Sie scheinen ja von Anfang an eine sehr klare Vorstellung davon gehabt zu haben, dass „Project Zero 2: Wii Edition“ als neues Spiel wiederkehren sollte. Aber sicher gab es da im Verlauf der Entwicklung jede Menge Hindernisse. Wie haben Sie diese Hindernisse überwunden?
Wie Sie sich vorstellen können, hatte die erste große Hürde mit dem Aspekt zu tun, den Mr. Shibata gerade erwähnt hat: dem Ändern der Kameraperspektive. In diesem Spiel beruht ein großer Teil der Angst auf dem Aufbau der Karte, also der Umgebung. Wenn man dann die Perspektive ändert, besteht das Risiko, dass der Spieler gar nicht auf Dinge achtet, die er unbedingt sehen sollte – und dann funktioniert das Spiel unter Umständen nicht mehr wie geplant.
Durch den Wechsel der Kameraperspektive mussten Sie das Spieldesign also von Grund auf erneuern.
Wir mussten wahnsinnig viele Änderungen an der Karte vornehmen. Aber da jeder von uns im Entwicklungsteam die Karte in- und auswendig kannte, war es unglaublich schwierig zu entscheiden, welche Punkte genau geändert werden mussten.
Das ist nur logisch. Die Entwickler haben das Spiel unzählige Male gespielt; die Karte muss ihnen regelrecht ins Gedächtnis eingebrannt sein. Ist ja klar, dass dann jeder seine eigenen Vorstellungen davon hat, wie das Layout aufgebaut sein sollte.
Deshalb haben wir gemeinsam mit Mr. Osawa und Mr. Izuno einen „Minakami-Wanderclub“ gegründet. Wir marschierten also im gesamten Dorf herum und gingen jeden Zentimeter der Karte ab. Dabei überprüften wir, ob die richtigen Informationen zum richtigen Zeitpunkt erschienen und ob der Spieler auf wirkungsvolle Weise in die Handlung einbezogen wurde. So haben wir langsam und mühsam geprüft, dass sich alle Details am richtigen Platz befanden.
Welches Feedback haben Sie von diesem „Wanderclub“ erhalten“?
Wir konnten nicht nur feststellen, wo wir die Karte anpassen mussten, sondern haben auch genau überprüft, welche Art von Hilfestellung der Spieler zu Beginn des Spiels erhalten würde. Mr. Osawa und Mr. Izuno haben uns sehr detailliertes Feedback zum Tutorial gegeben, mit dem der Spieler zunächst in die Geschichte eingeführt wird.
Diesen Teil des Spiels bezeichnen wir bei Nintendo oft als die „erste halbe Stunde“. Wenn man den Spieler nicht gleich zu Beginn wirklich packt, wird man nicht die gewünschten Reaktionen erhalten, ganz egal wie viele tolle Dinge danach im Spiel geschehen. Deshalb haben die beiden dieser Spieleinführung so viel Aufmerksamkeit gewidmet. (wendet sich zu Toru Osawa, der das Gespräch verfolgt) Nicht wahr, Mr. Osawa?
Ganz genau. Der Spieler muss mit der Steuerung und der Anleitung klarkommen, bevor man versucht, ihn zu erschrecken. Sonst entwickelt sich das Ganze zu einer aufreibenden Erfahrung und der Spieler kann sich nicht auf die Welt des Spiels konzentrieren. Tecmo Koei hat wirklich herausragende Horrorelemente für das Spiel geschaffen. Wir empfanden es als unsere Pflicht, es dem Spieler zu ermöglichen, diese auch wirklich genießen zu können. Deshalb wollten wir ihn so stressfrei wie möglich in das Spiel einführen und haben sehr stark auf den Schwierigkeitsgrad und das Anleitungssystem des Tutorials geachtet.
Ach ja – unsere alte Nintendo-Besessenheit bezüglich der Art und Weise, wie der Spieler ins Spiel eingeführt wird. (lacht)
(lachen)
Aber wenn jeder sich auf andere Aspekte versteift – bis hin zu dem Punkt, wo andere das gar nicht mehr nachvollziehen können –, führt dies manchmal zu unerwarteten Neuerungen und interessanten Entwicklungen. Wenn Sie jetzt auf Ihr Werk zurückblicken, das durch diesen Vorgang umfassender Überarbeitung entstanden ist, was empfinden Sie dann?
Ich finde, dass es eigentlich ein neues Spiel ist! (lacht) Dadurch, dass Nintendo einen objektiven Blick auf das Projekt mitbrachte, haben wir viele verschiedene Elemente des Spiels überarbeitet. Wir haben erhebliche Änderungen am Kampfsystem vorgenommen, neue Episoden eingefügt und auch mehrere neue Enden aufgenommen. Außerdem haben wir die Grafik aktualisiert und jede Menge Funktionen hinzugefügt, die das Ganze zu einem topaktuellen Horrorspiel machen. Um es mit Mr. Shibatas Worten zu sagen: „Es hat einfach alles.“
Was genau meinen Sie denn, wenn Sie sagen, dass es „alles hat“?
Na ja, meiner Meinung nach haben wir alles hineingepackt, was uns beim Erstellen des Originaltitels vorschwebte; im Hinblick auf das Grusel-, Unterhaltungs- und Herausforderungspotenzial haben wir aber auch zusätzliche Dimensionen hinzugefügt. Was ich also meine ist, dass wir alles getan haben, was überhaupt möglich ist. Es ist nicht einfach nur eine Neuauflage des Originals. Es enthält neue Elemente, wie z. B. den „Geisterhaus-Modus“, wodurch es wie ein völlig neues Horrorspiel wirkt.
Könnten Sie mir ein wenig mehr über diesen „Geisterhaus-Modus“ erzählen?
Wie der Name schon sagt, ist dies ein Modus für schnelles, schnörkelloses Spielen. Er ist hervorragend geeignet für Spiele mit Freunden und Familie, die keinen gesteigerten Wert auf die wirklich unheimlichen Szenen legen. Es gibt verschiedene Routen, auf denen dann willkürlich gruselige Ereignisse auftreten.
Ich hatte schon Gelegenheit, diesen Modus auszuprobieren. Ich hatte den Eindruck, dass Sie sich wirklich bemüht haben, die Steuerung und das System so einfach wie möglich zu gestalten, auch für unerfahrene Spieler.
Man drückt eine Taste, um zu laufen, und lässt los, um stehen zu bleiben. Mithilfe der Wii-Fernbedienung sieht man sich um. Und das war’s auch schon. Die Steuerung ist wirklich einfach.
Mr. Osawa und Mr. Izuno schien es wirklich Spaß zu machen, mich beim Spielen dieses Modus zu beobachten. Mr. Osawa, darf ich also annehmen, dass es Ihnen Freude macht zu sehen, wie andere geschockt und überrascht werden? (lacht)
Na, aus genau diesem Grund wollte ich den Geisterhaus-Modus ja im Spiel haben! Ich wollte einen Modus, bei dem man anderen bei ihrer Gruselerfahrung zusehen und auch selbst beobachtet werden kann. Das hängt damit zusammen, dass ich schon immer das Gefühl hatte, es fehlt etwas, wenn ich alleine etwas Unheimliches sehe. Man denkt: „Oh, wie schaurig!“, aber irgendwie ist die Sache nicht komplett, wenn da nicht noch ein Witzbold irgendeinen Kommentar abgeben kann. (lacht)
Ein „Witzbold“? Wie in einem Manzai-Komikerduo?
Also, wenn ich einen Horrorfilm sehe, will ich dabei Gesellschaft haben, damit ich meiner Überraschung oder meinem Schrecken Ausdruck verleihen kann. Es macht einfach Spaß, wenn man sagen kann: „Ha – jetzt bist du aber ganz schön zusammengezuckt!“ (lacht)
Und diese Emotionen wollten Sie mit anderen teilen, nicht wahr? Aber ich muss sagen, es war schon sehr gewagt, die Ereignisse in dem Geisterhaus einfach willkürlich generieren zu lassen. Bislang sind wir immer davon ausgegangen, dass das Vergnügen für die Spieler darauf beruht, dass wir spezifische Designs wählen. Insofern hätte ich doch schwere Bedenken gehabt, ob willkürlich stattfindende Ereignisse wirklich funktionieren würden.
Das haben wir uns zu Beginn auch gefragt. Unsere erste Idee war, den Spieler selbst Karten erstellen und bearbeiten zu lassen. Aber das Problem war, dass dann eine einmal gespielte Route keine Überraschungen mehr aufwies und keinen Spaß mehr machte. Die Reaktionen waren dann auch entsprechend lauwarm: „Ach so, ja … hmhm … ist klar …“
Stimmt, ich wusste auch eigentlich immer, wo die Geister auftauchen würden. Ich weiß noch, dass ich sagte, dass es irgendwie sinnlos ist, wenn die von einem selbst erstellten Dinge das einzig wirklich Unterhaltsame sind.
Und die Spieler, die eine Karte erstellt hatten, bekamen keine angemessene „Belohnung“; sie hatten irgendwie kein Erfolgserlebnis.
Uns ging also schnell auf, dass dieses Konzept nicht richtig funktionieren würde. Also verwarfen wir die Idee. Nach einigem Hin und Her beschlossen wir schließlich, dass die Ereignisse im Geisterhaus willkürlich generiert werden sollten. Dabei ergaben sich dann Zeitpunkte und Orte, die wir selbst niemals gewählt hätten. Wir riefen ständig nur Dinge wie: „Ach, das gibt’s doch gar nicht! Ist das irre!“ Das Ganze ergibt eine Mischung aus Angst und Gelächter – man weiß wirklich nie, ob das nächste Erlebnis lustig oder schrecklich sein wird. Und das ist ein sehr eigenartiges Gefühl.
Man lacht also selbst dann, wenn man zu Tode erschrocken ist. (lacht)
Genau! (lacht)
Beim Testen waren alle sehr aufgeregt. Es war das erste Mal, dass plötzlich Geister, an deren Erstellung wir uns gar nicht erinnern konnten, an den unmöglichsten Stellen auftauchten.
Da war so ein körperloser Geisterkopf, der plötzlich über den Boden gekrochen kam. Tatsächlich war das ein Programmierungsfehler. Aber zuerst fragten wir uns, ob wir das wirklich geplant hatten. Erst dann stellten wir fest, dass es ein Fehler war. Wir wollten uns schon an die Korrektur machen, als irgendjemand sagte: „Nein, das ist doch toll! Das benutzen wir!“ (lacht)
(lacht) Das Unerwartete kann manchmal schon sehr nützlich sein.
Allerdings. Die Sache hat uns ganz schön aus der Bahn geworfen. Da tritt aufgrund eines Datenfehlers ein unerwartetes Ereignis auf, und wir beschließen dann, es zu verwenden, weil es einfach richtig gut passt. Diese flexible Arbeitsweise erinnerte mich an die gute alte Zeit des Famicom.
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