Vielen Dank, dass Sie mir heute Gesellschaft leisten, Mr. Sonobe. Sie und ich sind ja beide aus derselben Generation, und mir kommt es so vor, als ob wir schon seit den ganz frühen Tagen der Videospielindustrie zusammen an Spielen arbeiten.
Stimmt. Als Sie damals noch bei HAL Laboratory1 gearbeitet haben, sind wir immer zusammen in Badehäuser gegangen, nicht wahr? (lacht)1. HAL Laboratory, Inc.: Eine Software-Entwicklerfirma, die unter anderem z. B. an den Kirby- und Smash Bros.-Spielreihen gearbeitet hat. Satoru Iwata, der Präsident und Geschäftsführer von Nintendo, hat auch als Präsident von HAL Laboratory gearbeitet.
Ah, ja. Wir waren bei den heißen Quellen von Isawa, nicht wahr? (lacht)
Richtig, das war die heiße Isawa-Quelle. (lacht)
Ah, das bringt Erinnerungen zurück ... Aber wir sind ja heute hier, um über "Nintendo Pocket Football Club" zu sprechen.
Stimmt.
Aber es wäre sehr schade, wenn ich Sie zuvor nicht nach Ihrer bisherigen Arbeit fragen würde. Ich freue mich auf jeden Fall schon sehr auf unser heutiges Gespräch.
So geht es mir auch.
Im Laufe der Jahre haben Sie das Genre der Sportsimulationsspiele als Basis genommen und darauf aufbauend eine ganze Reihe von innovativen Spielen über Baseball, Pferderennen und Fußball entwickelt.
Ja, das ist richtig.
Ich frage mich, ob Sie uns etwas darüber erzählen können, wie Sie zur Welt der Videospiele gekommen sind.
Tja, das hat bei mir natürlich mit "Breakout"2 angefangen. In den Spielhallen gab es damals nichts außer Flipper-Automaten, und als dann dieses Spiel aufgetaucht ist ... also, das hat schon ziemlich Eindruck gemacht. 2. Breakout: Ein Arcade-Spiel, das von Atari Inc. (jetzt Atari Interactive) entwickelt wurde, in dem der Spieler mit einer Plattform einen Ball treffen muss, um die Blöcke im oberen Bildschirmbereich zu zerstören. Es erschien in Japan in den späten 1970er-Jahren.
Zu dieser Zeit fand man in den Spielhallen nur mechanische Spielautomaten. Als man plötzlich einen Spielautomaten mit einem Fernsehbildschirm gesehen hat, war das eine ganz neue Entwicklung im Unterhaltungsbereich.
Das ist richtig. Und dann hat man gesehen, wie die eigenen 100 Yen-Münzen im Handumdrehen verschwunden sind ...
Man hat sich immer ganze Stapel von 100 Yen-Münzen zurechtgelegt, und plötzlich waren sie dann alle wieder weg ...
Stimmt! (lacht) Aber damals hatte ich gerade die Grundschule hinter mich gebracht, also hatte ich kaum zwei 100 Yen-Münzen in der Tasche. Deshalb stand ich einfach daneben und habe dabei zugesehen, wie andere Leute gespielt haben.
Ah, ja! (lacht)
Es gab Spieler, die so gut waren, dass das Spiel einfach immer weiter ging. Aber es hat auch einfach schon Spaß gemacht, nur dabei zuzusehen.
Damals haben sich ganze Gruppen von Leuten um gute Spieler versammelt, nicht wahr?
Ja, genau.
Und als Sie damals als Schüler in einer Spielhalle Ihre ersten Erfahrungen mit Videospielen gemacht haben, was hatten Sie da für einen Eindruck?
Also, ich erinnere mich, dass ich damals die Vorstellung hatte, dass die Videospiele in den Spielhallen komplett Hardware-basiert waren.
Sie wussten also noch nicht viel über Software? Aber es ist ja auch richtig, dass Software erst zur Zeit von "Space Invaders"3 vollwertig bei Videospielen zum Einsatz gekommen ist.3. Space Invaders: Ein Arcade-Spiel, das 1978 veröffentlicht wurde.
Das stimmt. Aber damals war mir noch nicht mal bewusst, dass es Software überhaupt gab. Dann fing ich später an, mich mit Maschinenbau zu beschäftigen, und kurz nachdem ich mit dem Studium an der Universität angefangen hatte, kaufte ich mir einen programmierbaren Taschenrechner4.
Ich habe meine ersten Erfahrungen mit Spielprogrammierung übrigens auch auf einem programmierbaren Taschenrechner gemacht.4. Programmierbarer Taschenrechner: Ein Taschenrechner, der programmiert werden konnte, um komplexe Berechnungen automatisch vorzunehmen. Das gemeinte Modell war noch sehr einfach, mit einer Anzeige, die nur eine Zeile alphanumerischer Zeichen darstellen konnte. Das Modell, das Mr. Iwata verwendet hat, konnte ausschließlich Ziffern darstellen.
Ach, ist das wahr? (lacht) Ich konnte auf meinem Taschenrechner zwar schon einfache Spiele programmieren, aber wenn Sie mich gefragt hätten, was ich unter dem Begriff Software verstand, dann hätte ich wohl geantwortet, dass damit diese hohen, fiependen Geräusche gemeint sein müssen ...
Ah, ja. Sie meinen die Programme, die zu dieser Zeit noch auf Kassetten gespeichert waren. Dabei waren die Programme auf den Kassetten tatsächlich noch hörbar, in Form von hohen und schrillen Pfeiftönen.
Ich wusste halt nicht, was Software wirklich ist, deshalb dachte ich, dass damit diese Geräusche gemeint sind.
(lacht)
Zu dieser Zeit habe ich mich sehr für Mahjong interessiert und war ganz besessen von einem Spiel namens "Janputer"5.
Ah, ja. "Janputer" war mal richtig populär, nicht wahr?5. Janputer: Ein japanisches Arcade-Spiel, das auf dem traditionellen chinesischen Spiel Mahjong basiert und 1981 veröffentlicht wurde.
In diesem Spiel ordnete der Computer Mahjong-Steine in allen möglichen Kombinationen an, und zuerst habe ich nicht verstanden, wie das gemacht wurde. Zu diesem Zeitpunkt wurde mir dann klar, dass all diese Elemente auf Software basierten.
Sie würden also sagen, dass die Distanz zwischen Ihnen und den Computern in diesem Moment plötzlich kleiner geworden ist?
Ja, so kann man das sagen.
Obwohl Sie also ursprünglich noch als Außenstehender auf Computer zugegangen sind, haben Sie sich schließlich voll auf die Entwicklung von Videospielen konzentriert. Ich frage mich, was genau zu dieser Veränderung geführt hat.
Als Kind habe ich schon immer sehr gerne Spiele erfunden. Das war in der Ära vor den Computern. Ich meine damit also Brettspiele und solche Dinge ...
Was waren das denn so für Spiele?
Tja, ich habe z. B. ein Baseballstadion auf ein Blatt gezeichnet. Und dann habe ich ein Stückchen Radiergummi als Ball verwendet, indem ich es mit meinem Finger weggeschnipst habe. Je nachdem, wo es gelandet ist, habe ich das entweder als Strike, Zwei-Bases-Schlag, oder was auch immer gewertet. Solche Spiele habe ich damals entworfen.
Das war also ein selbstgemachtes Baseball-Brettspiel. So eins habe ich sogar selber auch mal gemacht, als ich noch ein Kind war. (lacht)
Ich erinnere mich, dass ich die durchschnittliche Trefferzahl und andere Statistiken notiert habe, und dann nach Hause gegangen bin, um sie auszuwerten. Am nächsten Tag habe ich dann die Ergebnisse bekanntgegeben.
Sogar als Kind waren Sie also schon so eine Art Statistik-Genie.
Naja, soweit würde ich nicht gehen. Ich erinnere mich, dass es mir richtig schwer gefallen ist, die ganzen Berechnungen von Hand zu machen; also habe ich einen Taschenrechner gekauft und fand es sehr erleichternd, damit zu arbeiten.
Wenn man ein selbstgemachtes Baseball-Brettspiel spielt, würde man normalerweise nicht mehr als z. B. einen einfachen Punktestand erwarten.
Wahrscheinlich nicht. Aber ich erinnere mich daran, dass es mir viel Spaß gemacht hat, die Reaktionen von allen zu sehen, als ich die zehn besten Punktdurchschnitte bekanntgegeben habe. Das war genau wie damals, als "Breakout" erschienen ist, und es mir großen Spaß gemacht hat, anderen Leuten beim Spielen zuzusehen, und selber nicht mal zu spielen.
Sie hatten also mehr Spaß daran, anderen Leuten beim Spielen zuzusehen, und die Reaktionen der anderen Zuschauer zu erleben, als das Spiel selbst in die Hand zu nehmen und zu steuern.
Ja, das stimmt, und obwohl ich nicht selbst gespielt habe, hat es mir trotzdem so viel Spaß gemacht, dass ich z. B. immer "Vorsicht! Da rüber!" und solche Sachen gerufen habe.
Ah, ich verstehe. Es hört sich also so an, als ob Ihre Vorliebe dafür, anderen Leuten beim Spielen zuzusehen, die auch den Ausgangspunkt für Ihren Ansatz bei der Entwicklung von Videospielen darstellt, damals schon deutlich ausgeprägt war.
Ja, da haben Sie wohl recht.
Nur so aus Interesse: Was war denn der erste Computer, den Sie selber besessen haben?
Das war der FM-76. Ich hatte eigentlich ein Auge auf den FM-87 geworfen, aber die waren ziemlich teuer ...6. Fujitsu Micro 7: Ein 8-bit-Heimcomputer, der 1982 in Japan von Fujitsu veröffentlicht wurde. Er war als günstigere Variante des FM-8 konzipiert worden.7. Fujitsu Micro 8: Der erste 8-bit-Heimcomputer, der von Fujitsu veröffentlicht wurde. Er kam 1981 in Japan auf den Markt.
Ja, der FM-8 war noch richtig kostspielig, nicht wahr?
Aber dann kam der FM-7 auf den Markt, und auf einmal konnte man sich für ungefähr den halben Preis eines FM-8 einen eigenen Computer zulegen.
Also dachten Sie: "Genau darauf habe ich gewartet!" und haben sich einen gekauft.
Richtig.
Ich gehe mal davon aus, dass Sie dabei ganz ohne Heimcomputer-Vorkenntnisse angefangen haben. Wie haben Sie denn dann gelernt Ihren neuen Computer zu benutzen?
Also, ich habe keinen richtigen Kurs gemacht oder so. Vom ersten Tag, an dem ich den FM-7 gekauft habe, habe ich mich einfach hingesetzt und die Programme abgetippt, die in den Computer-Magazinen abgedruckt waren.
Sie hatten damals ja gar keine andere Wahl als die kompletten Programme abzutippen.
Auf diesem Weg habe ich mir selber BASIC8 beigebracht. Die CPU des FM-7 wurde nicht von vielen anderen Computern verwendet, aber das war dann sogar ganz praktisch, als ich später mit dem Programmieren auf dem Famicom angefangen habe. 8. BASIC: Eine Standard-Programmiersprache.
Ah, ja. Der FM-7 hatte eine 6809-CPU9, die sehr ähnlich aufgebaut war wie die 6502-CPU10 des Famicom. Es gab also auf jeden Fall einige Gemeinsamkeiten zwischen den beiden.9. 6809: Ein 8-bit-Mikroprozessor-Chip, der 1979 von Motorola Inc. (jetzt Motorola Mobility LLC) auf den Markt gebracht wurde.10. 6502: Ein 8-bit-Chip, der 1975 von MOS Technology, Inc. angekündigt worden ist. Der Chip wurde auf einmal sehr bekannt, als er im Apple II verwendet worden ist, aber in Japan war er als CPU für PCs nicht weit verbreitet. Die CPU des Famicoms ist eine modifizierte Version des 6502.
Ja, die gab es sicher.
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