2. Nutzung eines Taschenrechner-Chips

Iwata:

Sie stießen also zum Game & Watch-System, nachdem Sie an einer Reihe unterschiedlicher Funktionen gearbeitet hatten. Der erste Titel, der erschien, war „Game & Watch: Ball“ 6. 6 Game & Watch: Ball: Der erste Titel der Game & Watch-Serie. Der zentrale Charakter musste Bälle hochwerfen und beim Fallen fangen. Das Spiel kam im April 1980 in Japan heraus.

Kano:

Genau.

Iwata:

Das gehört jetzt eigentlich nicht hier her, aber zufälligerweise wurde 1980 auch HAL Laboratory7 gegründet. 7 HAL Laboratory, Inc.: Ein Software-Entwickler, der unter anderem an der „Kirby“- und der „Super Smash Bros.“-Serie gearbeitet hat. Nach der Gründung des Unternehmens hatte Mr. Iwata dort einen Teilzeitjob. Später wurde er Präsident des Unternehmens.

Yamamoto:

Das gibt es dann ja jetzt auch schon 30 Jahre!

Iwata:

Ja. Jetzt, im Jahr 2010, denke ich oft daran, dass das mittlerweile schon 30 Jahre her ist.

Yamamoto:

Wir waren damals in den Zwanzigern.

Iwata:

Ich war noch an der Uni! (lacht)

Izushi:

Tatsächlich? (lacht)

Iwata:

Ja. Mein Studentendasein begann 1978, in dem Jahr, in dem Mr. Yamamoto zu Nintendo kam. „Space Invaders“8 war damals ein Riesenhit. 8 Space Invaders: Ein 1978 von der Taito Corporation herausgebrachtes Arcade-Spiel.

Yamamoto:

Stimmt!

Iwata:

Ich kam 1975 auf die Oberschule, in dem Jahr, als Mr. Izushi ins Unternehmen kam. Bei Mr. Kanos Beitritt 1972 war ich in der Mittelstufe. Ich kann mich noch gut erinnern, denn das war das Jahr der Olympiade in Sapporo, und wir lebten damals in Sapporo!

Kano:

Wow! (lacht)

Iwata:

Ein unergründliches Schicksal brachte Sie, meine Vorgänger, alle mit Game & Watch zusammen. Wie ich höre, hatte Mr. Yokoi-san9 die Idee für Game & Watch übrigens, als er sah, wie jemand im Shinkansen-Schnellzug mit einem Taschenrechner spielte. Was hat er Ihnen erzählt, als die Entwicklung von Game & Watch begann? 9 Gunpei Yokoi (1941-1997): Während seiner Zeit bei Nintendo war er Leiter der Abteilung Forschung und Entwicklung, später der Abteilung Forschung und Entwicklung I. Als Entwickler arbeitete er an der Erstellung der elektronischen Game & Watch-Handheld-Spiele, des Game Boy-Handheld-Systems, des R.O.B. (Robotic Operating Buddy) und des Spiels „Dr. Mario“ mit.

Kano:

Darüber weiß ich leider so gut wie nichts. Ich wechselte erst aus dem Kreativbereich in die Abteilung Forschung und Entwicklung I und arbeitete bei Game & Watch mit, als der erste Titel, „Game & Watch: Ball“, bereits in vollem Gange war. Zu diesem Zeitpunkt waren Mr. Yokoi und Mr. Okada10 bereits dabei, den Prototyp zu erstellen. 10 Satoru Okada: Arbeitete an den Game Boy- und Nintendo DS-Serien mit. Früher Generaldirektor der Abteilung Forschung und Technik.

Iwata Asks
Iwata:

Sie kamen also sozusagen auf halber Strecke dazu; daher wissen Sie nicht, was am Anfang geschah.

Kano:

Genau. Aber ich kann mir kaum vorstellen, dass Mr. Yokoi durch einen Taschenrechner inspiriert wurde.

Izushi:

Der Chip, der bei Game & Watch verwendet wurde, war derselbe wie in Taschenrechnern. Eine einzelne Ziffer auf der Anzeige eines Taschenrechners besteht aus sieben Segmenten, und so ...

Iwata:

Jede Nummer von 0 bis 9 besteht aus sieben Teilen, sogenannten Segmenten. Anders ausgedrückt ist dies

Video: eine Methode, Nummern unter Verwendung von sieben Komponententeilen anzuzeigen.

Sie stießen also zum Game & Watch-System, nachdem Sie an einer Reihe unterschiedlicher Funktionen gearbeitet hatten. Der erste Titel, der erschien, war „Game & Watch: Ball“ 6 . 6 Game & Watch: Ball: Der erste Titel der Game & Watch-Serie.
eine Methode, Nummern unter Verwendung von sieben Komponententeilen anzuzeigen.

Izushi:

Genau. Wenn ein Chip also acht Stellen berechnen kann, dann sind das 7 Segmente mal 8 Ziffern, also insgesamt 56 Segmente. Und dann gibt es da noch das Dezimalzeichen und Symbole wie die Plus- und Minuszeichen. Wir haben das Spiel „Game & Watch: Ball“ mit einem Chip ausgestattet, der 72 Segmente anzeigen konnte.

Iwata:

Sie konnten jedes dieser 72 Segmente ein- oder ausschalten und anstelle von Ziffern zur Darstellung von Objekten verwenden.

Izushi:

Genau.

Kano:

Und in der oberen rechten Ecke des Bildschirms von „Game & Watch: Ball“ befand sich ein vierstelliger Zähler für Punkte und Zeit. Dafür haben wir insgesamt 28 Segmente verwendet – sprich 7 Segmente für jede der 4 Ziffern.

Iwata:

Sie konnten insgesamt 72 Elemente verwenden, es blieben also 44 übrig.

Kano:

Stimmt. Die verbleibenden Elemente haben wir genutzt, um den Charakter und die Bälle anzuzeigen.

Iwata:

Verstehe. Ich habe gehört, dass Sie sich erst ganz am Ende der Entwicklung entschlossen, die Zeit mit dem vierstelligen Zähler anzuzeigen.

Iwata Asks
Kano:

Ich kam ja erst mitten im Projekt dazu, daher weiß ich nicht, wie die Uhrfunktion entstand, aber um Zeit digital anzuzeigen, braucht man einen Doppelpunkt zwischen den Stunden und den Minuten. Da dieser nicht vorhanden ist, würde ich annehmen, dass die Uhr ein nachträglicher Einfall war.

Izushi:

Mit einem Quarzoszillator11 war das Hinzufügen einer Uhrfunktion ganz einfach. 11 Quarzoszillator: Ein elektronisches Schaltkreiselement, das auf hoher Frequenz präzise schwingt. Es wird in Uhren und Computern für ein akkurates Referenzsignal verwendet.

Kano:

Der Doppelpunkt hätte ein Segment erfordert; vielleicht sollte damals nur gespart werden.

Iwata:

Das gesparte Segment konnte für das Spiel genutzt werden.

Kano:

Genau, wir wollten es schließlich nicht verschwenden! (lacht) Ab dem zweiten Titel, „Game & Watch: Flagman “ 12, war die Tausenderstelle der Anzeige einfach eine 1, und ab dem sechsten Titel, „Game & Watch: Manhole “ 13, konnten „AM“ und „PM“ angezeigt werden. 12 Game & Watch: Flagman: Der zweite Titel der Game & Watch-Serie. Ein Flaggenmännchen zeigte willkürliche Ziffern auf Flaggen und seinen Füßen, und die Spieler mussten die entsprechenden Zahlen in derselben Reihenfolge drücken. Erschien im Juni 1980 in Japan.13 Game & Watch: Manhole: Der erste Titel der Game & Watch Gold-Serie (die über eine Weckerfunktion verfügte). Die Spieler mussten die Position eines Kanaldeckels so verschieben, dass Passanten nicht in die Gullys fielen. Erschien im Januar 1981 in Japan.

Iwata:

Es konnte nur eine „1“ anzeigen?

Kano:

Na ja, wenn man „AM“ und „PM“ anzeigt – etwa „PM 10:00“ –, dann kann man die Anzahl der für vier Stellen verwendeten Segmente auf unter 28 verringern.

Iwata:

Hmm.

Kano:

Wenn man an der Tausenderstelle lediglich „1“ anzeigt ...

Iwata:

Verstehe. „AM“, „PM“ und „1“ sind drei Segmente. Zahlen verwenden normalerweise sieben, man spart also vier Segmente. (lacht)

Kano:

Genau. Diese vier Segmente wollten wir für das Gameplay verwenden. Der Zähler ging also maximal bis 1999.

Iwata:

(lacht)

Izushi:

Wir haben gespart, wo wir nur konnten, und haben alle verfügbaren Segmente genutzt.

Kano:

Kein einziges Segment wurde verschwendet.

Izushi:

Wir haben alles Mögliche ausgeklügelt, um mit derartigen Einschränkungen umzugehen. Das hat viel Spaß gemacht. Wir mussten uns überlegen, wie wir aus den wenigen verfügbaren Teilen ein Spiel erstellen konnten.

Kano:

Ja, das war wirklich toll.

Izushi:

Wenn Einschränkungen bestehen, sprudeln die Ideen plötzlich hervor.

Iwata Asks
Kano:

Stimmt, und das taten sie auch.

Iwata:

Es ist gar nicht immer von Vorteil, wenn man beim Erstellen von etwas Neuem absolute Freiheit hat. Beschränkungen bringen einen erst dazu, über bestimmte Dinge nachzudenken. Im Verlauf von sechs Jahren verkaufte die Game & Watch-Serie 59 Titel in Japan und im Ausland. Wie sind Sie überhaupt auf derartig viele Ideen gekommen?

Izushi:

Jeder, von den Hardware-Entwicklern bis hin zu den Planern und Designern, trug Ideen bei. Die meisten der Spiele beruhen auf ganz alltäglichen Themen; auf so etwas konnte jeder kommen.

Yamamoto:

Jeder stellte seine Ideen vor, und wir schrieben sie alle auf eine Weißwandtafel.

Izushi:

Eine Weißwandtafel?

Yamamoto:

War es eine normale schwarze Tafel? (lacht)

Iwata:

Damals gab es noch gar keine Weißwandtafeln. (lacht)

Alle:

(lachen)

Yamamoto:

Und hier (zieht ein altes Notizbuch heraus) sind einige Anmerkungen aus einer dieser Besprechungen.

Iwata Asks
Iwata Asks
Iwata:

Wow! Ein unschätzbares Dokument! Das ist „Game & Watch: Chef “ 14! 14 Game & Watch: Chef: Das vierte Game & Watch-Spiel der Wide Screen-Serie. Ein Koch muss Speisen ständig in der Luft halten, indem er sie mit seiner Bratpfanne hochwirft. Erschien im September 1981 in Japan.

Izushi:

Ich kann kaum glauben, dass Sie diese Notizen noch haben!

Yamamoto:

Ich hebe einfach alles auf. (lacht)

Iwata:

Sind das hier Ihre Anmerkungen, Mr. Yamamoto?

Yamamoto:

Ja. Ich habe die Ideen niedergeschrieben, die bei dieser Besprechung diskutiert wurden. Alle tauschten Ideen aus. Aber Mr. Yokoi traf die endgültige Entscheidung. (lacht)

Kano:

Da alle grübelten und brüteten, entwickelten sich die Ideen weiter und die Spiele wurden immer komplizierter. Mr. Yokoi kappte dann die überflüssigen Teile, konzentrierte sich auf den unterhaltsamen Kern und machte das Produkt attraktiver.

Izushi:

Genau so war es – und manchmal hat einen das ganz schön frustriert! (lacht)