2. Dreißig Milliarden Variationen von Pokémon

Iwata:

Mr. Ishihara, Ihre Frau war ja begeistert von dem WiiWare-Titel "Pokémon Rumble". Warum haben Sie dann entschieden, dass Sie den Nachfolger für das Nintendo 3DS-System entwickeln wollten?

Ishihara:

"Pokémon Rumble" macht auf ganz eigene Art Spaß, aber ich habe mich immer gefragt, was der nächste Schritt für uns sein könnte, und ich hatte die Idee, ein "Pokémon Rumble"-Spiel für das neue tragbare Nintendo 3DS-System umzusetzen.

Iwata:

Sie wollten den ersten vollwertigen Pokémon-Titel für das Nintendo 3DS-System in die Läden bringen.

Ishihara:

Das stimmt! Ich weiß nicht warum, aber aus irgendeinem Grund macht Ambrella häufig Projekte, die in irgendeiner Weise Premieren sind. (lacht)

Ozawa undMatsumura:

(lachen)

Ishihara:

"Pokémon Dash"4 für das Nintendo DS-System ist auch so ein Beispiel. 4Pokémon Dash: Ein Arcade-Rennspiel, das in Japan gleichzeitig mit dem Nintendo DS-System im Dezember 2004 veröffentlicht wurde.

Iwata:

Selbst wenn die Hardware noch nicht fertig ist - und so gesehen noch in der Entwicklung steckt - können wir sagen: "Wollen Sie es schon ausprobieren?" Und wenn die Leute es dann ausprobieren, scheint es ihnen immer zu gefallen. (lacht)

Ozawa:

Ja. Das machen wir total gerne! (lacht)

Iwata:

Deshalb macht Nintendo Ambrella ja auch so viele Vorschläge bezüglich neuer und halbfertiger Hardware. Sie hatten "Pokémon Rumble" als Grundlage, und der Nachfolger sollte für den Nintendo 3DS erscheinen. Was war dabei Ihr erster Gedanke?

Ozawa:

Wir hatten einen Prototyp eines Nachfolgers zu "Pokémon Rumble" für die Wii-Konsole entwickelt, aber als wir versucht haben, dasselbe für das Nintendo 3DS-System umzusetzen, lief es zuerst nicht so, wie wir es uns vorgestellt hatten.

Iwata Asks
Iwata:

Weil es neue Hardware war.

Ozawa:

Ja. Also haben wir angefangen zu experimentieren. Wenn wir von Grund auf ein komplett neues Spiel für Nintendo 3DS entwickelt hätten, hätten wir vielleicht eine einfachere Methode gewählt - dann hätten wir uns zurückgehalten und unser Vorgehen an die Fähigkeiten der Hardware angepasst.

Iwata:

Anders gesagt, wenn Sie von Anfang an ein ganz neues Spiel für das Nintendo 3DS-System hätten entwickeln sollen, hätten Sie vielleicht nicht so hohe Ansprüche gehabt. Aber Sie hatten ja schon einen Wii-Prototyp entwickelt, deshalb hatten Sie bereits eine hohe Messlatte vorgelegt.

Ozawa:

Stimmt. Es war viel Arbeit nötig, auch für die Programmierer und Designer, bevor alles so ausgesehen hat, wie es in einem "Pokémon Rumble"-Spiel sein muss.

Iwata:

Was dachten Sie, als Sie damit anfingen, den Wii-Prototyp für ein tragbares System umzusetzen, mit dem man auch unterwegs spielen kann?

Matsumura:

Wir wollten für das tragbare System ein Spiel umsetzen, das man spontan spielen und auch schnell wieder unterbrechen kann.

Iwata:

"Pokémon Rumble" für WiiWare war ursprünglich auch so ein Spiel, aber diesmal wollten Sie diesem Aspekt noch mehr Aufmerksamkeit schenken.

Ishihara:

Ja. Wir haben alles so abgestimmt, dass man immer wieder Spielsitzungen von 15 Minuten spielt, und das mit Pausen dazwischen. Wenn man dann die zweite und dritte Stufe erreicht, hat man das Gefühl, dass das Spiel exponentiell gewachsen ist und wieder ganz neu und überraschend wirkt; deshalb will man auch immer weiter spielen. Das Spiel hat sich in dieser Hinsicht seit "Pokémon Rumble" für WiiWare deutlich weiterentwickelt.

Matsumura:

Wir wollten also nicht einfach ein kompaktes Spiel erstellen, weil es für ein tragbares System erscheinen sollte, sondern wir wollten viel Inhalt unterbringen. Wenn ein Spiel als Vollpreis-Titel im Handel erscheint, müssen die Kunden auch viel geboten kriegen.

Iwata:

Das stimmt.

Matsumura:

In der WiiWare-Version gab es nur einen Modus - das war "Battle Royale". Diesmal haben wir zwei zusätzliche Modi, also insgesamt drei, umgesetzt. Beim

Video: Battle Royale

Mr. Ishihara, Ihre Frau war ja begeistert von dem WiiWare-Titel "Pokémon Rumble". Warum haben Sie dann entschieden, dass Sie den Nachfolger für das Nintendo 3DS-System entwickeln wollten?
Battle Royale kämpfen viele Pokémon gegeneinander, bis nur noch eines übrig ist - so wie im Vorgängerspiel. Außerdem gibt es jetzt einen Teamkampf-Modus , in dem man mit Dreierteams antritt. In diesem Modus kämpfen die anderen Pokémon, die man nicht selbst steuert, automatisch mit.

Iwata Asks
Iwata:

Es ist also wichtig, dass man gute Pokémon als Unterstützung auswählt.

Matsumura:

Richtig. Ein weiterer Modus, den wir hinzugefügt haben, heißt

Video: Frontalkampf

Mr. Ishihara, Ihre Frau war ja begeistert von dem WiiWare-Titel "Pokémon Rumble". Warum haben Sie dann entschieden, dass Sie den Nachfolger für das Nintendo 3DS-System entwickeln wollten?
Frontalkampf . In diesem Modus trifft man nacheinander immer auf einzelne Pokémon aus einer Zehnergruppe.

Ishihara:

Videospiel-Nachfolger werden ja im Laufe der Zeit immer komplexer, nicht wahr?

Iwata:

Normalerweise werden sie schon komplexer, und das bringt natürlich einige Schwierigkeiten mit sich.

Ishihara:

Zu meinen Aufgaben gehörte es diesmal auch, immer wieder zu sagen: "Was Sie auch tun, entwickeln Sie kein Spiel, das am Anfang einfach ist und nach und nach immer schwieriger wird.”

Iwata:

Ah, ja. (lacht)

Ishihara:

Das Spiel wurde einfacher, als wir den Teamkampf-Modus integriert haben, und noch unkomplizierter, als der Frontalkampf-Modus dazukam. Diese beiden Modi haben uns geholfen, ein Spiel umzusetzen, das sehr einfach zu verstehen ist.

Iwata:

Weil Sie das Ziel hatten, ein Action-Spiel zu entwickeln, das jeder spielen kann. Das haben Sie ja vorhin schon erwähnt.

Ishihara:

Genau. Das gefällt mir an den "Pokémon Rumble"-Spielen: dass jeder sie spielen kann. Ich habe darauf geachtet, dass das Spiel auch bei der Weiterentwicklung zu einem Vollpreistitel nicht zu kompliziert oder schwierig wird.

Iwata:

Es hört sich gut an, dass jeder diesen Titel spielen kann, aber wenn man es zu einfach machen würde, könnte es ja auch etwas langweilig werden, nicht wahr?

Ishihara:

Stimmt.

Iwata:

Wie haben Sie das richtige Gleichgewicht gefunden?

Ishihara:

Wie ich schon erwähnt habe, lernt man im Lauf des Spiels viel über die verschiedenen Angriffe. Im "Pokémon-Sammelkartenspiel"5 gibt es ja z. B. auch Spezialfähigkeiten, wie beim Dunklen Glurak . 5Pokémon-Sammelkartenspiel: Ein Spiel mit Sammelkarten, in dem es um Kämpfe zwischen Pokémon geht. Weltweit sind seit der ursprünglichen Veröffentlichung des Spiels im Jahr 1996 viele verschiedene Kartenserien verkauft worden.

Iwata:

Ja.

Ishihara:

Die gibt es auch bei uns in "Super Pokémon Rumble". Manche sorgen für schnelle Bewegung oder stärken die eigenen Gefährten. Es ist also wichtig, so viele Pokémon mit Spezialfähigkeiten wie möglich zu sammeln.

Iwata Asks
Iwata:

Während man also, um es noch einmal mit Ihren Worten zu sagen, auf die verschiedenen Pokémon zurennt, hält man Ausschau nach Pokémon mit nützlichen Spezialfähigkeiten, um sie mitzunehmen.

Matsumura:

Ja. (lacht)

Iwata:

Wie viele Pokémon mit Spezialfähigkeiten gibt es denn ungefähr?

Matsumura:

Diesmal haben wir auch die neuen Pokémon aus "Pokémon Schwarze Edition" und "Pokémon Weiße Edition"6 integriert, deshalb gibt es über 600 Pokémon. Und wenn man die möglichen Kombinationen von Spezialfähigkeiten miteinbezieht, gibt es ungefähr 30 Milliarden Variationen. 6Pokémon Schwarze Edition und Pokémon Weiße Edition: Die neuesten Titel in der Spielreihe; sie wurden im September 2010 in Japan für das Nintendo DS-System veröffentlicht.

Iwata:

Dreißig Milliarden?!

Ishihara:

Jede Begegnung mit einem Pokémon ist also einzigartig.

Matsumura:

Man kann sich wirklich freuen, wenn man auf ein tolles Pokémon trifft.

Ishihara:

So kann man z. B. auch immer eigene Taktiken entwickeln - "Jetzt habe ich dieses Pokémon, deshalb baue ich mir ein passendes Team dazu auf.”

Iwata:

So, wie wenn man sich eine Hand im Sammelkartenspiel zusammenstellt.

Matsumura:

Genau. Im Teamkampf tritt man ja z. B. auch mit drei Pokémon an. Es ist also wirklich wichtig, was man sich für ein Team aufbaut.

Iwata:

Es gibt also verschiedene Möglichkeiten zu spielen.

Ozawa:

Ja. Die Spieler, die z. B. nicht direkt auf die Gegner losgehen möchten, können Teammitglieder mit hoher Angriffskraft auswählen, damit sie sich selber darauf konzentrieren können, von der Seitenlinie Unterstützung zu leisten.

Ishihara:

Die eigenen Teammitglieder greifen automatisch zielgerichtet an, man kann sich also ruhig auf sie verlassen und taktisch aus dem Hintergrund eingreifen.

Iwata:

Mann kann sich zurückziehen und aus sicherer Entfernung die eigenen Teammitglieder heilen, damit man selber keinen Schaden nimmt. (lacht)

Ishihara:

Ja (lacht), das geht auf jeden Fall!