Wir sind heute hier, um über „Project Zero 2: Wii Edition“ zu sprechen, aber bevor wir damit weitermachen, brennt mir noch eine Frage unter den Nägeln!
Ja?
Ich wollte schon immer mal wissen, wie Sie den Entwicklungsprozess eigentlich angehen und wie die Tage der Schöpfer einer langjährigen Horrorspielserie normalerweise ablaufen.
(lachen)
Schauen Sie den ganzen Tag Horrorfilme, um sich Inspiration zu holen? Analysieren Sie ständig, warum bestimmte Dinge furchterregend sind und wie sie in einem Videospiel funktionieren könnten? Ich weiß nicht warum, aber es interessiert mich brennend, wie das abläuft.
Na ja, ich würde sagen, jeder von uns hat da so seine eigene Methode. Mr. Shibata und ich sind da völlig anders gestrickt. Ich mag z. B. eigentlich keine gruseligen Dinge.
Wie, Sie mögen keine gruseligen Dinge? Sie machen doch seit einem Jahrzehnt Horrorspiele!
Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich habe schon manchmal plötzlich Lust, mir etwas Schauriges anzusehen, und ich besuche schon auch mal das Spukhaus auf dem Jahrmarkt oder sehe mir einen Horrorfilm an. Dann denke ich mir: „Ahhh! Ist das gruselig!“, und genieße das dann auch. Aber ich erschrecke mich trotzdem immer halb zu Tode.
Sie unternehmen also keine übermäßige Anstrengung, sich gruseln zu lassen.
Das ist wohl wahr. Zumindest war es vor zehn Jahren wahr, als ich mit der Arbeit an der „Project Zero“-Serie begann. Von da an bemerkte ich, dass sich die Dinge änderten.
Inwiefern?
Wenn ich auf etwas Gruseliges stieß, fragte ich mich, warum es eigentlich gruselig war. Ich begann hinterher, die Dinge in aller Ruhe zu analysieren. Dann betrachtete ich die Szene wieder und wieder und dachte etwa: „Es ist total effektiv, wie diese Szene geschnitten ist.“ Und ich glaube, unterbewusst habe ich bei allem und jedem darüber nachgedacht, wie es in einem Spiel verwendet werden könnte.
Die Person, die schaurigen Dingen eher aus dem Weg gegangen war, wurde also plötzlich zu jemandem, der analysierte, warum Dinge schaurig waren.
Ja, aber diese instinktive Ablehnung gegen das Unbekannte und Unerklärliche ist geblieben. Ich bin nach wie vor recht schreckhaft. Ich erinnere mich noch, dass ich im Zuge der Forschung zu diesem Spiel einmal ein Spukhaus erleben wollte. Ich lud Mr. Osawa und Mr. Izuno ein, mich zu begleiten ...
Ah, und das sind doch echte Kerle, die sich von gar nichts ins Bockshorn jagen lassen! (lacht)
Allerdings! Der Besuch in dem Spukhaus eines Freizeitparks bedeutete mit diesen beiden ein stundenlanges Herumsuchen – alles wurde ganz genau unter die Lupe genommen. Wir müssen die nervigsten Besucher gewesen sein, die sich dort je haben blicken lassen!
Sie waren bestimmt der personifizierte Albtraum des Personals! (lacht)
Ich war derjenige von uns dreien, der sich wirklich von den Dingen in dem Spukhaus schocken ließ. Ich versuchte zwar, die Dinge aus analytischer Sicht zu betrachten, aber beim ersten Mal machen solche Dinge doch immer noch einen gewissen Eindruck auf mich. Ich hatte also durchaus Angst.
Es gibt eine erstaunliche Menge von Leuten, die behaupten, keinen Horror zu mögen. Aber sie lassen sich trotzdem gerne gruseln. Man mag sich die Lunge aus dem Leib schreien, aber irgendwie macht es trotzdem Spaß. Es ist schon komisch, wie Leute das eine sagen und dann genau das Gegenteil tun.
Ich schätze, das trifft auch auf mich zu! (lacht) Ich fungierte bei der Entwicklung quasi als Versuchskaninchen. Ich setzte mir dann spät nachts die Kopfhörer auf und spielte das Spiel. Wenn etwas Schreckliches passierte, zuckte ich auf meinem Stuhl zusammen – das heißt dann also, dass die Sache funktioniert.
Verstehe. Aber das ist doch normal – wenn man sich erschrickt, zuckt man zusammen. Das ist eine instinktive Reaktion, nicht wahr?
Ja, in dieser Hinsicht sind wir uns alle gleich, ganz egal woher wir kommen. Ich habe einmal jemanden aus Amerika beim Spielen beobachtet. Es war die reinste Karikatur. Komplett mit Vom-Stuhl-Springen!
Das gibt es nur, wenn jemand wirklich überrascht wurde.
Hinterher haben wir darüber gelacht, und es gab Kommentare wie: „Dieses Mal habt ihr mich wirklich erwischt!“ (lacht) Mir ist aufgegangen, dass es ganz egal ist, wo man herkommt und welche Sprache man spricht – die Reaktion auf Gruseliges und die Erleichterung danach ist immer und überall dieselbe.
Es ist doch interessant, dass wir nach einem Schrecken oder einer Überraschung erst einmal lachen. Ein seltsames Gefühl.
Ja, in der Tat. Ich glaube, auf emotionaler Ebene liegen Angst und Lachen sehr nahe beieinander. Beides sind Reflexe, die meiner Meinung nach emotional bestimmte Aspekte gemein haben.
Und Mr. Shibata, würden Sie sagen, dass Sie jemand sind, der sich schon mal anstrengt, um sich gruseln zu lassen?
Ja, ich glaube schon. Ich sehe sehr oft Horrorfilme und bin sehr eigen, was die Qualität angeht.
Und was halten Sie angesichts Ihrer Ansichten zu Horror für das wichtigste Element?
Darüber hat Mr. Kikuchi sich beim Gespräch über „Spirit Camera: Das verfluchte Tagebuch“ geäußert; er sprach davon, wie man die Fantasie des Spielers anregt. Ganz egal welche Entwicklungen im Bereich Regie oder Grafik stattfinden – das Schaurigste ist das, was sich im eigenen Kopf abspielt. Deshalb kommt es schon mal vor, dass ein auf einem Buch beruhender Film lange nicht so gruselig ist wie die Originalgeschichte.
Wenn man etwas deutlich sehen kann, verringert das oft schon den Effekt.
Manchmal ist man sogar regelrecht erleichtert: „Ah – da ist es ja endlich!“ (lacht)
Stimmt! (lacht)
Das Schrecklichste ist ja, wenn man nicht so genau weiß, was da draußen lauert. Wenn man das Wesen einer Sache kennt, verspürt man eine andere Art von Angst.
Stimmt – der Film „Alien“6 ist ja auch viel gruseliger, bevor der Alien tatsächlich auftaucht. 6 Alien: Ein US-amerikanischer Science-Fiction-Film, der 1979 erschien. Er erzählt von der Begegnung von Menschen auf einer Reise durch das All mit einer außerirdischen Lebensform.
Ja, genau. Ich glaube, dass die Angst, die die Fantasie anregt, wesentlich tiefer greift und einem noch lange in den Knochen steckt. Genau diese Art von Angst wollten wir in einem Videospiel erzeugen – und das führte dann zur Entwicklung der „Project Zero“-Serie. Ach, und noch etwas … ich habe tatsächlich schon Geister gesehen.
... Was!? Sie haben wirklich schon einmal Geister gesehen?
Oh ja. Und diese Erfahrung wollte ich in einem Spiel nachempfinden. Ich meine Dinge wie das Gefühl, bevor der Geist erscheint, und die seltsamen Geräusche, die man hört, wenn man ihn dann sieht. Ich wollte, dass Leute, die tatsächlich schon einmal einen Geist gesehen haben, beim Spielen denken: „Ja, genau! Genau so war es!“
Derartige Erfahrungen haben also dazu geführt, dass Sie sich eingehend mit der Welt des Horrors befasst haben.
Als Kind habe ich recht häufig Geister gesehen. Daher konnte ich mich nie überwinden, Horrorfilme anzusehen – die waren mir einfach zu unheimlich. Nachdem ich dann keine Geister mehr sah, begann ich, Horrorfilme anzugucken. Dabei bekam ich ein seltsam nostalgisches Gefühl.
Wirklich? Sie hatten keine Angst, sondern verspürten Nostalgie?
Ich dachte: „Ah, das erinnert mich daran, wie ich mich damals gefühlt habe!“ (lacht) Ich fand diese Erlebnisse als Kind natürlich schon sehr furchterregend, aber inzwischen kann ich auch Horrorfilme als Kunstwerke genießen. Und bei der Entwicklung von Horrorspielen hatte ich immer den Wunsch, meine Erfahrungen einfließen zu lassen.
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