Mr. Miyamoto, können Sie uns erzählen, wie die 25-jährige Geschichte von „Super Mario Bros.“ ursprünglich begann?
Aber natürlich. Ungefähr zwei Jahre vor „Super Mario Bros.“ haben wir die Arcade-Version von „Mario Bros.“ gemacht, aber der Bildschirm rollte nicht, der Hintergrund war schwarz und das Ganze war irgendwie ein bisschen farblos. Also beschloss ich etwas auszuprobieren, das „Mario Bros.“ ähnelte, sich aber scrollen ließ, einen bunten Hintergrund hatte und über größere, bewegliche Charaktere verfügte.
Und das war dann die zuvor erwähnte Testversion mit dem sich bewegenden Quadrat.
Genau. Ich weiß nicht mehr genau, ob es ein Quadrat oder ein simples Bild war. Ich wollte unbedingt einen rollenden Bildschirm, daher haben wir etwa um diesen Zeitpunkt die Idee eines Spiels für zwei Spieler aufgegeben.
Ach so. „Mario Bros.“ konnte von zwei Spielern gespielt werden, weil der Bildschirm nicht seitlich rollte. Und wenn man den Bildschirm zum Rollen gebracht hätte, wäre es mit der damals verfügbaren Technologie nicht möglich gewesen, mehrere Charaktere auf demselben Bildschirm zu halten – wie dies jetzt beim 4-Spieler-Modus von New Super Mario Bros. Wii 11 möglich ist. 11 New Super Mario Bros. Wii: Ein Action-Spiel, das im Dezember 2009 in Japan für die Wii-Konsole erschien.
Genau. Aber in „Devil World“ war es uns bereits gelungen, Charaktere zu animieren, die doppelt so groß waren wie in den vorausgegangenen Spielen.
Anders ausgedrückt – Sie haben die Technologie des teilweisen Scrollens aus „Excitebike“ übernommen, sodass Sie einen Teil des Bildschirms rollen konnten, und die Zwei-Charakter-Technologie aus „Devil World“, die doppelt so große Charaktere wie bei „Mario Bros.“ möglich machte.
Genau. Es war eine Kombination von Elementen aus diversen früheren Spielen.
Die SRD-Mitarbeiter, die z. B. auch die Sprungfedern in „Donkey Kong Jr.“ 12 gemacht hatten, waren auch am „Super Mario Bros.“-Projekt beteiligt und haben das direkt übernommen. 12 Donkey Kong Jr.: Ein Action-Spiel, das 1982 in die Spielhallen kam. Die Version für das Family Computer System (Famicom) erschien im Juli 1983 in Japan.
Hier in diesen Spezifikationen steht: „Verfeinern der Hänge, Aufzüge, Fließbänder und Leitern von "Donkey Kong" und der Seile, Stämme und Sprungfedern von "Donkey Kong Jr."; Verbessern der gegnerischen Angriffe, der Gegnerbewegungen, starren Plattformen und POW-Blöcke in "Mario Bros."“
Es stellte also wirklich einen aus verschiedenen Spielen geschaffenen Höhepunkt dar. Das war das Jahr, bevor das Disk System herauskam, und es sollte das letzte Spiel auf einem Steckmodul sein. Wir wollten so viel wie möglich hineinpacken; die Spieler sollten denken: „Wow, Nintendo kennt sich wirklich mit Steckmodulen aus!“ und: „Wie haben sie denn das hingekriegt?!“
Mit der Leistung heutiger Spielekonsolen kann man so ziemlich alles anzeigen; nur ein Profi kann sich also diese alten Spiele ansehen und sich wundern, wie so etwas möglich war. Aber in den Tagen der Famicom-Spiele waren die Einschränkungen durch die Hardware doch recht ausgeprägt; vieles war nicht möglich. Deshalb wollten wir diese Einschränkungen umgehen, um der Öffentlichkeit etwas ganz Neues, noch nie Dagewesenes bieten zu können, das die Reaktion „Wie haben Sie das denn hingekriegt?“ hervorrufen sollte.
Stimmt. Wir haben versucht, gute Elemente aus diversen Spielen zu extrahieren, das wichtigste Spiel hierbei war aber vielleicht „Excitebike“. Die Idee für die Levelsprünge stammt beispielsweise daraus.
Wie das?
Die Arcade-Version von „Excitebike“ hatte drei Level und man konnte sich aussuchen, wo man mit dem Spiel beginnen wollte. Damit wollten wir geschickten Spielern die Möglichkeit geben, sofort auf einem höheren Level zu beginnen. Wenn man natürlich bei „Super Mario Bros.“ in Welt 7 beginnen würde, wäre das zu schwierig, aber wir hielten es für eine nette Idee, wenn gute Spieler relativ problemlos von Welt 1 zu Welt 8 wechseln könnten.
Ach so – daher stammt die Idee für die Levelsprünge. Wenn ich es recht bedenke, konnte man damals auf den Steckmodulen ja auch nicht speichern.
Genau. Man musste jedes Mal wieder am Anfang beginnen. Daher haben wir die Sprünge eingeführt – für Spieler, die bis zum Ende gelangen wollten. Wenn ein Spieler in „Super Mario Bros.“ herausbekommt, wie die Levelsprünge funktionieren, kann er direkt zu Welt 8 springen. Ein bisschen wie in „Excitebike“, wo man die Rennstrecke wählen konnte, mit der man beginnen wollte.
Ah, „Super Mario Bros.“ war also in mehr als nur einer Hinsicht ein Höhepunkt.
Ja, darauf hatten wir es angelegt.
Als Sie das erste „Super Mario Bros.“ erstellten, haben Sie zum ersten Mal 256-Kilobit-Memory verwendet.
Stimmt. Die Charaktere blieben aber weiterhin bei 64 Kbit.
Da die Umstellung auf das Disk System bereits vor der Tür stand und die Speicherkapazität der Disk bei einem Megabit lag, wollten Sie so viel wie irgend möglich auf ein Steckmodul packen, und das führte dann zur Geburt von „Super Mario Bros.“.
Genau. Aber ich war doch sicher nicht der einzige, der so dachte? Mr. Nakago, hatten Sie nicht vor, sämtliche Technologien der vorherigen Spiele mit einzubringen?
Na ja, wir stopften immer so viel wie möglich rein – da musste man dann manchmal bestimmte Grafiken reduzieren, um die Programmierung an anderer Stelle aufpolstern zu können.
Sie hatten einiges an Erfahrung angesammelt, wie man ein möglichst dickes Paket schnüren konnte.
Damals haben wir überall nach freien Speicherecken gesucht. 1 Block hatte z. B. 3 oder vielleicht eher 2 Byte; wenn also 20 Byte frei waren, konnte man 10 Blöcke einfügen. Dann kam also Mr. Miyamoto, erklärte, er wolle 10 weitere Blöcke aufnehmen, und knallte diese dann auch gleich da rein. Auf diese Weise ging der Speicherplatz schnell zur Neige. Und dann saß Mr. Kondo noch an der Musik für das Ende und ich musste ihn auch noch fragen, wie viele Bytes er dafür brauchte.
Stimmt! (lacht)
Er sagte, er könne mit 40 Byte ein Lied in Endlosschleife legen. Dann waren noch 20 Byte übrig und Mr. Miyamoto sagte: „Wir machen eine Krone!“
Ich wollte eine Krone als Belohnung für Spieler, die sich zehn oder mehr Zusatzrunden erarbeitet hatten. (lacht)
Das haben wir dann ganz zum Schluss noch eingefügt.
Normalerweise hoben wir uns vorsichtshalber eine Reserve von ca. 100 Byte auf – für den Fall, dass irgendwelche Bugs auftraten, die behoben werden mussten. Aber wir hatten die Entwicklung so gut wie abgeschlossen und es schien keine Bugs zu geben; also begannen wir, den verbleibenden Platz zu nutzen. Und am Ende hieß es: „Es sind noch acht Bytes übrig – wollt ihr noch irgendwas hinzufügen?“ Und ich (strahlt übers ganze Gesicht) habe dann gesagt: „Ich wollte hier eigentlich unbedingt ein paar Blöcke einfügen!“ (lacht)
(lachen)
Als ich das dann getan hatte, verkündete ich noch, dass sich ja niemand bei mir ausheulen solle, wenn jetzt irgendwelche Bugs aufträten. (lacht) Dieses ganze Hin und Her hat wirklich Spaß gemacht.
Ja, das hat es in der Tat.
Damals gab es eine Fernsehsendung namens „Gacchiri Kaimasho“13. 13 Gacchiri Kaimasho: Eine vom Mainichi Broadcasting System produzierte Einkaufs-Gameshow, die von 1963 bis 1975 ausgestrahlt wurde.
Ach ja, stimmt. (lacht) Eine Shopping-Gameshow.
Da gab es dann z. B. eine 100.000-Yen-Runde, und im Studio wurden alle möglichen Produkte wie Kühlschränke und Fernseher aufgestellt, aber ohne Preisschild.
Die Teilnehmer mussten für maximal 100.000 Yen einkaufen und begannen in der Regel damit, die teureren Objekte in ihre Einkaufswagen zu laden. Wenn man den Maximalbetrag aber um nur einen Yen überschritt, schied man aus.
Zu guter Letzt wurden dann noch Fertiggerichte in den Wagen geworfen.
Stimmt, genau. Die dienten zur „Feinabstimmung“. So ein Fertiggericht war etwa 100 Yen wert. (lacht)
Drei Fertiggerichte beliefen sich dann auf 300 Yen, und so …
… waren sie immer ganz aufgeregt: „Das wird garantiert die perfekte Summe!“
(lachen)
Wir waren ganz genauso! Aber wir kannten die Preise. (lacht)
© 2024 Nintendo.