht es aber auch als „Picky“ geschrieben.

    Abe:
    Das stimmt. „Piki“ wurde zu „Picky“, und als wir einen offiziellen Namen beschließen wollten, einigten wir uns auf „Pikmin“. Wir dachten, das klänge so ein bisschen wie „pick me“ (Englisch für „wähl mich“.)


    Miyamoto:
    Es klang irgendwie auch wie „Vitamin“, also dachten wir, das wäre was Gutes. (Lacht.)

    Ich verstehe. Also hat sich alles zusammengefügt, nachdem dieses Diagramm entworfen wurde.

    Hino:
    Ungefähr zwei Monate danach haben wir es auf der E3 angekündigt. Aber wir haben noch in letzter Minute Änderungen am Trailer vorgenommen. Herr Miyamoto hat uns gebeten, das Filmmaterial vom Spiel zu überarbeiten und gesagt: „Ich will diesen Teil des Skripts ausbessern“, und wir haben ganz schnell alle Änderungen umgesetzt. Und so ging es weiter, immer und immer wieder. (Lacht.) Herr Miyamoto hat dann das in letzter Minute fertiggestellte Werk eigenhändig im Flugzeug nach L.A. transportiert.


    Miyamoto:
    Auf der E3 habe ich dann davon erzählt, als sei das Spiel fertig. (Lacht.)


    Hino:
    Ich fand das großartig. (Lacht.)

    Als Pikmin angekündigt wurde, hatte ich das Gefühl, dass die Entwicklung so gut wie abgeschlossen sei.

    Morii:
    Aber zu diesem Zeitpunkt gab es bloß einen einzigen Level, wenn ich mich richtig erinnere. Der zudem exklusiv für dieses Event entworfen wurde. (Lacht.)

    CI_AskTheDeveloperVol10_InsertedImage_08.jpg


    Miyamoto:
    Zu meiner Verteidigung muss ich hinzufügen, dass ich die Ankündigung nur gemacht habe, weil ich geglaubt habe, dass wir das schaffen. (Lacht.) Ich war zuversichtlich, dass wir das Spiel fertigstellen würden.

    Gehen wir noch mal zurück zu unserer Unterhaltung über das Gameplay – ich glaube, der Begriff „Dandori“ (8) wird in Pikmin 4 verwendet. Gab es dieses Gameplay, das als „Dandori“ bezeichnet wird, bereits bei der Entwicklung des ersten Pikmin?

    (8) Ein japanisches Wort, das so viel bedeutet wie: „über Planung und Effizienz im Voraus nachdenken, damit etwas reibungslos funktioniert“.


    Miyamoto:
    Vereinfacht ausgedrückt war da etwas, das mir einfiel, als ich Ameisen in meinem Garten beobachtet habe... Aber die Realität war etwas komplizierter. Auch bevor es Pikmin gab, existierten schon alle möglichen PC-Simulationen, in denen man zum Beispiel entscheiden musste, ob man Reiskörner essen sollte oder anpflanzen, damit man sie vermehrt. Ich wollte schon immer ein Gameplay entwickeln, in dem man Dinge verwaltet. Als Manager auf der Arbeit muss man zum Beispiel darüber nachdenken, wer welche Aufgabe übernehmen soll, damit etwas erledigt wird. Man hat ein kleines Projekt hier am Laufen und ein großes, ressourcenaufwändiges Projekt dort, und wenn man das alles gut plant und effizient erledigt, verspürt man dieses Gefühl von Erfolg. Ich dachte, es wäre interessant, wenn man dieses Konzept auf eine KI-gesteuerte Welt übertragen könnte.


    Abe:
    Während der Entwicklung von Pikmin und Pikmin 2 haben wir es intern als „Aufgabenverwaltungsspiel“ bezeichnet, oder?


    Hino:
    Wir konnten keine richtige Bezeichnung für das Spielgenre finden, die das Produkt adäquat beschreiben würde, also haben wir es „KI-Actionspiel“ genannt.


    Miyamoto:
    Spiele machen Spaß aufgrund des Versuch-und-Irrtum-Prinzips. Pikmin wird oft zunächst nur mit seinen Charakteren und Welten assoziiert, aber in ihm steckt auch viel Spaß als Videospiel. Während man das gleiche Gameplay wiederholt, entwickelt man seine eigene Technik und verbessert so seine Effektivität und erzielt höhere Punktzahlen.

    CI_AskTheDeveloperVol10_InsertedImage_09.jpg

    Der Spaß daran, etwas zu wiederholen und sich selbst zu übertreffen, oder?

    Miyamoto:
    Es gab sogar Spieler des ersten Pikmin-Spiels, deren Ziel ein perfektes Spiel war, in dem kein einziger Pikmin umkommt. Also quasi 10 von 10 Punkten. Selbst ich würde das nicht versuchen wollen, das ist viel zu schwer. (Lacht.)


    Hino:
    Auf der anderen Seite hatte das erste Spiel ein Zeitlimit von 30 In-Game-Tagen, in denen der Spieler eine Aufgabe erfüllen musste. Schaffte er es nicht, musste er wieder von vorne beginnen, was sich für manche zu lang anfühlte. Also haben wir in Pikmin 2 die Zeitlimits weggelassen und mehr Pikmin-Typen und Schätze hinzugefügt. Wir haben auch einen Katalog erstellt und es mehr zu einem Spiel gemacht, in dem man nach und nach kleine Dinge sammeln muss.


    Kando:
    Der Spielstil wechselte von „Zeitverwaltung“ zu „Typverwaltung“.


    Miyamoto:
    So lief es mit Pikmin 2, aber wir hatten zahlreiche Diskussionen darüber, welche Richtung Pikmin 3 einschlagen sollte. Das erste Spiel besitzt eine größere Herausforderung, während das zweite Spiel einen breiter gefächerten Inhalt bietet. Die Spieler waren geteilter Meinung darüber, welches Spiel sie bevorzugten, und manche Leute gingen sogar so weit, sich als „Pikmin 1-Person“ oder „Pikmin 2-Person“ zu bezeichnen.


    Kando:
    In der frühen Entwicklungsphase des dritten Spiels hatten wir einen Wettbewerb mit mehreren Programmierern laufen, wie viele Raumschiffteile wir im „Wald der Hoffnung“ aus dem ersten Spiel innerhalb des 1-Tag-Zeitlimits bergen konnten. Schließlich waren wir uns einig, dass die größere Herausforderung spannender sei als ein breiter gefächerter Inhalt, also haben wir Pikmin 3 wieder nach dem Prinzip des ersten Spiels entwickelt.


    Hino:
    Wir haben zusätzlich zum Hauptspiel einen „Missionsmodus“ hinzugefügt und ihn so entworfen, dass Spieler darin ihre Fähigkeiten trainieren können, um das Hauptspiel effizienter bewältigen zu können. Ich glaube, das war der Zeitpunkt, ab dem wir das Gameplay mit „Dandori“ beschrieben haben.


    Kando:
    Das stimmt. Wir stellten fest, dass Aufgabenverwaltung ein Erfolgserlebnis bietet, das selbst Leute nachvollziehen können, die keine Spiele spielen. So wie wenn man Hausarbeit macht oder kocht. Wenn man daran gewöhnt ist, fängt man an, über „Dandori“ nachzudenken und somit Dinge effizienter zu erledigen. Und dieser Prozess macht Spaß.

    CI_AskTheDeveloperVol10_InsertedImage_10.jpg

    So entstand also die Beschreibung als „Dandori“-Spiel. Wie ich sehe, wurde jeder einzelne Titel der Serie so durchdacht, damit der Spaß an der Aufgabenbewältigung im Vordergrund steht.

    Miyamoto:
    Wenn ich mich jetzt zurückerinnere, gab es bei den Entwicklern immer den Gedanken, zur Mechanik des ersten Spiels zurückzukehren... Aber als schließlich das dritte Spiel veröffentlicht wurde, das wieder an das erste Spiel anknüpfte, gab es einige Leute, die sagten, dass sie das zweite Spiel bevorzugten. (Lacht.)


    Kando:
    Das Ergebnis zahlreicher Überlegungen über einen längeren Zeitraum hinweg steckt dann im vierten Spiel, das Spieler unterschiedlicher Präferenzen ansprechen soll. Unter denen, die den Stil von Pikmin 1 bevorzugten, und denen, die Pikmin 2 bevorzugten, gab es komplett unterschiedliche Ansichten dazu, wie ein Pikmin-Spiel sein sollte. Also kann Pikmin 4 die Diskussion „Pikmin 1-Fans vs. Pikmin 2-Fans“ endlich beenden. (Lacht.)