Marios Markenzeichen sind sein Schnauzer, seine Kappe und seine Latzhose. Warum haben Sie sich für dieses Aussehen entschieden? Das haben Sie sicherlich schon unzählige Male erzählt, aber ich möchte diese Gelegenheit ergreifen und Sie bitten, es uns noch einmal zu verraten.
Aber natürlich. Der ursprüngliche Mario war ein 16 x 16 Pixelbild. Damals waren westliche Spiele, bei denen menschliche Figuren vorkamen, immer in lebensnahen Proportionen gezeichnet.
Es schien geradezu, dass die Entwickler erst dann glücklich waren, wenn sie eine Figur von proportional acht Fuß gezeichnet haben.
Manchmal waren es auch nur sechs Fuß. Die Anzahl an Pixeln, die wir verwenden konnten, war aber begrenzt. Hätten wir das getan, wären uns nur ein paar Pixel für das Gesicht geblieben.
Mit zwei Pixeln wären Sie nicht mal in der Lage, Augen zu zeichnen. Die Figur würde dann wie ein Strichmännchen aussehen. Die ersten westlichen Spiele zeigten solche Arten von Figuren.
Da diese Figuren überhaupt keine menschlichen Züge hatten, war ich absolut davon überzeugt, dass sie von Leuten entworfen wurden, die nicht zeichnen können!
(lacht)
Ich dachte, vermutlich haben Programmierer diese Figuren gezeichnet. Aber ich dachte auch: "Ich kann zeichnen!" Ich will nicht behaupten, dass ich wie ein Künstler zeichnen kann, aber ich war überzeugt, dass ich im Zeichnen besser als ein Programmierer war. Deshalb legte ich gleich los und sagte: "Lasst uns etwas zeichnen, das einem menschlichen Gesicht wenigstens etwas ähnlich sieht!" Also habe ich die Augen gezeichnet, die Nase, den Mund und...
Nie im Leben hätten Sie dafür genügend Pixel zur Verfügung gehabt, nicht wahr?
Ja, es hat nicht gereicht. Bevor man sich versah, hat man 8 x 8 Pixel sofort verbraucht. Wenn man aber eine Nase zeichnet und dann einen Schnauzbart, weiß man nicht so recht, ob das ein Mund oder ein Schnauzer ist, und spart sich so wertvolle Pixel.
Wenn Sie also einen Schnauzer zeichnen, müssen Sie keinen Mund zeichnen.
Wenn man den Mund nicht zeichnen muss, macht das einen großen Unterschied aus. Man benötigt nur einen Pixel für das Kinn und wenn man zwei vertikale Pixel zeichnet, hat man zwei Augen, die hoffentlich niedlich aussehen. (lacht) Da man außerdem Haar nicht vollständig zeichnen kann, lässt man ihn einen Hut tragen, um die Haare auf ein paar wenige Pixel zu reduzieren.
Also trägt Mario seine Kappe, um die Anzahl von Pixeln gering zu halten?
Bedenken Sie, wenn man einer Figur Haare schenkt, hat man auch das Problem, dass man sie animieren muss. Wenn man aber einen Hut zeichnet, kann man die Augen gleich darunter platzieren.
Und damit ist das Gesicht schon vollständig.
Wenn man dann den Körper mit den übrig gebliebenen Pixeln zeichnen soll, muss man natürlich mit einigen Einschränkungen leben. Da wir ihn auch richtig laufen lassen wollten, mussten wir ihn animieren und dafür konnten wir nur drei unterschiedliche Frames verwenden. Mario bewegt beim Laufen seine Arme, damit man diese Bewegungen aber besser sieht, überlegte ich mir, die Farbe der Arme und des Körpers unterschiedlich anzusetzen. Ich habe mich gefragt, ob es ein Outfit gibt, auf das dieses zutrifft...
So kamen Sie auf die Idee mit der Latzhose! (lacht)
Genau! Latzhosen waren unsere einzige Option! So kam es also dazu, dass wir Mario in Latzhosen gesteckt haben. Zu unserem Glück fand das Spielgeschehen auf einer Baustelle statt, so dass wir dachten, wir können nur einen Schreiner aus ihm machen! (lacht)
Man bekommt ein Gefühl der Unvermeidlichkeit, wenn man Ihnen so zuhört! (lacht)
Dann verpassten wir Mario noch ein paar weiße Handschuhe, damit seine Bewegungen beim Springen leichter erkennbar sind.
Das gesamte Design wurde also in seiner Form durch Funktion bestimmt. Ihr Fachgebiet, industrielles Design, ist im Endergebnis absolut erkennbar. Und weil Mario ständig gesprungen ist, war er zunächst als "Jumpman" bekannt, nicht wahr?
Nun ja, ich habe ihn immer "Mr. Video" genannt. Mein Plan war, dieselbe Figur in jedem Spiel einzusetzen, das ich entwickeln würde.
Sie hatten das schon von Anfang an geplant? Warum hatten Sie vor, ihn in jedem Spiel einzusetzen, dass Sie entwickeln sollten?
Ich dachte da an die Art und Weise wie Hitchcock7 in allen Filme, in denen er Regie geführt hat, selbst auftauchte. Das war richtig cool! (lacht)7 Alfred Hitchcock (1899-1980) war ein britischer Filmregisseur, der als Meister des Suspense-Kinos bekannt war. Er führt Regie in zahlreichen Filmen, darunter "Rebecca" (1940), "Bei Anruf Mord" (1954), "Psycho" (1960) und "Die Vögel" (1963).
(lacht)
Oder nehmen wir Manga-Künstler wie Osamu Tezuka8 und Fujio Akatsuka9 als Beispiel, die dieselben Charaktere in verschiedenen Ihrer Arbeiten auftauchen lassen. Ich glaube, das hatte damals einen großen Einfluss auf mich.8 Osamu Tezuka (1928-1989) wird allgemeinhin als Mitbegründer des japanischen Manga gesehen, der gleichzeitig zu dessen Weiterentwicklung beigetragen hat. Seine bekanntesten Werke sind unter anderem "Astro Boy", "Kimba, der Weiße Löwe" und "Black Jack". 9 Fujio Akatsuka (1935-2008) war einer der führenden Manga-Künstler, deren wichtigste Werke humorvolle Mangas wie "Osomatsu-kun", "Tensai Bakabon" und "Moretsu Ataro" sind.
Wenn Sie daran gedacht haben, die Figur in vielen Titeln zu verwenden, müssen Sie sehr damit zufrieden gewesen sein, wie Ihnen Mario gelungen ist.
Ich hatte das Gefühl, eine ziemlich solide Figur geschaffen zu haben, daher dachte ich: "Diese Figur setze ich von nun an möglichst oft ein!" Deshalb habe ich auch entschieden, dass ein solider und beeindruckender Name wie "Mr. Video” am besten zu dieser Figur passen würde. Wenn ich aber zurückdenke, glaube ich nicht, dass ich bei diesem Namen geblieben wäre. Eigentlich ist jemand bei Nintendo of America auf den Namen Mario gekommen. Wäre die Figur "Mr. Video" genannt worden, wäre sie schon lange von der Bildfläche verschwunden. (lacht)
(lacht) Gut, machen wir mit dem Spiel weiter, in dem Mario nach "Donkey Kong" erschienen ist...
Das war "Mario Bros." 10.10 "Mario Bros." war ein Jump'n'Run-Spiel, das 1983 in Japan sowohl als Arcade- als auch als Famicom-Version erschienen ist.
"Mario Bros." war ein ziemlich beeindruckendes Spiel. Die Schildkröten, die aus dem Spielfeld entfernt werden konnten11, und die charakteristische Spielwelt sind Elemente, die in "Super Mario Bros." fortgeführt wurden. 11 Die Schildkrötenpanzer konnten nur in der Arcade-Version von "Mario Bros.", nicht aber in der Famicom- oder Game Boy Advance-Version entfernt werden.
Das stimmt. "Mario Bros." ist in Zusammenarbeit mit Mr. Yokoi entstanden. Er hat vorgeschlagen, dass Spieler darin gegeneinander antreten sollten, da haben wir bei der Entwicklung angesetzt. Wenn Mario in "Donkey Kong" über eine gewisse Distanz gefallen ist, die höher als seine Körpergröße war, verlor der Spieler einen Versuch. Dieses Mal sagte Mr. Yokoi: "Warum lassen wir ihn nicht höher springen und tiefer fallen?" Ich habe zunächst gedacht, wenn wir das tun, taugt das Spiel nicht mehr viel. Als ich immer mehr darüber nachgegrübelt habe, dachte ich: "Warum sollte Mario eigentlich nicht in der Lage sein, übermenschliche Aktionen durchzuführen?" Wir stellten einen Prototyp zusammen, bei dem Mario nach Belieben herumlaufen und springen konnte, und stellten fest, dass es viel Spaß machte.
Also war Mario in der Lage, höher zu springen als in "Donkey Kong".
Genau. Zu diesem Zeitpunkt haben wir aber so etwas wie eine Sackgasse erreicht – wir haben uns gefragt, was für eine Art Spiel es werden sollte. Dann sagte Mr. Yokoi, der Probleme gerne von Grund auf anpackte: "Da wir ja diese ganzen Ebenen haben, warum sorgen wir nicht dafür, dass Mario von unten darauf schlagen kann, um die Gegner zu besiegen?" Als wir das versucht haben, stellten wir fest, dass es unglaublich leicht war. Bevor man sich versah, waren keine Gegner mehr übrig.
Man konnte die Gegner von unten treffen, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen.
Das machte das Spiel viel zu leicht. Deshalb sorgten wir dafür, dass man die Gegner betäuben konnte, aber immer noch nach oben springen musste, um ihnen den letzten Stoß zu versetzen.
Man musste einen finalen Angriff durchführen.
Das hat uns auf die Idee gebracht, dass wir einen Gegner brauchen, der einen Schlag von unten übersteht und sich sogar davon erholen kann. Wir haben uns die Gehirne zermartert...
So sind Sie also auf die Schildkröte gekommen! (lacht)
Die Schildkröte war die einzige Lösung! (lacht) Schlägt man von unten auf sie, kippt sie um! Lässt man sie so liegen, steht sie irgendwann von selbst wieder auf!
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