Wir haben noch etwas Zeit, also würde ich Sie gerne etwas fragen: Welche Wendungen und Irrwege gab es, seit es mit der Entwicklung von "Band Brothers" in der Zeit des Game Boy losging?
Tja, zuerst wollten wir eigentlich ein Tanzspiel entwickeln. Diese Spiele waren zu der Zeit sehr beliebt.
Warum haben Sie dann doch kein Tanzspiel gemacht?
Wir konnten einfach nicht tanzen. Wirklich keiner von uns.
(lachen)
Dann war das wohl von Anfang an kein besonders gut durchdachter Plan!
Ursprünglich war ich Designerin - ich hatte vorher noch nie ein Spiel entwickelt. Nachdem ich mich wieder gefangen hatte, hab ich mir das Entwicklungsteam mal genau angesehen. Mir fiel auf, dass es Leute gab, die sehr gern Musikinstrumente spielten. Da dachte ich: "Tanzen scheidet aus, aber wir könnten ja vielleicht ein Band-Spiel machen..."
…weil Sie also anfangs kein klares Ziel vor Augen hatten, hat sich die Richtung des Projekts natürlich verändert.
Aber mir war das Projekt schon sehr wichtig.
Sie wollten der Welt ja schließlich Barbara vorstellen... Sie dachten, Sie könnten diesen Wunsch mit dem Sound-Chip verwirklichen, und wenn ein Tanzspiel nicht funktionieren würde, dann könnten Sie aber bestimmt ein Musikinstrumentenspiel machen, nicht wahr?
Diese Idee war vielleicht nicht ganz durchdacht... Es gab nicht viel Speicherplatz auf den Modulen für den Game Boy Color; wir wussten also, dass wir nicht alle Instrumentenklänge auf einem Modul unterbringen konnten. Wir mussten irgendetwas machen, also kamen wir auf die Idee, für jedes Instrument ein eigenes Modul zu verwenden...
Wieder eine etwas undurchdachte Idee… (lacht)
Aber es war die Idee, dass sich die Leute mit verschiedenen Instrumenten-Modulen treffen könnten, um Jam-Sessions zu spielen, die den Grundstein für das "Band Brothers"-Konzept gelegt hat. Die Entwicklung des Game Boy Advance hat viele Probleme gelöst, und deshalb konnten wir eine Präsentation bei der Tokyo Game Show 2001 machen…
Zu diesem Zeitpunkt konnte man über die Lautsprecher der Konsole nur das Instrument hören, das man selber gespielt hat. Wir wollten aber dafür sorgen, dass die Spieler auch die Instrumente der anderen hören konnten. So kamen wir auf die Idee, einen separaten Lautsprecher mit dem Spiel zu verkaufen. Dabei hat mich allein schon der visuelle Eindruck überzeugt...
Die Leute waren sehr überrascht, als Sie die Software-Präsentation sahen. Das Entwicklungsteam - darunter auch Sie, Ms. Kitamura - hat zusammen gespielt und schien sehr viel Spaß dabei zu haben. Sie sind durch die ganze Firma gezogen und haben Präsentationen gemacht, nicht wahr?
Genau, und damit die Präsentationen noch mehr Eindruck machten, haben wir eine Zeit lang zusammen Jam-Sessions geübt, um herauszufinden, wie unsere Performance sein sollte. Wir haben auch Kostüme angezogen, bevor wir unsere Präsentationen machten.
Sie haben auch eine Präsentation in Mr. Yamauchis (damaliger Präsident von Nintendo) Büro abgehalten, nicht wahr?
Ich erinnere mich nur noch daran, wie aufgeregt ich war.
Wie war das für Sie, als die Entwicklung dann eingestellt wurde?
Das war ein richtiger Schock... Als Sie dann Präsident wurden, Mr. Iwata, und den Fragebogen an alle schickten, dachte ich an diese Redewendung: "Ein Ertrinkender greift nach jedem Strohhalm." Ich hatte das Gefühl, dass Sie uns einen Rettungsring zugeworfen haben.
Den Fragebogen habe ich per Email an alle Entwickler bei Nintendo geschickt, weil ich wissen wollte, was alle Leute in der Entwicklungsabteilung zu der Zeit so dachten. 99% der Leute haben meine Fragen sachgemäß beantwortet, aber einige Leute haben sehr ausführlich über Dinge geschrieben, die im Fragebogen gar nicht angesprochen wurden... Ms. Kitamura war eine dieser Personen. (lacht)
Ich habe geschrieben: "Lassen Sie uns wieder an 'Game Boy Music' arbeiten."
Ich erinnere mich, dass es etwas ausführlicher war… (lacht)
Ich glaube, "Band Brothers" wäre nie fertig gestellt worden, wenn dieser Fragebogen nicht gewesen wäre. Der Name war ja auch Ihre Idee, Mr. Iwata.
Die Ähnlichkeit zu "Super Smash Bros." ist ja offensichtlich*. Ich glaube nicht, dass das normalerweise genehmigt worden wäre. (lacht)Ich erinnere mich, dass ich gerne erreichen wollte, dass viele Leute vertraut mit der Software sind und den Namen als "BanBro" abkürzen würden. *Der japanische Name von "Super Smash Bros." Ist "Dairanto! Smash Brothers", und "Jam with the Band" heißt im Original "Daigasso! Band Brothers".
Ich fand auch, dass die Worte Barbara und Banbro gut zueinander passten, deshalb war ich sehr von diesem Namen überzeugt.
Wie sind Sie überhaupt auf Barbara gekommen?
Wir wollten keine gewöhnliche Figur. Wir wollten eine Figur, die man so noch nie in einem Nintendo-Spiel gesehen hatte.
Ich verstehe. Deshalb wirkt sie also etwas schräg. Aber mittlerweile ist Barbara - die Figur, die niemand in einem Spiel verwenden wollte - neben "Band Brothers" auch schon in anderen Software-Titeln aufgetaucht, z.B. in dieser Version von "Jam with the Band" und in "English Training."
Stimmt. Darüber freue ich mich auch sehr.
Wie sind Sie auf Barbaras Persönlichkeit gekommen?
Ich habe sie zuerst einfach als 'böses Mädchen' entworfen, aber ihre Persönlichkeit war nicht nur meine Idee. Alle Teammitglieder haben zu dem beigetragen, was sie heute ist. Es ist auch sehr praktisch, sie als Figur dabei zu haben. Wenn im Spiel irgendetwas schief läuft, können wir es immer auf Barbara schieben. Es ist nicht wichtig, wer die Texte für sie geschrieben hat; sie macht eh ihr eigenes Ding daraus. (lacht)
Wenn ich Texte geschrieben und an Ms. Kitamura geschickt hatte, hörten sie sich einfach total nach Barbara an, wenn ich sie später zurückbekam.
Hm? Ich habe Ihnen doch gesagt, ich habe überhaupt nichts daran verändert.
Ich fand ja sogar, dass Ms. Kitamura wie ein Doppelgänger von Barbara aussah, wenn sie sich so entschlossen für das Projekt eingesetzt hat. Normalerweise ist sie ja gar nicht so; es wirkte manchmal fast, als wäre sie irgendwie besessen. (lacht)
Wenn ich die Wahl hätte, von was ich besessen sein könnte, würde ich einen Bubblegum-Popstar wählen!
(lachen)
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