Mr. Sakaguchi, was denken Sie über das Endergebnis von „The Last Story“ und über die Zusammenarbeit mit Nintendo im Allgemeinen?
Wie auch Mr. Takahashi wurde ich gebeten, ein „romantisches“ Spiel zu erstellen. Das war kein Problem für mich, da ich immer vorgehabt hatte, das überaus wichtige Drama zwischen Mann und Frau mit einzuschließen. Im Verlauf des Projekts änderte sich das von mir geplante Konzept allerdings nach und nach, bis es eher ein Spiel über Kameradschaft war.
Aber die ursprüngliche Handlung und das Thema, dass Sie sich ausgedacht hatten, haben sich nicht grundlegend geändert. Ich habe den Eindruck, dass während der Entwicklung mehr und mehr Elemente hinzugefügt wurden, die für mehr Tempo, Realismus und Ansprechbarkeit sorgten.
Ja, stimmt. Ich glaube, wir hatten wirklich Glück, dass einige dieser Ideen wie Samen waren, die unerwartet aufgingen. Wir haben diese dann gewässert, und so ist ein wahrer Wald gewachsen. Was die Zusammenarbeit mit Nintendo angeht – als ich an FFIII arbeitete, gab es bei Nintendo ein internes Software-Auswertungssystem; allerdings war dieses damals noch nicht als „Mario Club“ bekannt.
Ja, stimmt.
Ich weiß noch, dass damals jemand in einen Bericht schrieb: „An so etwas möchte ich irgendwann auch einmal arbeiten.“ Ehrlich gesagt habe ich das noch nie jemandem erzählt.
Die Struktur des Mario Clubs existierte damals noch nicht, daher hielten die Mitarbeiter ihre Bewertungen von Spielen schriftlich fest. Auch die Mitglieder des Entwicklungsteams gaben Feedback; und daher ist es nicht verwunderlich, dass Ihnen derartige Reaktionen untergekommen sind.
Ach so. Die Mitglieder des Entwicklungsteams waren also auch beteiligt. Das hat damals wirklich großen Eindruck auf mich gemacht. Und seitdem hatte ich immer das Gefühl, dass die Mitarbeiter von Nintendo mich und meine Absichten wirklich verstehen. Das hat mein Selbstvertrauen irgendwie gestärkt (lacht). Ich muss sagen, das war eine angenehme Überraschung. Und aufgrund dieser Erlebnisse habe ich dieses Mal vier Tage mit dem Mario Club gearbeitet.
Es war eine sehr schöne Überraschung für uns bei Nintendo, dass Sie vier Tage mit dem Mario Club zugebracht und sich die Meinungen und Ideen seiner Mitglieder wirklich zu eigen gemacht haben. Damit konnten wir von unserer Seite erheblichen Einfluss nehmen.
Mein Hauptziel war es tatsächlich, diese Meinungen und Ideen für das Spiel zu nutzen, aber ich hatte auch noch eine weitere Absicht: Ich wollte auch etwas beim Mario Club lassen … wollte ihn quasi mit meinem Duftstoff markieren, sodass dieser am Ende des Projekts, wenn es an die Feinabstimmung ging, noch vorhanden war. Ich hoffte, dass meine Duftmarke dort für das schon erwähnte „Einfühlungsvermögen“ sorgen würde. So wollte ich sicherstellen, dass wir gut zusammenarbeiteten und ein gemeinsames Ziel verfolgten. (lacht) Und ich glaube, das hat uns geholfen, bis zum Ende wirklich gut zusammenzuarbeiten.
Deshalb haben Mitglieder des Teams im Mario Club also geweint, als die neunmonatige Debugging-Phase zu Ende ging. Sicher haben sie sich auch als Mitglieder des Entwicklungsteams gefühlt.
Ja, bestimmt. So weit hatte ich das nicht geplant, aber es stimmt schon – irgendwie schaffe ich es immer, die Leute mitzuziehen und in den Prozess einzubeziehen. Ich weiß nicht, ob das eine gute oder schlechte Eigenschaft ist, aber so ist es nun mal. (lacht)
Mr. Sakaguchi hat ein echtes Talent, eine bestimmte Atmosphäre zu schaffen. Das ist etwas, was ich noch nie wirklich konnte. Ich hoffe aber immer noch, dass es mir irgendwann einmal gelingen wird.
Na ja. Das liegt vielleicht an meinem gestärkten Selbstvertrauen. Aber möglicherweise bin ich damit ja auch völlig fehlgeleitet und dieser Optimismus ist völlig überzogen.
Wer viel Energie ausstrahlt, muss diese ja irgendwo hernehmen. Ich stelle mir diese Energiequellen als eine Art von Belohnung vor. Eine Ihrer Energiequellen sind sicher die Reaktionen, die Sie auf Ereignisse wie die „Last Story“-Präsentation erhalten. Sie waren sicher großem Druck ausgesetzt, aber als Sie die Reaktionen der Zuschauer bemerkt haben, muss Ihnen das doch enormen Aufwind gegeben haben.
Ja, in der Tat.
Und Sie, Mr. Takahashi, müssen doch jetzt, nachdem „Xenoblade Chronicles“ schon eine ganze Weile auf dem Markt ist, eine ungeheure Befriedigung und Bestätigung daraus ziehen, dass immer noch so viele Spieler das Spiel genießen und darüber reden.
Ja, natürlich. Aber manchmal wünsche ich mir fast, die Leute wären kritischer. Ich bin jemand, der durch negative Energie motiviert und angetrieben wird ... (lacht)
Ach so! (lacht)
Tatsächlich?
Dann sollten wir Ihnen in Zukunft ohne Zögern sämtliche Anfragen und Forderungen zukommen lassen. (lacht)
Seien Sie bloß vorsichtig mit dem, was Sie sich wünschen! (lacht)
Ja, ja, es kommt immer auf die Mischung an …
Egal, wie gründlich man an etwas arbeitet – es gibt immer etwas, das man nicht ganz erreicht. Am Ende eines Projekts sind es immer diese Dinge, die einen dann in das nächste Projekt führen.
Genau. Manchmal hat man mitten in einem Projekt fantastische Ideen, die sich zu diesem Zeitpunkt aber leider nicht mehr umsetzen lassen.
Wenn man mit etwas beschäftigt ist, fließen unterschiedlichste separate Ideen plötzlich zusammen und man hat plötzlich lauter tolle Einfälle.
Dinge, zwischen denen zunächst überhaupt kein Zusammenhang zu bestehen scheint, können zusammengebracht werden und ergeben dann wiederum andere Ideen. Oh, und noch etwas: Ich würde gerne mal wieder mit Ihnen zusammenarbeiten, Mr. Takahashi. Entschuldigen Sie, dass ich Sie damit aus heiterem Himmel überfalle! (lacht)
Na ja, ist ja auch schon eine Weile her, nicht wahr? Ungefähr ein Jahrzehnt.
Ich würde gerne mal sehen, wie Sie einander die Bälle zuspielen.
Wer weiß. Nach ein, zwei Monaten würde einer von uns vielleicht wutentbrannt davonrauschen, und das wär’s dann.
Aber wenn wir es durch diese Anfangsphase schaffen, würden wir es vielleicht auch bis zum Ende durchziehen.
Wie ich sehe, stimmen Sie auch hier überein! (lacht) Scheinbar wissen Sie genau, wie es sein würde …
Wenn wir auf derselben Wellenlinie liegen, dann sind wir ein perfektes Paar. (lacht) Aber ich glaube, deshalb wollten wir in unserer Zeit bei Square auch an anderen Dingen, also auf anderen Wellenlängen arbeiten.
Aber wissen Sie – wenn wir mal ein ganz anderes Genre ausprobieren würden, könnte es vielleicht ganz gut funktionieren.
Ja, vielleicht. Wie wär’s mit einem Rätselspiel? Wir könnten die Grafiken geometrischer gestalten oder eine Art Simulation erstellen. Das würde doch Spaß machen! (lacht)
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