Mr. Takeda, konnten Sie das fertige Spiel schon ausprobieren, nachdem Sie Ihre Arbeit an der Handlung abgeschlossen hatten?
Ja, konnte ich. Ich habe es erst kürzlich gespielt.
Da Sie die Handlung geschrieben haben, sind Sie ja mit allen Elementen des Spiels sehr vertraut; mit der Struktur, der Spielwelt, und so weiter. Wenn Sie das Spiel aus dieser Position betrachten, was erhalten Sie da für einen Eindruck?
Es wird Sie bestimmt nicht überraschen, aber als ich an der Handlung gearbeitet habe, war das meine ganze Welt. Als ich dann selber das Spiel ausprobieren konnte, fielen mir all die Elemente auf, die sich aus der Haupthandlung des Spiels entwickelt haben; Dinge, die nicht explizit im Skript standen, wie die Gesamtatmosphäre, das Aussehen der Dorfbewohner und so weiter. Ich hatte das Gefühl, dass ich eine unheimliche Menge von Material geschrieben hatte, aber eigentlich war es nur ein Teil einer riesigen Welt. Das fand ich wirklich überwältigend.
Sogar der Autor war also überwältigt! (lacht)
Ja, war ich wirklich. Es gibt z. B. einen Bereich namens Kolonie 9 . Es ist einfach unglaublich, wie riesig dieser Ort ist. Als ich an der Geschichte gearbeitet habe, hatte ich ein Dorf im Kopf, wie man es aus normalen Rollenspielen kennt. Aber als ich das Spiel ausprobiert habe, fielen mir schon in diesem einzelnen Dorf so viele Ideen auf, dass man daraus ein ganzes Spiel hätte machen können. Deshalb wurde mir gegen Ende des Entwicklungsprozesses langsam klar, an was für einem monumentalen Projekt ich da arbeiten konnte.
Ich verstehe. Normalerweise ist es ja so, dass die Spielwelten immer weniger detailliert sind, je größer sie werden. Aber bei diesem Spiel wollten Sie eine 'riesige Welt voller Details' umsetzen, nicht wahr, Mr. Takahashi?
Das stimmt. Ich wollte, dass die Welt nie leer wirkt, sogar am äußersten Rand der Spielwelt. Es sollte so sein, dass man überall etwas entdecken kann, wo immer man auch hingeht. Ob es etwas ist, was man gesucht hat, eine Aufgabe oder ein schreckliches Monster . An bestimmten Stellen sollte es auch abgelegene Orte geben, an denen die Spieler denken sollten: "Wow, in dieser Welt kann man auch so wunderschöne Orte entdecken!"
Mit anderen Worten: Sie wollten also, dass die Spieler immer etwas für ihre Investition in die Spielwelt zurückbekommen.
Ja, und so ist z. B. auch die Anzahl der Gegenstände, die man bei Aufgaben erhalten kann, ins Unermessliche gestiegen. Einzelne Mitarbeitergruppen, die an den Aufgaben im Spiel gearbeitet haben, sagten z. B. zu mir, dass sie für eine Aufgabe 400 Gegenstände erstellen müssten. Ich habe dann immer gefragt, ob sie wissen, worauf sie sich da einlassen: "Sind Sie sicher, dass Sie so viele machen können?"
Man will fast sagen: "Bitte aufhören!" (lacht)
Ja, ganz genau. (lacht) Es ist ja mein Job, auch mal auf die Bremse zu treten, aber als ich gesehen habe, wie viel Mühe sich das Team gegeben hat, habe ich mich nicht mehr gefragt, ob sie das schaffen könnten, sondern ich habe gesagt: "Sie müssen das einfach schaffen. Unbedingt ..."
(lacht)
Als ich das sagte, antworteten meine Mitarbeiter: "Kein Problem. Sie müssen uns nur weiter fordern!" Also sagte ich: "Alles klar, dann mach ich das!" (lacht)
Sie und das Team haben sich anscheinend gegenseitig herausgefordert und alles immer weiter auf die Spitze getrieben! (lacht)
Aber am Ende hat das Team wirklich alles geschafft und ich musste nichts streichen. Dafür habe ich sie natürlich gelobt! (lacht)
Am Anfang wollten Sie also noch auf die Bremse treten, und am Ende konnten Sie alle nur noch loben! (lacht)
Richtig. Das Gefühl, dass jemand auf die Bremse treten müsste, war aber nicht nur auf diesen Aspekt des Spiels beschränkt. Das war in vielen Bereichen so. Während der Kämpfe z. B. rufen sich die Gefährten in der eigenen Gruppe alle möglichen Sachen zu , es kann also auch lauter werden.
Obwohl es ein Einzelspieler-Spiel ist, fühlt man sich nicht alleine, und man hat wirklich den Eindruck, dass man an der Seite der Gefährten kämpft.
Genau. Und wenn man etwas nicht schafft, wird man nicht von den Gefährten kritisiert oder zu sehr in Frage gestellt. Eigentlich wird man sogar immer gelobt.
Man wird gelobt, auch wenn man etwas falsch macht? (lacht)
Richtig. Außerdem wird man motiviert und bekommt gesagt, dass man nicht aufgeben soll. Das haben wir so gemacht, damit die Spieler das Gefühl haben, dass sich die Gefährten wirklich um sie kümmern.
Bei so vielen Dialogzeilen müssen die Sprachaufnahmen doch bestimmt auch sehr aufwändig gewesen sein.
Ja, das stimmt schon. Um ehrlich zu sein, hatte ich den Eindruck, dass es zu viel sei. Wir hatten so viel Text, dass man sogar nach sehr langen Aufnahme-Sitzungen das Gefühl hatte, dass man noch wahnsinnig viel zu tun hatte. Aber wenn ich die Aufnahmen dann ins Büro mitgebracht und sie den Verantwortlichen übergeben habe, sagte ich: "Wir haben uns die Mühe gemacht, all diesen Text aufzunehmen, also müssen Sie ihn auch verwenden. Unbedingt."
Das hört sich ja wie eine Herausforderung an! (lacht)
(lacht) Aber als dann all diese Aufnahmen tatsächlich ins Spiel übernommen worden waren, fanden manche Leute, dass die Charaktere zu viel reden und dass es einem auf die Nerven gehen würde. Das habe ich dann ganz zum Schluss noch ändern lassen. Aber ich glaube, dass es viele Spieler ansprechen wird, wenn sie sehen, wie sich die Gefährten an ihrer Seite voll in die Schlacht stürzen und dabei ordentlich Lärm machen.
Jedenfalls hat das Spiel jetzt einen Maßstab und eine Detailtiefe, bei der Sie zwischendurch das Gefühl hatten, dass Sie auf die Bremse treten müssten. Wie ging es Ihnen damit, Mr. Takahashi?
Dieses Spiel war ohne Frage mit Abstand das größte, an dem ich bisher gearbeitet habe. Aber - und das hört sich jetzt wahrscheinlich merkwürdig an - bei der Arbeit an diesem Projekt gab es Aspekte, die wirklich äußerst einfach waren.
Sie meinen, dass Sie sie einfach fanden?
Ja, richtig. Ich hatte ja Mr. Takeda als Partner beim Schreiben der Handlung und ich hatte vollstes Vertrauen in ihn. Außerdem ist es jetzt genau zehn Jahre her, seit Monolith Soft gegründet wurde, und daher kann ich mich mittlerweile auch voll auf meine Mitarbeiter verlassen.
Ihre Mitarbeiter sind also mittlerweile so erfahren, dass Sie ihnen alle möglichen Aufgabenbereiche selber überlassen können.
Richtig. Meistens konnte ich bestimmte Aufgaben einfach einzelnen Mitarbeitern übergeben und musste ihnen dabei nicht mehr über die Schulter sehen. So konnte ich meine Energien auf den Bereich konzentrieren, in dem ich am meisten erreichen kann. Es war also zwar ein riesiges und herausforderndes Projekt, aber jetzt würde ich sogar sagen, dass ich noch nie an etwas gearbeitet habe, wo alles meiner Wahrnehmung nach so glatt gelaufen ist.
Obwohl Ihre bisherigen Spiele nicht diesen Maßstab hatten, gab es doch in der Vergangenheit Momente, in denen Sie alleine verantwortlich für die Umsetzung großer Projekte waren, die Sie komplett gefordert haben.
Ja, das stimmt. Nach der Gründung der Firma habe ich zuerst ein Team eingestellt und damals waren die meisten noch unerfahren.
Mit diesem Projekt sind es jetzt zehn Jahre seit der Gründung der Firma und Sie haben Ihre Mitarbeiter bis heute weitergebildet und sie sehr gut kennengelernt. Ich habe den Eindruck, dass Sie als Executive Director viel Unterstützung von einer ganzen Reihe von Personen erhalten haben, die alle Spezialisten in ihren jeweiligen Arbeitsbereichen sind.
Das stimmt. Bei diesem Projekt hatte ich das Glück, dass mir eine ganze Reihe von Leuten geholfen hat. Bisher wäre ich gezwungen gewesen, meine Energie mit bestimmten Dingen zu verschwenden. Diesmal war das aber überhaupt nicht der Fall. Alle Team-Mitglieder haben sich in ihren Arbeitsbereichen voll ins Zeug gelegt, und wir haben eine riesige Welt umsetzen können, die wir außerdem auch noch sehr detailliert gestaltet haben. Ich finde, das ist ein krönender Abschluss für unser erstes Jahrzehnt bei Monolith Soft.
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