Unterhalten wir uns darüber, was ein Spiel ausmacht, dann ist eines der Themen, die üblicherweise angesprochen werden, das von Risiko und Belohnung.
Ja.
Vor langer Zeit, als wir noch in Yamanashi7 waren, erklärten Sie uns Ihre Vorstellung von Risiko und Belohnung im Büro. Diese Erklärung hat zusammen mit der damaligen Kulisse bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
Ach, wirklich. 7 Als wir noch in Yamanashi waren: Satoru Iwata und Masahiro Sakurai haben früher zusammen bei HAL Laboratory Inc. gearbeitet. Dort entwickelten die beiden im Yamanashi R&D-Zentrum in der Präfektur Yamanashi Spiele wie Kirby’s Dream Land und Super Smash Bros.
Damals zeichneten Sie ein Bild von Space Invaders8 auf eine Weißwandtafel. Wenn man bei diesem Spiel nicht direkt von unten auf die Eindringlinge schießt, dann kann man sie nicht treffen. Begibt man sich allerdings unter sie, dann läuft man Gefahr, von ihren Geschossen getroffen zu werden. Und darin besteht das Risiko. Sie sprachen damals darüber, dass das Risiko stets mit einer gewissen Belohnung einhergeht, so dass sich die Taktiken in einem Spiel fast mit dem Verhältnis zwischen Risiko und Belohnung erklären lassen. Das erschien mir damals sehr einleuchtend. 8 Space Invaders: Ein Arcade-Spiel aus dem Jahre 1978.
Ich verbinde das Gameplay oft mit Risiko und Belohnung. Mir ist dabei jedoch bewusst, dass der Spaß von weitaus mehr Faktoren bestimmt wird. Vielleicht suchen viele Spieler gar nicht das Gameplay an sich. Ich habe mir Gedanken gemacht, wie wir das berücksichtigen könnten.
Aber selbst wenn ich heute über Spiele nachdenke, ist das, was Sie damals sagten, für mich ein Kriterium.
Ach, ist das so? Vielen Dank.
Ach, haben Sie eigentlich das erste Spiel, Kid Icarus 9, gespielt, als es für das Famicom Disk System herauskam? 9 Kid Icarus: Ein Actionspiel, das ursprünglich in Japan im Dezember 1986 für das Family Computer Disk System veröffentlicht wurde. Im Februar 1987 erschien es in Europa auch für das NES (Nintendo Entertainment System).
Aber natürlich! (lacht)
Das habe ich mir gedacht! (lacht) Als was für ein Beispiel betrachteten Sie es damals, als Sie noch Student waren?
Es ist kein besonders ernsthaftes Spiel.
Nein. (lacht)
In diesem Jahr wurden The Legend of Zelda, Dragon Quest und Metroid veröffentlicht.
Das Jahr 1986 war wirklich erfolgreich.
Für mich als Spieler war das wirklich ein Traumjahr. Und zu allem Überfluss erschien am Ende des Jahres auch noch das erste Kid Icarus-Spiel. Und das war etwas ganz Besonderes. Während in den anderen Spielen ernsthaft gegen das Böse gekämpft wurde, ging es bei Kid Icarus eher lustig zu. Das Spiel handelte zwar von griechischer Mythologie, aber es tauchten auch Kreditkarten auf! (lacht)
Und Auberginen ! (lacht)
Ja! Diese zufälligen Dinge waren der Stoff für Kid Icarus. Auch bei Kid Icarus: Uprising haben wir viele dieser Elemente eingebaut. Aber die vielen Auberginen haben wir nicht als eine Art Hommage eingebaut, weil hier der Auberginagier vorkommt. Gerade weil wir vorsichtig mit der Geschichte umgehen wollten, wollten wir nicht zu ernst werden. So befindet sich die Hauptperson der Geschichte beispielsweise nicht auf einem Selbstfindungstrip.
Genau! (lacht)
Sowohl die auftretenden Gegner als auch die Verbündeten sind schillernde, lebhafte Persönlichkeiten. Hiermit wollten wir eine lebhafte, ungestüme Atmosphäre wie bei Super Smash Bros. erzeugen.
Warum haben Sie sich dieses Mal Kid Icarus ausgesucht?
Ihre erste Bitte an uns war doch, ein originelles Spiel zu machen.
Ja. Nachdem Super Smash Bros. Brawl für die Wii erschienen war, hielt ich es nicht für ratsam, gleich danach noch ein Spiel der gleichen Serie zu entwickeln. Daher schlug ich dann vor: „Lasst uns etwas anderes machen!” Und weil auch die neue Hardware, der Nintendo 3DS, kurz vor der Veröffentlichung stand, wünschte ich mir von Ihnen etwas anderes als von dem internen Entwicklungsteam von Nintendo. So kam es zu meinen beiden Anfragen.
Als ich über diese Anfragen und noch andere Faktoren nachgrübelte, dachte ich, wir würden ein Schießspiel mit Luft- und Bodenkämpfen machen. Gleichzeitig fragte ich mich, ob wir wohl einer abgesetzten Serie der Nintendo-Palette zu neuem Leben verhelfen könnten. Ich dachte darüber nach, welche Titel dafür in Frage kämen. Die zentrale Hauptfigur, Pit, ist ein Engel, der nicht fliegen kann. Mir erschien es interessant, ihn mithilfe einer Art Zauberkraft auf die Erde herunter fliegen zu lassen.
Die Luft- und Bodenkämpfe passten gut zu dem Originalspiel.
Genau. Seitdem wir Pit bei Super Smash Bros. Brawl zu neuem Leben erweckt hatten, fragten sich viele Leute, ob wir nicht ein neues Spiel entwickeln könnten.
Wenn ich im Ausland von den Spielmedien bei Anlässen wie der E310 interviewt werde, werde ich jedes Mal nach einem neuen Kid Icarus-Spiel gefragt. 10 E3 (Electronic Entertainment Expo): Eine Videospiel-Messe, die einmal jährlich in Los Angeles stattfindet.
Ich habe Sie oft nach der Software-Palette der anderen Entwickler für den Nintendo 3DS gefragt.
Ja, Sie ließen mir nicht einen Moment lang Ruhe! (lacht)
Ja, aber wären gerade Projekte in der Entwicklung gewesen, die denen ähnelten, die mir gerade vorschwebten, oder die ein ähnliches Gameplay hatten, hätte ich gern die Richtung verändert.
Sie strebten also tatsächlich ein Spiel an, das eine ganz andere Rolle einnimmt.
Zunächst dachte ich, dass für den Nintendo 3DS für ungeübte Nutzer eine ganze Menge an unbeschwerten Spielen – wie Touch! Generations11 – veröffentlicht wurden. Daher wollte ich ein solides Spiel für geübte Spieler entwickeln. 11 Touch! Generations: Eine Reihe von Titeln, wie Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging: Wie fit ist Ihr Gehirn? und English Training: Spielend Englisch lernen, die jedem, unabhängig von seiner Spielerfahrung, Spaß bringen.
Also ein Spiel, das die Spieler nach Herzenslust spielen und genießen können.
Und bei Kampfspielen wie zum Beispiel Super Smash Bros. möchte ich die enthaltenen Taktiken nicht herabsetzen.
Und selbst wenn es im Spiel allgemein hoch hergeht, möchten Sie die Kampftechniken doch ernst nehmen?
Ja. Zum Beispiel muss bei Mario Kart der Spieler an der Spitze alle möglichen Angriffe von den Spielern hinter sich erdulden.
So dass man bis zum Ende nicht weiß, wer gewinnt.
Ich denke, das ist der richtige Weg. Bei einem Rennspiel würde ich so vorgehen. Aber bei den Kämpfen bei Smash Bros. und Kid Icarus: Uprising gibt es fast gar keine Elemente, die den Gewinnern Nachteile einbringen oder den Schwächeren helfen.
Es stimmt, dass bei Smash Bros. selbst ein schwächerer Spieler einen stärkeren K. O. schlagen kann, wenn der Gegner Schaden aufgebaut hat. Insgesamt betrachtet, ist es aber der stärkere Spieler, der Ergebnisse erzielt.
Natürlich kann ein starker Gegenstand direkt neben einem schwachen Charakter auftauchen. Aber wir haben die starken Gegenstände nicht extra neben den schwachen Charakteren angeordnet.
Sie haben das Spielfeld gleichmäßig erstellt, so dass jeder fair kämpfen kann.
Das stimmt. Aber irgendwie können auch die Anfänger an der Seite der Experten spielen. Und am Ende werden die unterschiedlichsten Ergebnisse, unabhängig von den Fähigkeiten der einzelnen Spieler, erzielt.
Es kommt nicht darauf an, was richtig ist, sondern darauf, für welche Option Sie sich entscheiden.
Ja. Worauf ich hinaus möchte, ist etwa Folgendes: “Weil Mario Kart diese bestimmte Spielart bietet, sollten wir diese etwas andere Vorgehensweise wählen.” Wir möchten verhindern, dass die fortgeschrittenen Spieler die Anfänger verdrängen. Aber eher als den Computer irgendein Handicap vorgeben zu lassen, wollten wir das Ungleichgewicht mit Veränderungen im großen Stil ausgleichen. Wenn es um das eigentliche Wesen des Spiels geht, möchten wir schon, dass sich die Spieler beim Kämpfen anstrengen!
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