(Anmerkung der Redaktion: Alle in diesem Interview gezeigten Videos stammen aus den relevanten japanischen Spielversionen.)
Vielen Dank, dass Sie heute da sind.
Ich danke Ihnen für die Einladung.
Dr. Kawashima, wir kennen uns doch nun schon seit siebeneinhalb Jahren, oder?
Ja. Schon eine ganze Weile!
Die Geschichte von Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging – Wie fit ist Ihr Gehirn?1 geht auf den 2. Dezember 2004 zurück, nämlich auf den Tag, an dem das Nintendo DS-System erstmals in Japan veröffentlicht wurde. An diesem Tag besuchte ich Sie und zeigte Ihnen verschiedene Software zu Prototypen, die wir erstellt hatten. Und seit damals kennen wir uns. Es hat sich einfach so ergeben, dass wir der gleichen Generation angehören und wir oftmals die gleichen Erfahrungen gemacht haben. 1 Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging: Wie fit ist Ihr Gehirn? war ein Software-Titel für das Nintendo DS™-System, das in Japan erstmals im Mai 2005 veröffentlicht wurde.
Ja, wir gehörten dem gleichen Schuljahrgang an.
Als ich das herausgefunden hatte, dachte ich mir, ich sollte Ihnen den Prototyp von Gehirn-Jogging persönlich vorstellen.
Wenn ich ehrlich bin, war ich angesichts Ihres bevorstehenden Besuches etwas verhalten. Ich fragte mich, warum um alles in der Welt der Präsident von Nintendo jemanden wie mich besuchen wollte! (lacht) Aber nachdem wir uns getroffen und uns unterhalten hatten, stellte ich fest, dass wir auf einer Wellenlänge waren – und das war ziemlich frappierend. Ich erinnere mich daran, wie ich Ihnen aufgeregt erzählte, dass wir beim Ausprobieren der Prototyp-Software versucht hatten, die Gehirntätigkeit der Nutzer zu messen
Auch ich hatte damals das Gefühl, dass wir „auf einer Wellenlänge” lagen. Mir war bereits Ihre Serie „Übungen für Erwachsene“2 bekannt, und ich hatte ein paar davon sogar selbst ausprobiert. Ich fand diese wirklich spaßig und wollte daraus gern ein Videospiel machen. Wir haben uns sehr angeregt unterhalten, obwohl das unser allererstes Treffen war! 2 Dr. Kawashima hat zwei Bücher geschrieben: Gehirn-Jogging – Geistig topfit in 60 Tagen, erschienen in deutscher Sprache, und Train Your Brain: Reading-Aloud Drills for Adults – 60 Days of Reading Famous Works Aloud and Taking Kanji Dictation in englischer Sprache. Beide Bücher wurden in Japan bei Kumon Publishing im November 2003 veröffentlicht und waren ein großer Erfolg.
Das haben wir wirklich! (lacht)
Sie waren damals so freundlich, sich unsere Prototyp-Software noch am gleichen Tag anzusehen. Sie sagten, die Software sei gut, könne etwas im Gehirn der Nutzer bewirken und eigne sich für die Herstellung eines Videospiels. Und als ich dann schließlich ging, hatten Sie dem Projekt schon Ihren Segen gegeben. Ursprünglich hatten wir geplant, uns für eine halbe Stunde zu treffen, aber dann wurden daraus drei Stunden … (lacht) Das war schon ein sehr bedeutsamer Tag!
Ja, das stimmt.
Als wir zuerst Gehirn-Jogging erstellten, war mir gar nicht bewusst, dass dies ein solches Phänomen werden würde. Wie empfanden Sie das damals, Dr. Kawashima?
Ich hatte den gleichen Eindruck wie jeder andere auch und hätte nicht erwartet, dass das Spiel ein so großer Erfolg werden würde. Ich dachte schon, dass es die Aufmerksamkeit eines breiten Publikums auf sich ziehen würde, weil es ein Nintendo-Spiel war. Ich hätte jedoch nicht einen so gewaltigen Erfolg erwartet und hätte nicht gedacht, dass das Spiel später in aller Munde sein würde.
Ich war schon davon überzeugt, dass unser Spiel den Leuten viel Spaß machen würde, hätte jedoch nicht gedacht, dass es selbst von Non-Gamern so gut aufgenommen würde. Eigentlich mussten wir nur die Software herausbringen und konnten anschließend einfach beobachten, was passierte.Und nachdem das Spiel in Japan ein so großer Erfolg geworden war, beschlossen wir, Gehirn-Jogging auch im Ausland zu veröffentlichen. Etwa im Herbst 2005 hatte ich dann das Gefühl, dass in Japan etwas Unglaubliches passierte. Da erwachte das Bedürfnis, das Spiel unbedingt in der ganzen Welt verkaufen zu wollen. Ich hatte das Gefühl, ich hätte eine Mission zu erfüllen, und stellte die Software daher persönlich unseren Handelsvertretern in Amerika und Europa vor, um diese genau zu erklären und eine Marktstrategie aufzubauen! (lacht)
(lacht) Um ehrlich zu sein… hatte ich so meine Zweifel, ob sich Gehirn-Jogging im Ausland verkaufen lassen würde. Meinem Gefühl nach passten solche Dinge, wie fleißig nacheinander Zahlenrätsel abzuhaken. eher zum japanischen Temperament.
Nun, lesen, schreiben und rechnen sind schon seit jeher ein Teil der japanischen Kultur, der von Kumon Publishing in die Welt exportiert wurde.
Ja. Nun manche Leute waren dabei der Ansicht, diese Dinge seien Teil von “The Way of the Samurai’ und würden im Ausland kein breites Publikum finden. Daher fand ich es mehr als fraglich, wie Gehirn-Jogging in der restlichen Welt aufgenommen werden würde.
Nun, am Ende entwickelte es sich zu einem gesellschaftlichen Phänomen, und die Verkaufszahlen in Europa überstiegen sogar noch die japanischen Verkäufe. Ich denke, die Software hat bei der weltweiten Einführung Ihrer Forschungsarbeit eine Rolle gespielt, Dr. Kawashima.
Natürlich. ich denke, ich bin recht bekannt geworden. Die Leute wussten, wer ich war. So besuchte mich zum Beispiel ein Universitätsprofessor aus Deutschland, der den ganzen langen Weg auf sich genommen hatte. Als ich ihn nach seinen Beweggründen fragte, sagte er mir, er und sein Sohn spielten Gehirn-Jogging. Offenbar hatte man in seiner Familie darüber diskutiert, ob es sich bei „Dr. Kawashima“ um eine reale Person handelte! (lacht)
Oh! (lacht)
In der Tat gab es an seiner Arbeitsstelle und in der Schule seines Sohnes eine heftige Diskussion darüber. Manche Leute sagten, Dr. Kawashima gäbe es tatsächlich, während sich andere ganz sicher waren, dass es sich bei diesem Namen nur um eine virtuelle Person handelte. Der Professor erklärte mir, er sei hocherfreut, mich in Fleisch und Blut anzutreffen.
Das hört sich so an, als hätte auch er seine Zweifel gehabt, dass es sich bei Ihnen womöglich um eine fiktive Person handelte! (lacht)
Ja! Ich sagte ihm, wenn es sich bei Dr. Kawashima um eine fiktive Person handelte, hätte man diese wohl etwas cooler gestaltet! Dass er das genauso zu sehen schien, pikierte mich doch ein wenig! (lacht)
(lachen)
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