2. Über 500 Antennen

Iwata:

Sie waren ja schon vorher im Louvre, aber immer nur als Besucher. Sie müssen ja alles mit einem völlig unterschiedlichen Blick betrachtet haben, als Sie für ihre Nachforschungen vor Ort waren.

Miyamoto:

Das ist richtig. Wir haben einen speziellen Ausweis bekommen, und wir konnten uns überall umsehen und herausfinden, wie alles hinter den Kulissen funktioniert. Wir konnten das Museum auch an einem Tag besuchen, als es für die Öffentlichkeit geschlossen war, und uns in Ruhe in den Räumen umsehen. Ich habe auch eine Menge Fotos mit meinem Nintendo 3DS gemacht.

Iwata:

Ach ja.

Miyamoto:

Und da wurde mir klar, wie viel Spaß es macht, sich die 3D-Fotos anzusehen, die ich gemacht hatte. Deshalb kam mir der Gedanke, dass es bei Museen nicht nur um die ausgestellten Werke geht - auch das Gebäude und die Atmosphäre waren sehr anregend. Wir dachten, dass es noch mehr Freude machen würde, die Software zusätzlich aufzuwerten - so dass sie eher wie ein Souvenir vom eigenen Museumsbesuch wäre, und nicht nur ein Museums-Guide.

Iwata:

Ah, deshalb kann man mit der Software das Museumserlebnis also auch mit nach Hause nehmen.1818. Das Museumserlebnis auch mit nach Hause nehmen: Es gibt von der Download-Software "Nintendo 3DS Guide: Louvre" in den Souvenirgeschäften des Louvre auch eine Komplettversion in eigener Verpackung zu kaufen.

Miyamoto:

Das stimmt. Sie funktioniert aber natürlich auch als richtiger Audio-Guide. Wir haben außerdem 3D-Innenaufnahmen, die man in einer kompletten 360-Grad-Ansicht betrachten kann, hochauflösende Fotos und auch eine Tour-Funktion integriert, die die Software zu einem wirklich unterhaltsamen Gesamtpaket machen, das einfach Spaß macht. Als ich vor Ort war, ist mir etwas Merkwürdiges aufgefallen: Ich habe mir den visuellen Guide angeschaut, während ich vor dem echten Objekt gestanden habe! (lacht)

Iwata Asks
Iwata:

Obwohl Sie das echte Werk direkt vor den Augen hatten! (lacht)

Miyamoto:

Aber wenn die Darstellung hochauflösend ist, kann man ganz feine Details von Werken wie z. B. der Mona Lisa19 erkennen, die man an dem realen Werk nicht wirklich sehen kann.19. Die Mona Lisa: Ein Ölgemälde des italienischen Künstlers Leonardo Da Vinci

Iwata:

Stimmt, man kann ja nicht wirklich nah an die echte Mona Lisa heran, und kann sie nur aus einer gewissen Entfernung sehen. Deshalb kann man sie auf den Fotos viel näher sehen als mit den eigenen Augen. Aber der Audio-Guide ist auch ziemlich detailliert, oder?

Miyamoto:

Ich habe gehört, dass er ungefähr 37 Stunden Audio-Aufnahmen enthalten soll. Und das alleine in der japanischen Version.

Iwata:

Tja, man sagt ja auch, dass man mindestens eine Woche braucht, um den Louvre wirklich gesehen zu haben. Es liegt also nahe, dass es so viele Inhalte im Guide gibt.

Miyamoto:

Es gibt über 700 Beschreibungen und ungefähr 500 von diesen Werken sind im Museum auch ausgestellt. Man kann bei einer einzigen Besichtigung des Museums nur ungefähr 20 bis 30 Werke sehen, wenn man sich also im Vorfeld mit dieser Software kundig macht, und sich auch nach dem Museumsbesuch noch weiter informiert, erhält man wirklich tiefergehende Einblicke.

Iwata:

Das kann ich mir vorstellen.

Miyamoto:

Während man im Museum ist, bezieht sich der Guide automatisch auf den eigenen Aufenthaltsort.Bei einem herkömmlichen Guide kann man sich die Beschreibungen anhören, indem man die entsprechende Nummer eingibt, aber wenn man diese Software verwendet und den Museums-Tour-Modus auswählt, ruft der Guide automatisch die richtige Beschreibung auf, je nachdem, wo man gerade steht.

Iwata:

Ah, da hat sich das ganze Vorwissen von der Standorterkennung bei Ikspiari also bezahlt gemacht.

Miyamoto:

Ja. Es gibt auch andere Systeme, die gerade in anderen Museen getestet werden, bei denen der Guide sich automatisch am eigenen Rundgang orientiert, aber die meisten dieser Systeme nutzen Infrarotsensoren, und viele von ihnen sind eher unzuverlässig.

Iwata:

Sie kennen sich ja bestimmt gut mit den verschiedenen Arten von Audio-Guides aus, die überall auf der Welt verwendet werden, weil Sie immer einen Audio-Guide ausleihen, wenn Sie ein Kunstmuseum besuchen.

Miyamoto:

Wir haben auch viele Tests durchgeführt, so dass wir eine Lösung erzielt haben, die den eigenen Aufenthaltsort sehr genau erfassen kann.

Iwata:

Ich habe mir Audio-Guides immer sehr passiv vorgestellt; nämlich so, dass man sich einfach nur die abgespielten Audio-Clips anhört. Aber nachdem ich diese Software ausprobiert habe, hatte ich wirklich den Eindruck, dass man durch den Einsatz der Technologien, die das Nintendo 3DS-System verwendet, ein viel lebendigeres und aktiveres Erlebnis hat.

Miyamoto:

Das stimmt. Die Software ist so gestaltet, dass sie einen auch führen kann, ohne dass man selbst viel machen muss, falls man sie ausleiht und zum ersten Mal verwendet, aber wenn man schon etwas vertrauter mit der Bedienung ist, kann man viele lustige Dinge damit machen.

Iwata:

Ich fand es aus der Perspektive eines Beobachters ja sehr interessant, dass es normalerweise so ist, dass die Eltern den Kindern erklären, wie man den Audio-Guide benutzt, wenn die Familie zusammen ein Museum besucht. Aber bei dieser Software sieht man oft, wie die Kinder, die vertraut im Umgang mit dem Nintendo 3DS sind, den Eltern erklären, wie man ihn benutzt, während sich alle zusammen die Ausstellung anschauen. Es hat mich schon sehr gefreut, als ich das gesehen habe.

Iwata Asks
Miyamoto:

Das Benutzererlebnis fühlt sich schon sehr ähnlich an wie ein Videospiel. Wenn man die Software im Museum benutzt und nach einem Kunstwerk sucht, das man gerne sehen möchte, wird einem der kürzeste Weg dorthin angezeigt, und man kann mit dieser Funktion auch ein Spiel spielen, also in etwa: "Findet die Kunstwerke im Louvre!"

Iwata:

Das Louvre-Museum ist ja schließlich selber auch ein bisschen wie ein Irrgarten aufgebaut.

Miyamoto:

Es besteht aus drei Gebäuden mit jeweils einem unterirdischen und drei überirdischen Stockwerken, und von Zeit zu Zeit werden die Durchgänge verlegt; ich habe gehört, dass sich deshalb sogar die Mitarbeiter manchmal verlaufen! (lacht)

Iwata:

Die Software funktioniert also nicht nur gut als Führer zu den Kunstwerken, sondern auch als eine Art Karte. Aber man braucht ja bestimmt viele Antennen, um in so einer großen Anlage wie dem Museum ein Standorterkennungssystem einzurichten. Wie viele Antennen haben sie denn installiert?

Miyamoto:

Ich denke, das waren ... über 500.

Iwata:

500?! So viele? Als ich zum ersten Mal gehört habe, dass Sie sich für diesen Ansatz entschieden hatten, dachte ich nur: "Warum lassen die sich denn auf so etwas ein?!" Es ist ja immerhin ein wichtiges historisches Gebäude, und ich hätte nie gedacht, dass wir an verschiedenen Orten im Louvre-Museum wirklich unsere Ortserkennungssysteme installieren dürfen!

Miyamoto:

Wir hatten aber auch viele Auflagen. Wir durften im Gebäude keine Nägel verwenden, und konnten auch nichts auf den Boden stellen. Deshalb mussten wir kreativ mit unseren Methoden sein und die Systeme an der Decke oder hinter Türen verstecken. Und dann mussten wir noch verschiedene Modifikationen vornehmen, weil natürlich nichts auffallen sollte, und deshalb mussten die Antennen dieselbe Farbe wie die Wände haben, und so weiter.

Iwata:

Wow ... Wenn jemand mal die Gelegenheit hat, den Louvre zu besuchen, dann sollten die Leute ruhig mal schauen, ob sie eine Ihrer Antennen finden können. (lacht)

Miyamoto:

Am schwierigsten war aber, dass das Louvre-Museum seine Ausstellung ständig aktualisiert und verändert, deshalb muss immer alles auf dem neuesten Stand gehalten werden.

Iwata:

Sie müssen die Informationen aktualisieren, wie z. B.: "Das ein oder andere Kunstwerk ist im Moment nicht in der Ausstellung zu sehen, da es an dieses oder jenes Museum ausgeliehen wurde."

Miyamoto:

Richtig. Die Nike von Samothrake20 ist z. B. im Moment zum Restaurieren an einem anderen Ort. Um also immer die aktuellsten Informationen zu präsentieren, haben wir es so gemacht, dass die Daten ständig aktualisiert werden und immer dem neuesten Stand entsprechen. 20. Nike von Samothrake: Auch bekannt als die "Geflügelte Siegesgöttin von Samothrake". Eine Statue von Nike, der Siegesgöttin, die auf der griechischen Insel Samothrake gefunden worden ist. Sie wurde zur Restaurierung von ihrem gewohnten Ausstellungsort entfernt, und die Besucher des Louvre-Museums können sie daher in der Zeit von September 2013 bis Sommer 2014 nicht besichtigen.

Iwata:

Solche Sachen kann die Software also auch. Ich habe das Gefühl, dass wir uns irgendwie einen ungewöhnlich detaillierten Einblick in die tatsächlichen Abläufe beim Betrieb eines Kunstmuseums erarbeitet haben.

Miyamoto:

Das stimmt. Unser Kollege Mr. Takao Sawano21 hat sehr hart an diesem Element der Software gearbeitet.21. Takao Sawano: General Manager des Technology Development Departments, Entertainment Analysis & Development Division. Er hat auch an Iwata fragt: Wii Fit - Teil 2: Das Wii Balance Board teilgenommen.

Iwata:

Mr. Sawano ist ja schon seit der Shigureden22 ihr Technologie-Partner.22. Shigureden: Eine Ausstellung zum Ogura Hyakunin Isshu (Ogura-Sammlung von 100 Gedichten von 100 Dichtern), die im Januar 2006 im Arashiyama-Distrikt von Kyoto eröffnet worden ist. Sie wurde von der 'Ogura Hyakunin Isshu Cultural Foundation' ausgerichtet. Die Besucher konnten dabei die Welt der Hyakunin Isshu mit einem Guide-System namens "Shigureden Navi" auf dem Nintendo DS-System entdecken. Auf der offiziellen Homepage findet man weitere Details dazu.

Miyamoto:

Ja. Und auch alle Angestellten des Museums haben sehr hart gearbeitet.

Iwata:

Dieses Projekt konnten wir nur mit der Unterstützung anderer Leute umsetzen. Wir sind äußerst dankbar für die ganze Hilfe, die wir von so vielen Leuten erhalten haben, um unseren Kunden ein wirklich tolles Erlebnis bieten zu können.