Nachdem Toon-Link mit viel Tamtam der Öffentlichkeit präsentiert worden war, gewann ich den Eindruck, dass unter den Fans die Diskussion über die Vor- und Nachteile bis zur Veröffentlichung anhielt. Welche Eindrücke haben Sie als Entwickler zum Feedback des Spiels nach seiner Veröffentlichung gesammelt?
Zu dieser Zeit konnten wir das Feedback noch nicht richtig online verfolgen, so wie es heute möglich ist. Es gab aber schon eine klare Teilung zwischen denjenigen, denen der Kunststil gefiel, und denen, die sich nicht davon angesprochen fühlten. Nach der Veröffentlichung hatte ich den Eindruck, dass wir es nicht ganz geschafft hatten, das Spiel über diese Barriere hinweg der Welt zugänglich zu machen. Doch das war nur meine eigene vage Ahnung, nachdem ich mich mit ein paar Leuten unterhalten hatte.
Dann gehen Sie davon aus, dass sich die Meinungen der Spieler anfänglich nur dahingehend unterschieden, ob ihnen der Kunststil gefiel oder nicht?
Richtig. Das liegt schon ein paar Jahre zurück, aber einmal erzählte mir meine Frau davon, eine Freundin habe ihr so von den Grafiken von The Wind Waker für den Nintendo GameCube vorgeschwärmt, dass sie das Spiel gern selbst einmal ausprobieren würde, wenn wir es zu Hause hätten.
Hm, ist das nicht ein bisschen zu schön, um wahr zu sein? (lacht) Wusste Ihre Frau denn, dass Sie an The Wind Waker arbeiteten?
Sie wusste es zwar, schien aber bei der Veröffentlichung nicht allzu interessiert..
Spielt sie denn sonst auch Videospiele?
Zu Zeiten von The Legend of Zelda: Twilight Princess12 begann sie, die Spiele auszuprobieren, die ich gemacht hatte. Davor spielte sie eigentlich nur sehr selten Videospiele, was wohl zum Teil daran lag, dass unser Kind noch so klein war. 12. The Legend of Zelda: Twilight Princess: wurde für den Nintendo GameCube und die Wii-Konsole im Dezember 2006 veröffentlicht. Die realistischen 3D-Grafiken, die aus den Grafiken zu The Legend of Zelda: Ocarina of Time hervorgingen, waren ein markantes Feature. Die Wii-Fernbedienung ermöglichte bei der Wii-Version neue, intuitive Steuerfunktionen.
Was war Ihr Eindruck, Mr. Takizawa?
Nun, ich habe eine ganz ähnliche Geschichte wie Mr. Aonuma zu erzählen. Meine Frau spielt gar keine Videospiele. Aber, als sie damals die Werbung im Fernsehen sah, fand sie diese interessant. Damals hörte ich zum allerersten Mal ihr Bedauern darüber, dass sie sich nicht besonders gut mit Videospielen auskannte.
Ah, dann waren es also die Grafiken, die sie irgendwie angesprochen haben.
Ich glaube schon. Über die von uns geschaffenen Grafiken konnten wir jemanden, der normalerweise keine Videospiele spielt, dazu bringen, diese auszuprobieren. Darüber habe ich mich wirklich gefreut.
Damals haftete den Videospielen wahrscheinlich immer noch das Image an, schwierig zu sein. So hatten die Controller, die neu herauskamen, zum Beispiel immer mehr Buttons.
Vielleicht war diese Wahrnehmung damals immer noch auf ihrem Höhepunkt. Viele Leute begeisterte es zu dieser Zeit, dass Spiele realistischer und üppiger gestaltet wurden. The Wind Waker wurde zu einer Zeit veröffentlicht, als die Videospiele-Industrie noch nach Ideen suchte, um die Spiele einem breiteren Publikum zugänglich zu machen.
Das stimmt.
Wenn ich mich recht erinnere, waren die Leute ganz klar in zwei Lager getrennt: Die einen waren begeistert und sagten: „Die Charaktere sind so ausdrucksstark, dass ich das Gefühl habe, selbst ein Anime (Cartoon) zu steuern.“ Und das andere Lager, das diese ablehnte, argumentierte: „Ein Spiel mit so niedlichen Charakteren ist doch wohl eher etwas für kleine Kinder.“
Ja. Da gab es eine ganz klare Trennung.
Mit der Zeit verstummten schließlich diese Stimmen, Toon-Link sei kindisch, und seine Fans bekamen immer mehr Gewicht. Oder übertreibe ich jetzt? (lacht)
Nein, das ist wirklich so passiert.
Wenn man sich die Welt von The Wind Waker genauer ansieht, dann entdeckt man dort einen eigenen Realitätssinn, der sich der Welt der Animes bedient. Diese begeistert den Zuschauer durch ihre Fülle an originellen Ideen und ihren Einfallsreichtum. Aber vielleicht fallen nur mir als Präsident von Nintendo solche Dinge auf, weil ich bewusst nach dem Zauber des Spiels suche! (lacht)
Nun, da gibt es eine klare Abgrenzung zu denen, die selbst zögerten, das Spiel auszuprobieren.
Aber ich glaube, das hat sich jetzt vor kurzem geändert.
Es gibt da einen „Zelda-Zyklus“.
Ja. Mr. Bill Trinen13 von Nintendo of America – der bei der Erstellung der ausländischen Versionen von The Legend of Zelda-Spielen immer eine große Rolle spielt – spricht immer vom „Zelda-Zyklus“. 13. Bill Trinen: Produktmarketing-Direktor von Nintendo of America.
Dann verwandelten sich die negativen Meinungen zu The Legend of Zelda also mit der Zeit in positive Meinungen. Zunächst war ich mir da nicht so sicher. Doch, als ich dann aber die Resonanz auf The Wind Waker HD sah, dachte ich, es könnte doch zutreffen.
Und das ist nicht nur auf The Wind Waker beschränkt. Bei jeder Neuerscheinung eines Zelda-Titels kann man über Kritik nicht klagen. Doch ein bis zwei Jahre später ändern die Leute dann ihre Meinung, und der Titel wird aufgewertet.
Bei The Wind Waker zeigten die Fans in den USA eine solche Resonanz. Als wir 2001 die Originalversion ankündigten, waren die Meinungen mehrheitlich dagegen. Dennoch war die Resonanz auf das Nintendo Direct14, das wir im Januar ausstrahlten, unglaublich positiv. Auch bei den Nintendo Experience-Events bei Best Buy15, die in diesem Jahr zeitgleich mit der E316 stattfanden, standen die Leute vor der einzigen Demostation von The Wind Waker HD in jedem Laden Schlange und wollten das Spiel unbedingt ausprobieren. 14. Nintendo Direct: Bezieht sich auf das Nintendo Direct-Video mit dem Titel “Wii U Direct – Nintendo-Spiele 23.01.2013”. (Die Bilder von The Legend of Zelda: The Wind Waker HD beginnen bei 30:00.)15. The Nintendo Experience-Events bei Best Buy: Während der E3 wurden in 100 Best Buy-Filialen in den USA und Kanada Events veranstaltet. Hierbei konnten die Besucher der Läden bislang für die Wii U-Konsole unveröffentlichte Spiele, wie The Legend of Zelda: The Wind Waker HD und Mario Kart 8, testen.16. E3 (Electronic Entertainment Expo): Eine Videospielmesse, die in der Regel einmal pro Jahr in Los Angeles stattfindet. 2013 fand die E3 drei Tage lang vom 11. bis 13. Juni 2013 statt. In diesem Jahr verzichtete Nintendo auf seine übliche Pressekonferenz und konzentrierte sich stattdessen auf Veranstaltungen, wie die Nintendo Direct-Übertragungen in verschiedenen Regionen, und gab direkt vor der Show eine Software-Demo.
Vielleicht hatten wir einfach nur Pech, aber es ist uns nicht gelungen, das Potential der Nintendo GameCube-Hardware vollkommen auszuschöpfen. Selbst wenn die Hardware die Leute ansprach, haben viele sie nicht gekauft und wollten lieber abwarten.
Außerdem möchte ich in diesem Zusammenhang noch erwähnen, dass wir bei The Wind Waker ganz viele Sachen ins Gegenteil verkehrt haben und auch später noch so verfahren sind. The Legend of Zelda: Twilight Princess verfügt über ernste, fotorealistische Grafiken, während The Legend of Zelda: Skyward Sword mit seiner halben Cel-shaded-Animation fast wie ein Gemälde erscheint. Das ändert sich mit jeder Neuerscheinung.
Ich führe den zunehmenden Erfolg von The Wind Waker zum Teil darauf zurück, dass die Leute jetzt sowohl Twilight Princess als auch Skyword Sword kennen und den ganz eigenen Reiz von The Wind Waker entdeckt haben.
Das sehe ich auch so.
Später verbreitete sich Toon-Link immer weiter unter den Handheld-Spielen, so dass die Leute, die Gefallen an ihm fanden, allmählich immer mehr zunahmen.
Als ich an The Legend of Zelda: Phantom Hourglass arbeitete, waren die Leute bestimmt noch ganz überrascht und fragten sich: „Was? Toon-Link?!” Aber bei The Legend of Zelda: Spirit Tracks17 schienen sich diese Zweifel ganz und gar zerstreut zu haben-. 17. The Legend of Zelda: Spirit Tracks: Erschien im Dezember 2009 für das Nintendo DS-System. Wie bei dem Vorgänger The Legend of Zelda: Phantom Hourglass tritt auch hier Toon-Link auf.
Ich denke, durch die Erstellung der The Legend of Zelda-Spiele für den Nintendo DS konnten wir den Leuten schließlich vermitteln, dass es sich immer noch um Zelda-Spiele handelt, selbst wenn das Erscheinungsbild ein anderes war.
Und elf Jahre sind als Zeitspanne mehr als genug, um zu einer unvoreingenommen Grundeinstellung zurückzufinden. Ich bin mir nicht sicher, ob viele Leute Lust hätten, das Remake eines Spiels in voller Länge zu spielen, das erst vor zwei Jahren erschienen ist, ganz gleich, wie viel Spaß es macht. Dann müsste es schon etwas wirklich Überwältigendes an sich haben. Sind aber bereits elf Jahre verstrichen, kann man unter Umständen nicht mehr ganz von vorn anfangen, das Spiel aber dafür ganz unvoreingenommen genießen.
Das stimmt. Selbst wir, die das Spiel selbst erstellt hatten, hatten schon wieder viel davon vergessen, als wir es erneut spielten. In dieser Situation empfanden wir uns als ganz normale Spieler und fragten uns Dinge wie: „War es wirklich so?“
Dann blieben auch Sie noch bei den Rätseln hängen, die Sie selbst erstellt hatten! (lacht)
Ganz genau! Deswegen haben wir immer ein Lösungsbuch parat. Können Sie sich vorstellen, dass ein Entwickler selbst ein Lösungsbuch braucht, um sein eigenes Spiel zu spielen?!
(lachen)
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