5. Warum es wichtig ist, dauerhaft zu trainieren

Iwata:

Ich habe gehört, dass Sie kürzlich ein Abhandlung zum Thema "Wii Fit" geschrieben haben.

Miyachi:

Das stimmt. Sie wird wohl demnächst in einem akademischen Journal veröffentlicht. Ich habe meine Forschungen ja erst vor einigen Monaten aufgenommen, aber ich will ehrlich sein, nie hätte ich es für möglich gehalten, dass die Reaktionen so positiv ausfallen. Ich kann dazu noch nichts Näheres verraten, aber ich hoffe, dass ich die Ergebnisse meiner Forschungen schon bald weltweit bekannt machen kann.

Iwata:

Oh, wirklich?

Miyachi:

Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass das Interesse auf der ganzen Welt so groß ausfallen würde. Das hat mich vollkommen überrascht.

Iwata:

Nun ja, es gibt mehr Nutzer von "Wii Fit" in Amerika und Europa als in Japan. Global gesehen, gibt es eine riesige Anzahl von Waagen und dazugehörende Übungssoftware, die in Haushalten auf der ganzen Welt verwendet werden. Wenn nun ein Experte wie Sie Beweise vorbringt, die zeigen, dass die Übungen wirklich vorteilhaft sind, dann wird seine Forschung weltweit hoch angesehen.

Miyachi:

Ja, da könnten Sie durchaus Recht haben. Es ist nur verständlich, wenn man sich die riesige Anzahl von Nutzern ansieht, dass die Wirkung entsprechend groß ist. Wenn wir das noch mit akademischen Studien als Nebeneffekt kombinieren, glaube ich, dass dies auch einen Einfluss auf die akademische Welt der Forschung hat.

Iwata:

Wir bei Nintendo haben das Konzept von "Wii Fit" als Nicht-Experten entworfen, ohne besondere Kenntnisse auf dem Gebiet der Sportwissenschaft. Wenn jetzt Elemente dieser Software von Spezialisten auf diesem Gebiet empfohlen werden, und die Spezialisten uns Vorschläge unterbreiten, um die Wirkung der Übungen zu erhöhen, dann habe ich das Gefühl, dass diese Sache, die wir damals angefangen haben, das nächste Niveau erreicht hat.

Miyachi:

Ich habe sogar sehr viel von "Wii Fit", in vielerlei Hinsicht, dazugelernt. Ich war überrascht als ich erfuhr, dass es diese Methoden gibt, Nutzer zum Training zu bewegen. "Wii Fit" ist in der Lage, Dinge zu meistern, die uns nicht möglich sind.

Iwata Asks
Iwata:

Könnten Sie uns dafür ein paar Beispiele geben?

Miyachi:

Ich habe es vorhin kurz angeschnitten, "Wii Fit" hat wirklich die Hindernisse reduziert, die Leute davon abhalten, sich sportlich zu betätigen. Wenn wir mit Personen sprechen, um sie zum Sport zu ermutigen, stehen wir immer vor einem Hindernis. Mit dieser Software ist dieses Hindernis deutlich kleiner. Das zeigt uns, dass es nicht immer der Fall ist, dass die Leute von anderen belehrt werden möchten.

Iwata:

Wenn ein Mensch mit einem anderen zu tun hat, und je weniger Selbstvertrauen dieser Mensch hat, desto mehr macht er sich Sorgen, was die andere Person von ihm halten könnte...

Miyachi:

Keiner mag es, von anderen beurteilt zu werden.

Iwata:

Und weil man nicht beurteilt werden möchte, versucht man, bestimmte Situationen zu vermeiden, auch wenn man weiß, dass es eigentlich besser wäre, wenn man sich damit auseinandersetzen würde.

Miyachi:

Ganz genau. Leute, die auf meinem Gebiet arbeiten, und Fitnesstrainer natürlich auch... unsere Anweisungen was körperliches Training angeht, bestehen darin, daneben zu stehen und ständig zu sagen: "Machen Sie dies! Machen Sie jenes! Wenn Sie das so machen, ist es besser!" Viele glauben, das wären gute Methoden, und es gibt auch viele, die der Meinung sind, man soll so viele Menschen wie möglich dazu bewegen, in ein Fitnesscenter zu kommen, weil sie dort bessere Anweisungen für ihr Training bekommen.

Iwata:

Die Trainer haben möglicherweise diese unangefochtene Vermutung im Kopf, bei der sie denken, je konzentrierter und fokussierter die Anweisungen, desto höher ihre Qualität.

Miyachi:

Das könnte durchaus sein. Dabei ist die Vermutung falsch. Selbst, wenn man jemanden einmal alle drei Monate trifft, wenn man es schafft, ein Trainingsprogramm für die jeweilige Person zusammenzustellen, bei dem sie den Wert des Trainings erkennt, ist das oftmals für die Person am wertvollsten und es ist für sie auch leichter, sich an dann an das Programm zu halten. Das gilt insbesondere bei beschäftigten Leuten. Nehmen wir einen Familienvater im mittleren Alter, der verfügt in der Regel über gute Kenntnisse von sich selbst und seiner Lebensweise. Bei solchen Leuten, anstatt als Trainer neben ihnen zu stehen...

Iwata:

Ist es besser, sie nicht zu stören und sie soweit wie möglich ihre Dinge auf eigene Faust machen zu lassen.

Miyachi:

Aus diesem Grund habe ich erkannt, dass wir die Denkweise unserer Beratung ändern müssen. Ich tendiere normalerweise dazu, viel zu reden und Leute zu Sachen zu zwingen...

Iwata:

(lacht)

Miyachi:

Für jemanden wie mich, der normalerweise das Muster eines knallharten Fitnesstrainers ist, war es eine ungeheuere Lernerfahrung, die ich bei meiner Arbeit mit "Wii Fit" gemacht habe.

Iwata:

Also haben Sie erkannt, dass es auch alternative Methoden gibt, wie man über bestimmte Dinge nachdenken kann.

Miyachi:

Es war wahrhaftig lehrreich für mich. Ich habe zudem erkannt, dass ich über viele Dinge noch mal nachdenken muss. Das sind die Dinge, die mir das Wii Balance Board beigebracht hat.

Iwata:

(lacht)

Miyachi:

Es gab da noch etwas, was mich überrascht hat.

Iwata:

Und was war das?

Miyachi:

Als ich zum ersten Mal gehört habe, das die Software 2000 Yen kosten soll, dachte ich, ich hätte mich verhört. (lacht) Meine Frau war auch ganz schön baff, sie sagte: "Kostet die Software wirklich 2000 Yen?"

Iwata:

Es gibt einen Grund, warum ich mich bei der japanische Version des Spiels für diesen Preis entschieden habe. Ich wollte, dass die Kunden, die bereits "Wii Fit" besitzen, auch bei dieser Version dran bleiben.

Miyachi:

Ach so.

Iwata:

Hätten wir beim Preis wie bei einer normalen Software angesetzt, glaube ich nicht, dass mehr als die Hälfte der erwähnten Nutzer sie gekauft hätten. Deshalb haben wir uns entschieden, wir wollen soweit wie möglich gehen, um diese Leute auch mit ins Boot zu holen.* *Die endgültigen Einzelhandelpreise in Europa werden von Einzelhändlern festgelegt.

Miyachi:

Das ist der richtige Ansatz. Selbst, wenn die Nutzer das Wii Balance Board weggestellt haben, wenn diese Software herauskommt, werden sie angespornt, es wieder herauszuholen und wieder zu trainieren.

Iwata:

Das immer wiederkehrende Thema bei uns war schon immer "Kontinuität".

Iwata Asks
Miyachi:

Ist dem so? Jetzt wundert es mich auch nicht.

Iwata:

Wir haben vorhin darüber gesprochen, wie man Hindernisse aus dem Weg räumt. Was wir tun, ist in der Regel nichts anderes. Videospiele sollten im Grunde genommen unterhaltsam sein, aber es gibt Zeiten, da spielen die Nutzer kontinuierlich, und dann gibt es wiederum Zeiten, in der sie eine Pause einlegen.

Miyachi:

Stimmt.

Iwata:

Es gibt diese großartige Zeiten, in denen alles passt, und man möchte weiter spielen, um herauszufinden, was als Nächstes passiert. Aber es ist nicht immer so. Es kommt unweigerlich die Zeit, in der man eine Pause einlegen möchte, und dann fasst man das Spiel nicht an.

Miyachi:

Ja, dann bleibt man davon fern.

Iwata:

Deshalb ist es extrem wichtig, dass man Spiele entwickelt, die den Spieler dauerhaft motivieren.

Miyachi:

Jetzt verstehe ich. Das ist wirklich genau so wie beim Training.

Iwata:

Ja, so ist es. Vielen Dank, dass Sie sich heute die Zeit genommen haben, mit mir zu sprechen.

Miyachi:

Oh, ich fürchte, ich hatte ziemlich viel zu sagen! (lacht) Aber, das Vergnügen war ganz meinerseits. Haben Sie vielen Dank!