2. Anfang mit klassischen Strecken

Iwata:

Mr. Morimoto, hat sich Ihr Eindruck geändert, als Sie die Retro-Mitarbeiter persönlich kennengelernt haben?

Morimoto:

Ja, schon. Als ich sie selber getroffen habe, dachte ich: "Wow, die sind ja total zuversichtlich und entspannt!" So war meine Reaktion, und deshalb war ich sehr erleichtert. (lacht)

Iwata:

Ich glaube, die waren ja auch schon alle sehr vertraut mit "Mario Kart", richtig? Weil sie schon so lange Fans von Nintendo-Spielen waren und sie selber gespielt hatten.

Konno:

Ja. Sie kannten sich sehr gut aus mit "Mario Kart"! (lacht)

Morimoto:

Außerdem hatten sie ja "Donkey Kong Country Returns" entwickelt und an der "Metroid Prime"-Reihe9 gearbeitet, und ich war schon immer beeindruckt davon, wie gut die Grafik in diesen Spielen war, also bin ich schon mit viel Respekt zum Meeting gegangen. 9Metroid Prime-Reihe: Es gibt drei Spiele in dieser Reihe: "Metroid Prime" (Nintendo GameCube, 2003), "Metroid Prime 2: Echoes" (Nintendo GameCube, 2004) und "Metroid Prime 3: Corruption" (Wii, 2007). "Metroid Prime" und "Metroid Prime 2: Echoes" wurden 2009 als Teil der "Metroid Prime Trilogy" auch für die Wii-Konsole veröffentlicht.

Iwata Asks
Iwata:

Wie war es bei Ihnen, Mr. Ishikawa?

Ishikawa:

Als ich am Anfang die Gelegenheit hatte, Retro zu erklären, wie wir die Charakter- und Kart-Designs entwerfen, stellten sie direkt vor Ort spezifische Fragen, wiez. B.: "Sollen wir dieses Teil so und so machen?" Man merkte ihnen ihre Begeisterung also wirklich an. Ab diesem Zeitpunkt war ich sicher, dass wir erfolgreich zusammenarbeiten würden.

Iwata:

Zuerst ließen wir Retro hierher zu Nintendo kommen, und dann haben wir Retro selber einen Besuch abgestattet.

Konno:

Richtig. Und wir haben mit der Entwicklung direkt nach der Fertigstellung von "Donkey Kong Country Returns" begonnen, also im Dezember, als es bereits auf Weihnachten zuging.

Iwata:

Genau zu dem Zeitpunkt, wo man sich entspannen sollte. (lacht)

Ryan:

(lacht) Ja, das war auf jeden Fall eine gute Zeit für unseren Besuch.

Iwata:

Ryan, war das Ihre erste Reise nach Japan?

Ryan:

Ja, und es hat mir viel Spaß gemacht. Es war eine tolle Erfahrung.

Iwata:

Was hatten Sie für einen Eindruck von Japan, als Sie das erste Mal dorthin gekommen sind?

Ryan:

Ich habe mich gefreut, war aber auch sehr aufgeregt. Es war schon lange einer meiner Träume, einmal nach Japan zu reisen; ich wollte dort schon immer mal hin. Außerdem bin ich ja auch schon immer ein sehr großer Nintendo-Fan, das war also eine fantastische Reise für mich. Es war auch toll, viele der verschiedenen Nintendo-Mitarbeiter zu treffen, die dort seit Jahren an den Spielen mitarbeiten. Einfach ein umwerfendes Erlebnis.

Iwata:

Die Entwicklung von "Mario Kart" stellt einen ja vor spezielle Herausforderungen. Dabei muss man verschiedene Dinge im Gleichgewicht halten: Man muss Strecken designen, die ein interessantes Rennspiel ergeben, man muss die Grafik so gestalten, dass sie für moderne Spieler ansprechend ist, und man muss das Gefühl von Vielfalt und Freiheit mit 60 Bildern pro Sekunde vermitteln.101060 Bilder pro Sekunde: Animationen, die mit 60 Bild-Frames pro Sekunde ablaufen. Je höher die Framerate, desto flüssiger ist die Animation.

Konno:

Das stimmt genau.

Iwata:

Aber da gerät man ja in einen Konflikt, nicht wahr? Anspruchsvolle Grafik umzusetzen und sie gleichzeitig in 60 Frames pro Sekunde darzustellen? Wie haben Sie diesen Konflikt gelöst und das Ergebnis umgesetzt? Mr. Morimoto? Tom? Können Sie uns etwas dazu sagen?

Morimoto:

Also, was die Bewältigung dieser Herausforderung zusammen mit Retro betrifft: Bei der Entwicklung des Spiels hat Nintendo die Hälfte der Strecken entworfen und Retro die andere Hälfte. Bevor sie neue Strecken erstellen sollten, haben wir sie damit beauftragt, 16 Strecken aus den Vorgängerspielen nachzubauen, die wir die

Video: klassischen Strecken

Mr. Morimoto, hat sich Ihr Eindruck geändert, als Sie die Retro-Mitarbeiter persönlich kennengelernt haben?
klassischen Strecken 11 nennen. Wir haben auch viele neue Elemente umgesetzt, z. B. Rennen in der Luft und unter Wasser , deshalb haben wir sie darum gebeten, dabei auch viele der speziellen Elemente einzubauen, die es so nur in "Mario Kart 7" gibt, und nicht nur einfach die alten Strecken zu übernehmen. So war es doch, oder? 11Klassische Strecken: Neuauflagen einiger Strecken aus Vorgängerspielen der "Mario Kart"-Reihe im Stil des neuen Spiels.

Tom:

Ja, das ist richtig. Ich empfand es als tollen Einstieg für uns, weil wir so ja schon ungefähr wussten, wie die Strecke aussehen sollte. Deshalb war es ein perfektes Gleichgewicht zwischen schon vertrauten Inhalten, an denen wir uns orientieren konnten, und dem Erlernen des Umgangs mit den neuen Tools und Methoden der EAD. Dabei gab es schon einige Unterschiede zu dem, was wir bei Retro gewohnt waren, weil wir natürlich noch nie Nintendo 3DS-Software entwickelt hatten. Es war also eine perfekt passende Herausforderung, diese vertrauten Strecken nachzubauen und uns dabei mit dem neuen Entwicklungsprozess vertraut zu machen. Diese Erfahrung konnten wir dann wieder einsetzen, als es an den Designprozess ging, denn so wussten wir, welche Designelemente dafür sorgen, dass eine Strecke gut ist und Spaß macht. Das haben wir eben auch anhand der klassischen Strecken gelernt, es hat uns also sehr gut auf die Entwicklung der neuen Strecken vorbereitet, finde ich.

Iwata Asks
Iwata:

Sie meinen also, dass Sie sich einfacher mit der - für Sie völlig neuen - Entwicklung eines "Mario Kart"-Spiels vertraut machen konnten, weil Sie mit den klassischen Strecken angefangen haben. Und weil Sie dabei auch mehr über Streckendesign und die besonderen Eigenschaften des Nintendo 3DS-Systems erfahren haben, war das eine besonders ergiebige Arbeitsphase für Sie.

Morimoto:

Ja, bestimmt. Tom hat sehr schnell gelernt. Es hat nicht mal zwei Monate gedauert, bis er mich schon darauf hingewiesen hat, wenn ich bei der Platzierung der Boxen und beim Streckendesign nicht sorgfältig genug vorgegangen bin. Er sagte dann z. B. Dinge wie: "Ist das trotzdem okay, wenn Sie das da so machen?"

Tom:

Vielen Dank! (lacht) Tja, es ist aber auch sehr interessant. Als Fan solcher Spiele weiß man ja, was einem daran Spaß macht. Für die neuen Designer ist die Herausforderung dann: "Warum hat das bei denen Spaß gemacht? Was sind die nicht so offensichtlichen Elemente, die dazu geführt haben, dass ich Spaß hatte?" Es war wirklich sehr interessant, mit dem EAD-Team zu sprechen, das schon so viel Erfahrung mit der "Mario Kart"-Reihe hat.

Iwata:

Wenn ich Sie so sprechen höre, habe ich den Eindruck, dass das unvertraute Gefühl zwischen Ihnen bei der Entwicklung schon sehr früh verschwunden ist, obwohl das ja Ihr erstes gemeinsames Projekt war.

Morimoto:

Das stimmt. So war es auch bei der Grafik. Als wir die klassische Strecke zu

Video: "Luigi’s Mansion"

Mr. Morimoto, hat sich Ihr Eindruck geändert, als Sie die Retro-Mitarbeiter persönlich kennengelernt haben?
"Luigi’s Mansion" 12 (Video) in Auftrag gegeben haben, hat Ryan in sehr kurzer Zeit dazu umwerfend gute Entwürfe gemacht. Er sagte: "Vielleicht bin ich da etwas übers Ziel hinausgeschossen. Oder ist das in Ordnung so?" Und ich sagte: "Ja, unbedingt! Bitte, machen Sie weiter so!" (lacht) 12Luigi’s Mansion: Ein Action-Abenteuerspiel, das im September 2001 in Japan für das Nintendo GameCube-System veröffentlicht wurde.

Iwata:

Ryan, Sie mussten dabei ja auf der ursprünglichen Arbeit der EAD aufbauen, so dass moderne Spieler es aber auch heute noch ansprechend finden würden. Wie war das für Sie?

Ryan:

Ja, das war am Anfang auf jeden Fall nicht einfach. Ich habe mit der "Mario Kart DS"13-Strecke angefangen, die Grafik verbessert und entsprechend der Fähigkeiten des Nintendo 3DS-Systems mehr Details eingefügt. Wir wollten uns wirklich konzentrieren und mit der EAD zusammenarbeiten, damit die Atmosphäre des ursprünglichen Levels auch mit der neuen Grafik erhalten bleiben würde, die wir für die Nintendo 3DS-Version von "Mario Kart" umgesetzt haben. Ich habe mich wirklich unheimlich darüber gefreut, dass Mr. Morimoto und die anderen Mitglieder der EAD mit der "Luigi's Mansion"-Strecke zufrieden waren. Das war nämlich die erste Strecke, an der ich bei diesem Spiel gearbeitet hatte, und da ich Fan von "Luigi's Mansion" - dem GameCube-Spiel - und von "Mario Kart" bin, wollte ich unbedingt in diesem "Mario Kart"-Spiel auch die Atmosphäre vermitteln, die man als Spieler gespürt hat, wenn man die Villa im Nintendo GameCube-Spiel betreten hat. Ich habe das Nintendo GameCube-Spiel und "Mario Kart" immer wieder angeschaut und verglichen, um das Innere der Villa so ähnlich wie möglich zu gestalten. 13Mario Kart DS: Ein Action-Rennspiel, das im Dezember 2005 in Japan für das Nintendo DS-System veröffentlicht wurde.

Iwata:

Sie haben "Luigi's Mansion" und "Mario Kart DS" also immer wieder angeschaut und sich vorgestellt, wie die Spieler Luigi's Villa gerne sehen wollen würden. Und dann haben Sie versucht, dieser Vorstellung so nahe wie möglich zu kommen.

Ryan:

Ich musste schon abwägen, was die "Mario Kart DS"-Strecke und das "Luigi's Mansion"-Spiel für Nintendo GameCube ausmacht, und dann dafür sorgen, dass man die Strecke am Ende als Spieler noch als die "Mario Kart DS"-Strecke wiedererkennt. Die Grafiker haben alle darauf geachtet, dass sie immer der Atmosphäre der "Mario Kart DS"-Version treu bleiben.

Iwata Asks
Iwata:

Immerhin ist die "Luigi's Mansion"-Strecke in "Mario Kart DS" ein Klassiker, davon konnte man sich also nicht zu weit entfernen. Allerdings mussten Sie ja trotzdem auch dafür sorgen, dass alles so gut aussieht, wie man es heute als Spieler erwartet.

Ryan:

Wir sind so vorgegangen, dass jeweils ein Designer zusammen mit mir an einer Strecke arbeitet und wir alles gemeinsam besprechen, um uns nicht zu weit von den Original-Strecken zu entfernen. Außerdem war es sehr wichtig, dass wir während der Entwicklungsphase der Strecken ständig mit der EAD in Verbindung waren und sie wöchentlich auf dem neuesten Stand gehalten haben. Mr. Morimotos Feedback und das Feedback der anderen EAD-Mitarbeiter waren sehr wertvoll für uns.

Morimoto:

Vielen Dank! Ich freue mich sehr, das von Ihnen zu hören. (lacht)