3. Gute Ideen

Iwata:

Durch das Vorhandensein eines weiteren Bildschirms kann das Gerät jeden Tag und jederzeit verwendet werden. Aber die Art der Verwendung bringt auch Veränderungen an den Möglichkeiten der Spiele mit sich. Und es gibt vermutlich zahlreiche Möglichkeiten für den Einsatz dieses Controllers.

Miyamoto:

Allerdings.

Iwata:

Ich glaube, man kann immer feststellen, ob eine Idee etwas taugt – direkt bei ihrer Vorstellung. Wenn sich daraus neue Ideen ergeben – in diesem Fall die unterschiedlichen Verwendungsmöglichkeiten – ist es eine gute Idee. Wie auch damals beim Nintendo DS-System. Als Sie vorschlugen, dass es sich bei einem der Bildschirme um einen Touchscreen handeln sollte, ergaben sich daraus zahlreiche weitere Ideen zu neuen Möglichkeiten. Das ist dieses Mal ganz ähnlich. Durch die neue Struktur kann man jetzt viel mehr damit anfangen. Mr. Miyamoto, welchen Eindruck haben Sie gewonnen?

Miyamoto:

Hmm ... Ich dachte, dass der neue Bildschirm schon einmal den Vorteil bietet, dass man jetzt spielen kann, auch ohne den Fernseher einzuschalten. Und wenn ein anderes Familienmitglied etwas im Fernsehen schauen möchte, kann man mit dem integrierten Bildschirm spielen. In Japan ist Karaoke beispielsweise sehr beliebt. Dabei hat man eine Fernbedienung und auf dem TV-Bildschirm werden die Informationen zu dem derzeit abgespielten Lied angezeigt; die Person, die als Nächstes dran ist, wählt das Lied auf dem Bildschirm der Fernbedienung aus. Soweit ich weiß, umfasst der neue Controller diese Funktion ebenfalls.

Iwata:

Hmhm.

Miyamoto:

Und viele Spiele von Nintendo sind für mehrere Spieler ausgelegt, wobei man in größeren Gruppen spielt. Beim Spielen auf den Nintendo 3DS- und Nintendo DS-Systemen braucht man seinen Bildschirm niemandem zu zeigen und bei Wii-Spielen betrachten alle denselben Bildschirm. Mit Wii U lässt sich beides kombinieren, die Fähigkeit, Informationen anzuzeigen, die sonst niemand sieht, und der Bildschirm, den alle beim Spielen betrachten. Dies ermöglicht neue Spielweisen. Auf der diesjährigen E3 stellen wir vor, wie das funktioniert.

Iwata Asks
Iwata:

Wenn man so will, stehen die Spieler also auf verschiedenen Feldern. Nicht jeder hat denselben Blickwinkel, und das macht die Situation interessanter – jeder Spieler betrachtet das Spiel aus seiner eigenen Perspektive.

Miyamoto:

Ganz genau. Dies ist auch schon der Fall bei der Nintendo 3DS-Version von „The Legend of Zelda: Ocarina of Time 3D“4; manche Spiele lassen sich viel effektiver spielen, da man einen Spiel- und einen Informationsbildschirm hat. Und was mir bei der Erstellung aufgefallen ist: Wenn ich mir etwa eine Website auf einem großen Bildschirm ansah, konnte ich das mit meinem Sehvermögen gar nicht richtig lesen! (lacht) 4 „The Legend of Zelda: Ocarina of Time 3D“ erschien am 19. Juni 2011 in Japan für das Nintendo 3DS-System.

Iwata:

Man rückt dann sowieso näher an den Bildschirm heran, weil man sonst nichts sieht! (lacht) Die Fernseher der letzten Jahre haben in der Regel eine Programmhinweisfunktion, aber mit meinen Augen kann ich das kaum erkennen.

Miyamoto:

Stimmt. Aber trotzdem – der große Fernsehbildschirm mit seinem breiten Anzeigespektrum ist schon toll. Da gibt es etwas, was ich als die Lupen-Funktion bezeichne: Man kann einen Ausschnitt in beliebiger Größe auf dem Bildschirm des neuen Controllers anzeigen, den man in der Hand hält; man kann also alles problemlos lesen, während alle anderen das Bild auf dem großen Bildschirm genießen. Diesen neuen Controller kann man auf zahlreiche neue Arten einsetzen, auch über Videospiele hinaus. Und da er jetzt wie das Nintendo 3DS-System auch über einen Bewegungssensor5 verfügt, kann man ihn beispielsweise mit dem Wii Zapper verwenden. Wenn ich während des Entwickelns Spielproben mache, macht das total viel Spaß und ich habe den Eindruck, dass es da noch viele Möglichkeiten gibt. 5 Bewegungssensor: Ein Messgerät. Mit seiner Hilfe werden etwa Winkel und Rotationsgeschwindigkeit berechnet und die Position gesteuert.

Iwata:

Sie sind übrigens derjenige, der quasi mit Gewalt darauf bestanden hat, den Bewegungssensor in das Nintendo 3DS-System aufzunehmen.

Miyamoto:

Allerdings! (lacht) Aber das kann man ja jetzt durch seine erneute Nutzung entschuldigen – damit haben sich die Kosten doch gelohnt!

Iwata:

Ich bin sicher, dass Sie die Vorteile des Bewegungssensors bereits verspüren. Und zusätzlich zu der Lupen-Funktion, die wir gerade erwähnt haben, haben wir auch ein weiteres Thema umfassend diskutiert. Manchmal liest oder tippt man etwas am PC oder auf einem Smartphone, oder man betrachtet etwas auf einem großen TV-Bildschirm oder will etwas gemeinsam mit anderen ansehen. Auf den ersten Blick scheint es sich in all diesen Fällen um ein und dasselbe zu handeln – etwas wird auf einem Bildschirm angezeigt. Aber tatsächlich handelt es sich hierbei um vollkommen verschiedene Vorgänge. Intern haben wir ausgiebig über Abstände diskutiert – ob dieser dreißig Zentimeter oder drei Meter beträgt, macht einen riesigen Unterschied. Insofern ist der neue Controller sehr interessant, denn er kann in beiden Situationen eingesetzt werden.

Iwata Asks
Miyamoto:

Ja, stimmt.

Iwata:

Da gab es Dinge, die nicht zu Videospielen passten ... Nehmen Sie z. B. die Texteingabe auf Wii. Wir haben uns wirklich Mühe damit gegeben, aber ich glaube nicht, dass wir stolz behaupten können, das zu einem stressfreien Vorgang gemacht zu haben. Das wird sich dieses Mal, glaube ich, stark ändern.

Miyamoto:

Als wir früher einmal Konnektivität zwischen dem Fernseher und dem Game Boy Advance vorschlugen, so dass zwei Bildschirme zur Verfügung gestanden hätten, sagte man uns, dass das menschliche Auge nicht in der Lage sei, zwei Bildschirme gleichzeitig zu betrachten. Aber tatsächlich gibt es viele Situationen, in denen eine separate Informationsanzeige besser ist. Ich habe jedenfalls zwei PC-Monitore auf meinem Schreibtisch! (lacht) Man kann also nicht behaupten, dass der Mensch nicht in der Lage wäre, zwei Bildschirme zu betrachten.

Iwata:

Stimmt, und heutzutage ist es ja fast schon üblich, fernzusehen und dabei noch ein weiteres Gerät in der Hand zu haben. Ich bin überzeugt, dass die Vorstellung, man könne nicht zwei Bildschirme auf einmal betrachten, definitiv der Vergangenheit angehört.

Miyamoto:

Ja. Es ist schon praktischer, Dinge wie eine Software-Tastatur direkt zur Hand zu haben. Und auch bei einem Malprogramm ist es vorteilhaft, zwei Bildschirme zu haben – einen für das Malen und einen weiteren, auf dem Sie Ihre Werke präsentieren. Das sind zwei völlig unterschiedliche Funktionen. Auch auf dem Nintendo DS-System kann man zeichnen und die Ergebnisse anderen zeigen, aber ein Fernseher steht zu weit weg, um bequem darauf zu zeichnen. Dagegen will man nicht unbedingt etwas Winziges zeigen, dass man auf einem Handheld gezeichnet hat – dafür würde man lieber einen größeren Bildschirm verwenden. In dieser Situation kann man mit dem neuen Controller in Echtzeit auf dem Handheld zeichnen und das Bild dann auf dem großen Bildschirm präsentieren . Auch Fotos sind eher für die Anzeige auf einem großen Bildschirm geeignet, wenn viele Leute sie sehen sollen. Dagegen ist es beim Auswählen der Fotos besser, sie direkt in der Hand zu haben.

Iwata:

Es gibt ja Bilder, die man nicht unbedingt jedem zeigen möchte. Manchmal möchte man sicher nicht alle gemachten Fotos zur selben Zeit auf dem großen Bildschirm anzeigen.

Miyamoto:

Genau. Auf diese Situationen ist man vorbereitet, wenn man über zwei Bildschirme verfügt. Und derartige Situationen treten jeden Tag auf. Solche Funktionen sind auch im Falle von Videos nützlich. Überhaupt können die Funktionen auch im Alltag nützlich sein.

Iwata:

Die Struktur ähnelt dem Karaoke-Beispiel, von dem wir schon gesprochen haben.

Miyamoto:

Ah, ja, stimmt genau.

Iwata:

Es ähnelt wirklich der Karaoke-Situation, in der die Informationen des aktuellen Lieds auf dem großen Bildschirm angezeigt werden, während jemand das Lied, das er als Nächstes singen will, auf einem Handheld auswählt. Das Auswählen des nächsten Bilds oder Videos, das Lesen von Text und das Suchen nach detaillierten Informationen geht einfacher auf einem Handheld-Gerät, die Ergebnisse der Auswahl mit einer größeren Gruppe von Personen zu teilen, ist dagegen auf einem großen Bildschirm leichter. Durch das Aufgreifen dieser Struktur ist diese Umgebung von Anfang an für jedermann verfügbar.

Miyamoto:

Genau. Bei Nintendo achten wir stets auf derartige Dinge. Jedem, der unsere Konsolen und Systeme erwirbt, muss unbedingt dieselbe Umgebung zur Verfügung stehen.