7. Verborgenes Talent weltweit

Iwata:

Ich möchte Sie nun fragen, wie Ihrer Meinung nach die Nutzung von Flipnote Studio die Massen erreichen wird. Was glauben Sie, Mr. Koizumi?

Koizumi:

In meinem ersten Jahr an der Universität, im Studienkurs für Medienkunst, hatten wir eine Vorlesung, in der jeder bei seinem eigenen Film Regie führen konnte. Studenten, die Drehbuchschreiber oder Kameramänner werden wollten, einfach alle mussten bei einem Achtmillimeterfilm Regie führen. Der Film dauerte jeweils drei Minuten.

Iwata:

Also musste jeder Student in die Rolle des Regisseurs in einem dreiminütigen Film schlüpfen.

Koizumi:

Genau. Meiner Meinung nach war das eine einprägsame Rolle. Jeder würde gerne mal einen Film drehen, aber man bekommt kaum die Möglichkeit dazu. Da Animationen mit Flipnote Studio so einfach gemacht werden können, haben viele Personen, von denen wir es gar nicht gedacht hätten, die Möglichkeit Ihr unausgeschöpftes Potenzial zu zeigen. Ich hoffe, Flipnote Studio spornt sie an, allen zu zeigen, was sie können.

Iwata:

Sie meinen, Flipnote Studio könnte verborgenes Talent ans Tageslicht bringen?

Koizumi:

Ja. Jemand vom Tokioter Büro, der kein Designer oder Programmierer ist, hat etwas Unglaubliches damit animiert. Als ich es gesehen habe, dachte ich: "Hier ist der Beweis!"

Iwata Asks
Iwata:

Mr. Kotabe, die Animationen, die Nutzer mit Flipnote Studio kreieren, können im Internet gepostet und anderen Leuten vorgeführt werden. Verborgene Talente aus der ganzen Welt haben nun die gleiche Chance, Ihr Werk global zu demonstrieren.

Kotabe:

Das ist aufregend!

Koizumi:

Ich bin auch aufgeregt!

Iwata:

Wie fällt Ihre Meinung aus, Mr. Miyamoto?

Miyamoto:

Ich teile Mr. Koizumis Ansicht, es ist nur... Ich glaube, ich werde diese Gelegenheit nutzen, um ein bisschen PR-Arbeit für "Wii Music" zu leisten. (lacht)

Alle:

(lachen)

Miyamoto:

"Wii Music" ähnelt Flipnote Studio sehr. Nintendo arbeitet seit längerer Zeit daran, Spiele zu entwickeln, die wie Bearbeitungswerkzeuge funktionieren. Ich glaube, das ultimative Videospiel ist ein computerunterstütztes Design-Werkzeug. Ich habe schon immer gesagt, wenn wir ein perfektes Werkzeug zur Verfügung haben, das dem Nutzer beispielsweise erlaubt, ein Bild seiner Wahl zu zeichnen, wäre das die unterhaltsamste Software schlechthin. Aber es wäre schwer, so etwas zu erreichen.

Iwata:

Es war bislang zu teuer oder zu schwierig, so eine Software zu entwickeln und zu nutzen. Die Last, die damit auf den Schultern der Spieler wiegt, war zu groß.

Miyamoto:

Es ist ein Thema, das wir in all den Jahren immer wieder versucht haben anzusprechen. 2008 haben wir Flipnote Studio und "Wii Music" fertig gestellt. Ich hoffe, eines Tages sagen die Leute von sich, "Wii Music" hat sie inspiriert Musiker zu werden, oder Flipnote Studio sie zu einer Laufbahn als Zeichner ermutigt. Was dies anbelangt, so glaube ich, war das Jahr 2008 der Beginn einer neuen Ära.

Iwata Asks
Iwata:

"Band Brothers DX" ist eine etwas anderes Spiel, aber auch damit kann man Musik anderen Leuten vorführen.

Miyamoto:

2008 war in der Tat ein ertragreiches Jahr! Man sagt oft, diese Art von Projekten würden nicht so gut laufen, ich habe aber das Gefühl, dass sie in der nahen Zukunft, also 2009 und 2010 Erfolge verzeichnen werden.

Iwata:

Außerdem erscheint 2009 noch "Made In Ore"20.

20 "Made in Ore" (Übersetzung des japanischen Titels): Nintendo DS-Software, die 2009 in Japan erscheinen soll. Mit der Software können Spieler Microspiele entwickeln und spielen, die in der WarioWare-Serie erscheinen.

Miyamoto:

Ich möchte, dass jeder Spieler solche Titel nutzt, um damit Spielmöglichkeiten zu eröffnen, die ganz speziell zu seiner Person passen. Früher, wie Mr. Kotabe es ja selbst erfahren hatte, als Leute bei Manga die Nasen gerümpft haben, habe ich in meiner Schule einen Manga-Club ins Leben gerufen. Unser Motto war "Besser Kunst als im Kunst-Club". (lacht)

Alle:

(lachen)

Miyamoto:

In Wahrheit waren wir aber wirklich besser als die Leute vom Kunst-Club! Wir haben sogar die besseren Noten im Kunstunterricht bekommen als sie.

Iwata:

Sie haben die bestehenden Verhältnisse aufgerüttelt und dafür gesorgt, dass Ihre Arbeit anerkannt wird!

Miyamoto:

Ich hoffe, auf die gleiche Weise leitet Flipnote Studio eine neue Ära ein.

Iwata:

Mr. Kotabe, aus Ihrer Sicht des eines Experten, der sein Leben damit verbracht hat, die Kunst von Anime zu meistern, was halten Sie von Programmen wie Flipnote Studio, die wie aus dem Nichts erscheinen?

Kotabe:

Wie ich vorhin bereits erwähnt habe, ist es sehr zugänglich, was, meiner Meinung nach, großartig ist. Selbst das Zeichnen von Daumenkinos war, bis heute jedenfalls, nur Kindern vorbehalten, die besser zeichnen konnten. Mit dem Nintendo DS kann jedoch jeder Zeichnungen anfertigen und sie animieren. Außerdem glaube ich, die Software hat so viele Anwendungsmöglichkeiten. Nehmen wir mal Shiritori-Anime21 als Beispiel.

21 Shiritori ist ein Wortspiel, bei dem Spieler ein Wort sagen, das mit dem letzten japanischen Zeichen des vorherigen Wortes beginnt.

Iwata:

Shiritori-Anime, sagen Sie?

Kotabe:

Ich habe gehört, dass das an Anime-Schulen tatsächlich gemacht wird. Man beginnt zum Beispiel mit einem Kreis, arbeitet sich durch eine Reihe von Änderungen durch, und schließt die Animation mit einem Kreis ab. Wenn jemand etwas anfertigt, das mit einem Kreis beginnt und endet, können alle Kreationen kombiniert werden.

Iwata Asks
Iwata:

Ich verstehe. Es ähnelt Shiritori, weil die Endungen verbunden werden können.

Miyamoto:

Man kann sie in einer Animation zusammenfassen.

Koizumi:

In Version 2 wollen wir eine Funktion einbauen, mit der man Memos aneinander reihen und nacheinander bis zu 30 Minuten lang abspielen kann.

Iwata:

In anderen Worten: Sie können die Arbeit von mehreren Schöpfern zu einer fortwährenden Animation von bis zu 30 Minuten zusammenfassen.

Miyamoto:

Wir müssen eine Anfangsschablone liefern.

Koizumi:

Auch die kommt mit Version 2.

Miyamoto:

Ich kann's kaum erwarten.

Koizumi:

Ich auch! (lacht)

Kotabe:

Mr. Koizumi hat vorhin schon erwähnt, dass man auf diese Weise verborgenes Talent aufdecken kann. Ich glaube aber auch, dass Flipnote Studio für Profis sehr unterhaltsam und interessant sein kann.

Iwata:

Wäre es nicht großartig, wenn, nachdem diese Software überall veröffentlich wird, die Anzahl von Personen, die Anime zeichnen, zunehmen würde? Ich hoffe auch, dass – wie Mr. Miyamoto das schon sagt – Flipnote Studio Leute anspornt, Anime-Zeichner, Filmleute und Videospieldesigner zu werden.

Mr. Kotabe, ich kann mich gar nicht genug bei Ihnen für dieses denkwürdige Gespräch bedanken.

Im Anschluss an dieses Interview haben wir Yoichi Kotabe gebeten,

Video: Yoichi Kotabe

Ich möchte Sie nun fragen, wie Ihrer Meinung nach die Nutzung von Flipnote Studio die Massen erreichen wird. Was glauben Sie, Mr. Koizumi?
sein eigenes Anime mit Flipnote Studio zu zeichnen.