Frag die Entwickler, Teil 15: Mario & Luigi: Brothership – Kapitel 3
20.12.2024
Dieses Interview wurde vor der Veröffentlichung des Spiels geführt.
Einige der Bilder und Videos wurden während der Entwicklung aufgenommen.
Dieser Artikel wurde ursprünglich auf Japanisch veröffentlicht.
Kapitel 3: „Verbindungen“ – Das Spiel nimmt Gestalt an
Wie es scheint, haben Sie viel Zeit damit verbracht, die Grafik und die Welt zu definieren, die dieses Spiel einzigartig machen. Wie sind Sie aber bei der Entwicklung des Gameplays und der Geschichte vorgegangen, die den Kern des Spiels ausmachen?
Fukushima:
Die ursprüngliche Idee von Acquire zum Gameplay war wirklich gut und so haben wir sie zunächst als Prototyp verwendet. Im Entwurf stand: „Eine Mario-Geschichte, die für dich einzigartig ist. Leben und Abenteuer auf treibenden Inseln“.
Ohashi:
Ich fand, dass treibende Inseln als Konzept Spaß machen könnten. Man entdeckt eine Insel, erlebt ein Abenteuer, freundet sich mit den Leuten dort an... Ich dachte, es wäre sicher schön, immer mehr Inseln miteinander zu verbinden und Verbündete zu gewinnen, mit denen man gemeinsam ein Abenteuer erleben kann.
Otani:
Ich muss zugeben, es war eine gute Idee. Als wir bei Nintendo Ideen entwickelt hatten, war niemand auf so etwas gekommen. Gameplay, bei dem man verschiedene Inseln miteinander verbindet, ist nicht etwas, das einem im Normalfall einfällt. (Lacht.)
Ohashi:
Es dauerte allerdings eine Weile, bis wir das bereits erwähnte „Mario & Luigi“-Typische einfangen konnten, sodass die Tests für dieses neue Element erst einmal in den Hintergrund traten... Als wir darüber sprachen, wie dieses Konzept der treibenden Inseln Spaß machen könnte, dauerte es eine Weile, bis wir Nintendo konkrete Ideen präsentieren konnten. Ich glaube, das hat ihnen Sorgen bereitet.
Otani:
Ehrlich gesagt wurde ich langsam nervös. Herr Fukushima und ich fragten uns, wann Acquire wohl so weit wäre, uns ihre Ideen mitzuteilen. (Lacht.)
Fukushima:
Aber Herr Ohashi ist jemand, der viel nachdenkt und erst dann eine einzige Antwort gibt, wenn er zufrieden ist. Also haben wir ihm in dieser Hinsicht vertraut. Allerdings hatten wir viele interne Strategiesitzungen, um zu besprechen, wie lange wir noch warten konnten. (Lacht.)
Ohashi:
In diesem Spiel dient Kapitarbora als Basis für die Geschichte von Mario und seinen Freunden. Sie lassen sich auf dieser Insel durch den Ozean treiben, nähern sich verschiedenen anderen Inseln und erleben Abenteuer. Aber es hat eine Weile gedauert, bis die Spielmechanik dafür fertig war, zum Beispiel wie man die Insel in diesem riesigen Ozean herumfahren lassen kann.
Fukushima:
Normalerweise werden das Gameplay und die Richtung, in die die Geschichte geht, zu Beginn der Entwicklung recht schnell festgelegt und danach werden die Details ausgearbeitet. Aber hier hat es länger gedauert als erwartet. In der Zwischenzeit haben wir an den Kämpfen und Aktionen gearbeitet, die man während der Erkundung durchführen kann, ohne dass bestimmte Dinge endgültig feststanden. Zum Beispiel das Prinzip, nach dem Kapitarbora im Meer treiben sollte. Oder die Größe des Spiels, die Anzahl der Inseln und ihre Motive. Es war ein bisschen wie einem Regenbogen hinterherzujagen. Und es war eine Menge Arbeit.
Otani:
Außerdem haben die beiden Unternehmen bei der Entwicklung von Spielen sehr unterschiedliche Herangehensweisen. Bei früheren Spielen der Serie haben wir immer zuerst das Gameplay entwickelt und uns dann eine Handlung ausgedacht, die es dann zum Leben erweckt. So führte der Director den gesamten Prozess an. Acquires Ansatz bestand jedoch darin, dass der Director, Herr Ohashi, über das Gameplay der treibenden Inseln nachdachte, während parallel dazu ein externes Unternehmen die Handlung schrieb... Da es sich jedoch um ein RPG handelt, müssen die Geschichte und das Gameplay zusammen funktionieren, um voranzukommen.
Ohashi:
Das Unternehmen, das die Handlung schrieb, hatte auch Probleme damit, das „Mario & Luigi“-Typische einzufangen. Ihnen fiel keine passende Geschichte ein.
Aber irgendwann gab es einen Durchbruch und Sie konnten das Problem lösen, richtig?
Ohashi:
Ich glaube, ich weiß, wann das war. Erinnern Sie sich noch daran, als wir gemeinsam über die Handlung nachdachten und uns für jedes Meer ein Motiv ausdachten? Im ersten Meer sollte es um das Thema „Familie“ gehen, im zweiten um „Freunde“ und so weiter.
Fukushima:
Stimmt, da fügten sich die verschiedenen Elemente zum Thema „Verbindung“ zusammen. Im Spiel geht es darum, Inseln zu verbinden, aber es gibt auch Verbindungen zwischen den Leuten, die auf diesen Inseln leben.
Ohashi:
Das war etwa zur gleichen Zeit, als die treibenden Inseln in das Spiel integriert wurden. Wir sahen langsam, wie man die Charaktere auch als Teil der Geschichte miteinander verbinden konnte, und „Verbindung“ wurde allmählich zum Thema für dieses Spiel.
Furuta:
Damals dachten wir, dass das Zusammenfügen verschiedener Inseln ein riesiges systemtechnisches Unterfangen wäre, das eine riesige Menge an Daten erfordern würde und deshalb vielleicht gar nicht möglich wäre. Also änderten wir unseren Ansatz und gingen dazu über, die Inseln mit einem Seil oder etwas Ähnlichem zu verbinden. Wir hatten viele verschiedene Ideen für seilähnliche Dinge, mit denen man Inseln verbinden könnte.
Eine Idee war, dass durch das Einstecken eines Steckers in eine Steckdose eine seilartige Verbindung entsteht, durch die Strom fließt, und dass dadurch etwas Gutes passiert. Und durch den Gedanken, dass gute Dinge passieren und zu Bindungen zwischen Menschen führen, konnte die Idee des „Einstöpselns“ die Herausforderungen für die Spielmechanik und die Geschichte mindern. Ich glaube, diese Entdeckung war der Wendepunkt.
Fukushima:
Sobald sich alle auf vertraute und leicht vorstellbare Motive wie elektrische Stecker und Kabel geeinigt hatten, zogen wir alle an einem Strang und es war leichter, Ideen für das Spiel zu entwickeln, die zu dieser Umgebung passten.
Otani:
Bevor es ein Stecker wurde, war es ein Regenbogen, nicht wahr? (Lacht.)
Furuta:
Eine Regenbogenbrücke, um genau zu sein. Am Anfang haben wir die Inseln durch Brücken verbunden. Ich bin froh, dass wir uns stattdessen für etwas entscheiden konnten, das besser zum Spiel passt.
Otani:
In der Mario & Luigi-Reihe kombinieren wir das Gameplay immer auf einfache Weise mit dem allgemeinen Thema des Spiels, damit das Spiel nicht zu kompliziert wirkt. Und weil es ein Mario-Spiel ist, haben wir außerdem darauf geachtet, dass die Geschichte klar und leicht verständlich ist. Die Themen dieses Spiels sind „Verbindung“ und „Bindungen“, wobei es im Spiel darum geht, die treibende Insel Kapitarbora mit anderen Inseln zu verbinden, und in der Geschichte darum, Bindungen zwischen Menschen aufzubauen. Natürlich mussten wir einen Weg finden, um den Spielern diese Themen deutlich zu vermitteln.
Verstehe. Als ich das Spiel gespielt habe, sah ich auch, dass das Thema „Verbindung“ überall auftauchte. Aber es klingt, als hätten Sie viel ausprobiert, bevor Sie an diesen Punkt kamen. Apropos „Verbindung“: Die Hauptfiguren, Mario und Luigi, haben auch eine starke Bindung zueinander. Wie haben Sie das dargestellt?
Otani:
Dass Mario und Luigi zusammenhalten war schon immer ein Hauptmerkmal dieser Serie und wir wollten das in diesem Spiel noch verstärken. In früheren Spielen bewegten sich die beiden immer gemeinsam als Zweiergespann. Sie sind zum Beispiel zusammen gesprungen, wenn man den A- und B-Knopf gleichzeitig gedrückt hat.
Um aber etwas Neues in dieses Spiel einzubringen, haben wir dafür gesorgt, dass Luigi sich selbstständig bewegt. Er springt automatisch und holt den Spieler ein. Ich denke, das ist sehr benutzerfreundlich. Außerdem haben wir beschlossen, es Luigi zu ermöglichen, in der Spielwelt mit Mario zu kooperieren, selbst wenn sie getrennt werden. Das ist ein neues Element in diesem Spiel – die „Luigidee“.
Im Spiel sieht man, dass die beiden zusammenarbeiten, um Aktionen durchzuführen, egal wie nah oder weit sie voneinander entfernt sind.
Fukushima:
Das Gefühl der Zusammenarbeit zwischen Mario und Luigi wird mehr als je zuvor betont. Das gilt auch für die normalen Angriffe in den Kämpfen. Und selbst bei der Erkundung gibt es Dinge, die man nur zu zweit tun kann, zum Beispiel sich in einen Ball oder ein UFO verwandeln.
Spielaufnahmen aus der englischen Version des Spiels. Mario & Luigi: Brothership ist auf Deutsch erhältlich.
Diese Serie ist dafür bekannt, dass darin alles Mögliche vorkommen kann. Und auch in diesem Spiel gibt es Aktionen, die etwas skurriler sind. Ich finde, dass durch die Zusammenarbeit zwischen den beiden Figuren auch die strategischen Möglichkeiten erweitert werden.
Jetzt da wir über die Bindung zwischen Mario und Luigi sprechen, erinnert mich das an die erste Videosequenz aus dem Ankündigungstrailer, die einige Leute vielleicht an den Super Mario Bros. Film erinnerte. Hatten Sie den Film im Hinterkopf, als Sie diese Eröffnungssequenz erstellten?
Otani:
Wir dachten eigentlich nicht an den Film, als wir die Sequenz erstellten. Besser gesagt: Als sie in der Mache war, hatten wir gar keine Informationen über den Super Mario Bros. Film. Ich ging davon aus, dass der Film wahrscheinlich auch die Verbindung zwischen den Brüdern auf irgendeine Weise zum Ausdruck bringen würde, aber ich wollte mir keine Gedanken darüber machen, wie das dargestellt werden würde, sondern mich einfach darauf konzentrieren, es auf die richtige Art und Weise für Mario & Luigi darzustellen... Aber ja, mir wurde gesagt, dass die Eröffnungsszene dem Film unheimlich ähnelt. (Lacht.)
Alle:
(Lachen.)
Ohashi:
Ich war schockiert, als ich den Film sah. (Lacht.)
Furuta:
Es fühlte sich an, als hätten sie uns damit richtig erwischt. (Lacht.)
Otani:
Wie Wattz im Spiel sagt: „Was für ein quieklicher Zufall, was?“
Ohashi:
Dazu muss man aber auch sagen, dass der Film und das Spiel die gleiche Grundlage haben: Die Verbundenheit der beiden Brüder.
Otani:
Wir haben uns auch sehr über die Veröffentlichung des Super Mario Bros. Films gefreut. Ich würde mich wirklich sehr glücklich schätzen, wenn die Leute, die den Film gesehen haben, danach motiviert sind, Spiele mit Mario und Luigi auszuprobieren.
Ich denke, dass jetzt mehr Leute mit Mario und seinen Freunden vertraut sind, nachdem sie den Film gesehen haben. Wenn man die Persönlichkeiten von Mario und Luigi und ihre Verbindung bereits kennt, bevor man dieses Spiel spielt, sieht man sie vielleicht in einem anderen Licht.
Otani:
Das stimmt. Natürlich kann man die Geschichte des Spiels auch dann voll und ganz genießen, wenn man den Film nicht gesehen hat. In früheren Mario & Luigi-Spielen waren die Geschichten oft entspannter, aber in diesem Spiel ist sie ein bisschen ernster. Vor allem gegen Ende des Spiels bekommt man ein Gefühl für Marios und Luigis Heldentum.
Ohashi:
Mario repräsentiert den Spieler selbst. Ich denke, je ernster und schwieriger die Situation ist, in der man sich befindet, desto größer ist die Freude, wenn man sie überwindet. Deshalb dachte ich, dass wir die Bindung zwischen den Brüdern noch stärker darstellen könnten als in den vorherigen Spielen. Außerdem wollten wir etwas anders machen als bisher, mit neuen Erfahrungen und Attraktionen.
Sich selbst herausfordern, etwas Neues zu schaffen – das ist Acquire, wie es im Buche steht.
Fukushima:
Es gab noch eine weitere Sache in Bezug zur Story, die Herrn Ohashi besonders am Herzen lag. Wenn man viele andere Inseln mit Kapitarbora verbindet, die Mario und seine Freunde als Basis nutzen, versammeln sich dort auch die Bewohner dieser Inseln. Man spürt also, wie sich die Insel Stück für Stück verändert und lebendiger wird.
Ohashi:
Genau. Durch Mario und Luigi – oder besser gesagt, durch den Spieler – wird Kapitarbora lebendiger und ihre Bewohner glücklicher. Wir wollten, dass die Spieler dieses Ergebnis ihrer Handlungen zu spüren bekommen. Ich dachte mir, es wäre schön, den Spielern die Erfahrung zu vermitteln, dass sie Herausforderungen meistern können, indem sie Unterstützung von den Leuten bekommen, mit denen sie auf den verbundenen Inseln Freundschaften geschlossen haben. Ich wollte, dass die Spieler die Freude empfinden, wenn ihnen jemand unter die Arme greift, und dass sie die Verbundenheit spüren, die entsteht, wenn alle sich gegenseitig helfen.
Fukushima:
Der Untertitel dieses Spiels ist „Brothership“. Wir haben uns dafür entschieden, nachdem wir mit Acquire über 100 Möglichkeiten durchgespielt hatten. Ich denke, er passt perfekt zum Thema des Spiels. Er beschreibt die brüderlichen Bande, enthält aber auch das englische Wort für „Schiff“, was sich auf die schiffsförmige Insel Kapitarbora bezieht, die alle anderen Inseln miteinander verbindet.
Otani:
Bisher hatten die japanischen und englischen Versionen der Mario & Luigi-Reihe unterschiedliche Titel, aber diesmal haben wir uns entschieden, beide „Brothership“ zu nennen.
Fukushima:
Der Titel kam auch bei unseren nordamerikanischen und europäischen Kollegen gut an, weil er im Englischen auch wie ein Wortspiel mit „Mutterschiff“ klingt. Man kann die Basis Kapitarbora wirklich als Mutterschiff bezeichnen.