1. Wir möchten ein JRPG-Meisterstück erschaffen

Iwata:

Heute möchte ich gern einige Fragen zu Xenoblade Chronicles 3D stellen, das exklusiv für den New Nintendo 3DS und den New Nintendo 3DS XL erhältlich sein wird. Bei bekannten RPGs ist es nicht ungewöhnlich, dass sie unmittelbar nach der Veröffentlichung wie warme Semmeln weggehen und die Verkaufszahlen bald danach wieder zurückgehen. Als Xenoblade Chronicles1 für die Wii vor fünf Jahren in Japan veröffentlicht wurde, und das Spiel mit einer so beeindruckenden Liebe zum Detail gestaltet worden war, verbreitete sich die Mundpropaganda ganz schnell. Jetzt erscheint Xenoblade Chronicles 3D für den New Nintendo 3DS und den New Nintendo 3DS XL.Wir möchten gern Mr. Takahashi von Monolith Soft2 dazu befragen, was für ein Spiel Xenoblade Chronicles ist. Vielen Dank für das heutige Interview, Mr. Takahashi.1. Xenoblade Chronicles: Ein RPG, das in Europa im August 2011 für die Wii veröffentlicht wurde. Xenoblade Chronicles 3D erscheint im April 2015 für den New Nintendo 3DS und den Nintendo 3DS XL. Das Spiel ist nicht mit dem Nintendo 3DS, dem Nintendo 3DS XL oder dem Nintendo 2DS kompatibel.2. Monolith Soft: Monolith Software Inc.: Eine japanische Videospiel-Entwicklungsfirma, die 1999 gegründet wurde. Die Firma entwickelte unter anderem die Xenosaga-Serie, die Baten Kaitos-Serie (Nintendo GameCube) und Disaster: Day of Crisis (Wii). Ihr Hauptsitz befindet sich in Tokio in Japan.

Takahashi:

Vielen Dank für diese Gelegenheit.

Iwata:

Darf ich Sie bitten zunächst einmal ein wenig zurückzublicken und sich daran zu erinnern, wie Sie sich die Welt von Xenoblade Chronicles vorstellten, als Sie mit der Entwicklung der Wii-Version begannen?

Takahashi:

Gern. Mein erster Gedanke war, ein Meisterstück innerhalb des JRPG3- Genres zu erschaffen. Während ich also auf die Fertigstellung des Spiels hinarbeitete, trug ich sorgfältig all die vielen Elemente zusammen, um mein Ziel Wirklichkeit werden zu lassen.3. JRPG: Ein in Japan erstelltes Rollenspiel, das häufig rundenbasierte Kämpfe enthält.

Iwata Asks
Iwata:

JRPG bezieht sich auf in Japan erstellte RPGs, die dort eine einzigartige Entwicklung durchlaufen haben. Der Ausdruck wird häufiger in anderen Ländern als in Japan verwendet. Nach der Veröffentlichung der Wii-Version von Xenoblade Chronicles waren viele Leute der Ansicht, dass sich die Qualität von Xenoblade Chronicles maßgeblich von allen innerhalb der letzten Jahre veröffentlichten JRPGs abhob.In dieser Hinsicht können Sie schon sagen, dass Sie Ihr Ziel – oder sollten wir besser sagen: Ihren Wunsch – ein Meisterstück zu erschaffen, erreicht haben.

Takahashi:

Ja, das stimmt.

Iwata:

Die Leute äußerten Dinge wie: „Ich könnte für immer in dieser Welt verbleiben” oder „Ich möchte nicht, dass das Spiel jemals zu Ende geht”, selbst wenn Sie schon länger als 100 Stunden gespielt hatten44. Mehr als 100 Stunden spielen: Der Xenoblade Chronicle-Spielzeitzäher hielt bei 99 Stunden und 59 Minuten an. Xenoblade Chronicles 3D kann jedoch bis zu 999 Stunden und 59 Minuten anzeigen.

Takahashi:

Wir sind so dankbar dafür.

Iwata:

Ein schöneres Kompliment kann es doch nicht geben, oder? Als wir EarthBound5 erstellten, machte es mich so glücklich, die Leute sagen zu hören: „Ich möchte nicht, dass dieses Spiel jemals zu Ende geht.“ Hatten Sie damit gerechnet, dass das Spiel eine so positive Resonanz finden würde, als Sie daran arbeiteten? 5. EarthBound: Ein RPG, das in Japan für den Super NES im August 1994 erschien und in Europa erstmals 2013 über die Wii U Virtual Console zur Verfügung gestellt wurde. Satoru Iwata, der zu dieser Zeit der Präsident von HAL Laboratory, Inc. war, war auch an der Programmentwicklung beteiligt.

Takahashi:

Um ehrlich zu sein, hatten wir mit einer relativ starken Resonanz in Japan gerechnet.

Iwata:

Dann müssen Sie bereits während der Entwicklung ein sicheres Gefühl für die Resonanz des Spiels gehabt haben.

Takahashi:

Ja. Aber die Resonanz aus dem Ausland kam für mich schon ziemlich überraschend…

Iwata:

Warum das?

Takahashi:

Den meisten Amerikanern gefallen realistische Spiele in hochauflösender Grafik.

Iwata:

Ja. Sie scheinen großformatige Spiele mit großem Freiraum zu bevorzugen.

Takahashi:

Daher war ich überrascht, dass User, die an eine solche Art von Spiel gewöhnt waren, unser Spiel gekauft und ausprobiert haben.

Iwata:

Dann waren Sie sich also nicht sicher, ob Leute, die an diese Art von Spielen gewöhnt waren, ein Spiel wie Xenoblade Chronicles mögen würden?

Takahashi:

Das stimmt. Ich dachte, sie hätten vielleicht genug von JRPGs.

Iwata:

Oh, ich verstehe. In den 90er Jahren zog das JRPG-Genre Spieler aus der ganzen Welt in seinen Bann. Doch fielen die Gamer-Kritiken in der westlichen Welt zu diesem Genre nicht mehr so positiv aus wie zuvor. Daher nahmen Sie wohl an, dass diese Spieler Xenoblade Chronicles vielleicht nicht wieder aufgreifen würden.

Iwata Asks
Takahashi:

Ja, genau.

Iwata:

Das hat sich jedoch nicht bewahrheitet. Die Fans in den USA schienen, schließlich eine Entwicklung der JRPGs zu bemerken. Wie kam es Ihrer Meinung nach dazu?

Takahashi:

Wenn ich zurückblicke, so frage ich mich, ob das Spiel vielleicht die Vorlieben der Gamer bediente.

Iwata:

Vielleicht hatten die Fans aus den 90er Jahren das Gefühl, dass die Weiterentwicklung der RPGs, der sie entgegengefiebert hatten, niemals stattgefunden hatte und hofften nun mit Xenoblade Chronicles auf diese Weiterentwicklung.

Takahashi:

Das mag sein. Und ich glaube, das Spiel unterschied sich grundlegend von Spielen, die in Amerika hergestellt werden. Einer der Unterschiede besteht darin, dass der dem Spiel immanente Heroismus der JRPGs sehr glücklich umgesetzt wurde. Dieser ermöglicht es den Spielern, selbst zum Helden, zur Hauptfigur werden. Andererseits – und das ist meine persönliche Meinung – werden amerikanische Spiele zwar sehr gut und mit viel Liebe zum Detail erstellt, haben jedoch immer etwas Stoisches an sich. Oftmals gerät bei ihnen der Aspekt des Heroismus ein wenig ins Hintertreffen.

Iwata:

Die Helden amerikanischer Spiele wirken in der Tat oft sehr stark.

Takahashi:

Ja.

Iwata:

Die Protagonisten der JRPGs sind jedoch nicht besonders stark. Sie erscheinen wie alltägliche Leute, denen man einfach auf der Straße begegnen könnte, die nur ein bestimmtes Schicksal haben und von einer gewissen Macht in Dinge hineingezogen werden, die sie selbst nie für möglich gehalten haben. Hätte aber diese Art von Story den Amerikanern nicht gefallen, dann wäre Star Wars6 nicht solch ein Hit geworden. Denn bei diesem Film geht es ja genau um diese Story.6. Star Wars: Ein beliebter Science-Fiction-Filmserie von Lucasfilm. Der erste Film, Episode IV: Eine neue Hoffnung kam 1977 heraus.

Takahashi:

Das stimmt. Ich glaube aber auch, dass sich die Tatsache, dass ich in Japan mit seiner einzigartigen Comic-Kultur aufgewachsen bin, maßgeblich auf das Spiel ausgewirkt hat. So war ich in der Lage, diesen gewissen Reiz der Comics ganz sanft in die Spielwelt einzubetten.

Iwata:

Die japanischen Comics erfreuen sich derzeit in der westlichen Welt großer Beliebtheit.

Takahashi:

Richtig. Ich denke, die Leute haben jetzt ihren Reiz verstanden.

Iwata Asks
Iwata:

Natürlich ist auch mir die starke Reaktion von Leuten auf Xenoblade Chronicles aufgefallen, denen japanische Comics und Anime gefallen. Doch hierbei geht es nicht nur um deren Reiz.

Takahashi:

Richtig.

Iwata:

Man hat den Eindruck, dass die Leute, denen das JRPG-Genre insgesamt gefällt, bei diesem Spiel völlig außer sich vor Freude waren. Wahrscheinlich hatten Sie das Gefühl, die Zeit der nächsten JRPG- Generation sei schließlich gekommen. Die ausländischen Verkaufszahlen wären nie höher als die japanischen gewesen, wenn dies nicht der Fall gewesen wäre.

Takahashi:

Völlig richtig.

Iwata:

Darf ich, weil gerade die Comic-Hefte angesprochen haben, kurz vom Thema abschweifen und Sie fragen, welche anderen kulturellen Einflüsse Sie haben?

Takahashi:

Gern.