Wir haben gerade darüber gesprochen, dass Mr. Koizumi von "Super Mario 64" bis zu "The Legend of Zelda: Ocarina of Time" viele unrealistische Forderungen gestellt hat. Lassen Sie uns aber noch einmal am Anfang beginnen. "Super Mario Bros." erschien (in Japan) im September 1985 und "The Legend of Zelda" kam direkt im Anschluss im Februar 1986 auf den Markt. Ich habe den Eindruck, dass "Super Mario Bros."- und "The Legend of Zelda"-Spiele oft parallel entwickelt werden. Beim Nintendo 64-System war die Herausforderung, diese beiden Titel in 3D umzusetzen. Mr. Koizumi, ich glaube, Sie waren Mr. Miyamoto während der Entwicklung damals doch am nächsten. Was haben Sie gedacht?
Ich meine auch, dass diese Spiele oft parallel entwickelt worden sind. Sie fielen damals beide in die Kategorie "Open-World-Action-Spiele in 3D" und mir war nicht wirklich klar, wie sie sich voneinander unterschieden.
Man könnte sagen, dass der Unterschied darin besteht, dass man bei "The Legend of Zelda" keinen Knopf drücken muss, um zu springen.
Aber als wir mit der Entwicklung von "The Legend of Zelda: Ocarina of Time" angefangen haben, musste man auch noch einen Knopf drücken, um zu springen.
Das automatische Springen gab es am Anfang nicht.
Richtig. Wir konnten kein "Super Mario Bros."-Spiel umsetzen, in dem man nicht springt, aber als wir dann tatsächlich an "Super Mario 64" gearbeitet haben, war die Action schon sehr anspruchsvoll. Wenn man zum Beispiel einen Gegner direkt vor sich hatte, den man angreifen wollte, waren die Achsen oft verschoben; es war also sehr schwierig.
Ja, stimmt. Als ich bei 'HAL Laboratory' war und darüber nachdachte, wie wir die Kirby-Reihe auf dem Nintendo 64-System umsetzen konnten, hatten wir auch diese Schwierigkeiten.
Ah, ja. (lacht) Bei der Arbeit an "Super Mario 64" dachten wir die ganze Zeit über "The Legend of Zelda" nach und sprachen sogar darüber, das Action-Element bei "The Legend of Zelda" zu reduzieren und dafür das Rätsel-Element zu verstärken.
Sie dachten also gleichzeitig über beide Spiele nach.
Ja. Bei der Arbeit an "Super Mario 64" schrieb ich sogar Notizen dazu, was ich bei "The Legend of Zelda" erreichen wollte. Als ich dann mit der Arbeit an "The Legend of Zelda: Ocarina of Time" angefangen hatte, habe ich diese Notizen wieder herausgesucht und aufmerksam durchgelesen.
Was für Dinge hatten Sie sich aufgeschrieben?
Alles Mögliche; zum Beispiel, dass man mit einem Schwert gegen viele Gegner kämpfen sollte. Das "Super Mario 64"-Projekt war unheimlich schnell vorbeigegangen, deshalb konnte ich viele Dinge nicht umsetzen, die ich eigentlich verwirklichen wollte, und all diese übrig gebliebenen Ideen wollte ich bei "The Legend of Zelda: Ocarina of Time" umsetzen.
Aus "The Legend of Zelda: Ocarina of Time" ist dann ein riesiges Projekt geworden, an dem damals fast alle Mitarbeiter des EAD beteiligt waren, aber wie viele Leute waren es denn ursprünglich?
Drei.
Bevor Mr. Koizumi dazugekommen ist, haben Mr. (Jin) Ikeda6 und ich zu zweit angefangen! 6 Jin Ikeda: Mitarbeiter des Software Development & Design Department s in der Software Planning & Development Division bei Nintendo. Er hat am Charakterdesign für "The Legend of Zelda: Ocarina of Time" gearbeitet.
Oh, tatsächlich?
Mr. Koizumi, Sie haben damals noch an "Super Mario 64" gearbeitet, nicht wahr?
Ah, Sie sind also zu diesem Projekt gekommen, nachdem Sie mit der Arbeit an "Super Mario 64" fertig waren.
Ja, stimmt.
Mr. Osawa, wie kam es zu Ihrer Beteiligung an "The Legend of Zelda: Ocarina of Time"?
Man hat mich gefragt, ob ich die Rolle des Directors übernehmen würde, und ich habe sofort zugesagt. Ich hatte ja keine Ahnung, dass daraus so eine riesige Aufgabe werden würde! (lacht)
Sie haben also eher beiläufig zugesagt. (lacht)
Aber es hat sich doch definitiv gelohnt, oder?
Ja, absolut.
Ich wollte schon immer einmal an einem "The Legend of Zelda"-Spiel arbeiten, seit ich bei Nintendo bin. Glücklicherweise hat sich diese Gelegenheit ergeben, also habe ich mich sofort dafür gemeldet. Aber bevor wir zum Projekt dazugekommen sind, hatte Mr. (Takao) Shimizu7 ein Chanbara(Schwertkampf)-Demo-Video erstellt. 7 Takao Shimizu: Mitarbeiter des Tokyo Software Development Departments in der Entertainment Analysis & Development Division bei Nintendo. Er war Director bei "Star Fox 64" und hat später an vielen weiteren Titeln gearbeitet, darunter auch "Super Mario Sunshine" und "Super Mario Galaxy".
Ach ja, richtig. Wenn ich mich richtig erinnere, wurde das Demo-Video 1996 auf der E38 gezeigt. 8 E3 (Electronic Entertainment Expo): Eine Videospielemesse, die normalerweise einmal im Jahr in Los Angeles stattfindet.
Stimmt. Aber Mr. Shimizu war dann mit einem anderen Projekt beschäftigt, deshalb sagte er einfach: "Den Rest überlasse ich Ihnen!"
War dieses andere Projekt "Star Fox 64"9? 9 Star Fox 64: Ein 3D-Flugkampfspiel, das im April 1997 in Japan für das Nintendo 64-System veröffentlicht wurde. In Europa erschien es unter dem Namen "Lylat Wars".
Genau. Also habe ich das Projekt übernommen und Mr. Shimizu sagte mir noch einige Dinge, die ich umsetzen sollte. Er wollte, dass ich ein "Legend of Zelda"-Spiel mit Action im Chanbara-Stil entwickle.
Wenn die Leute über "The Legend of Zelda: Ocarina of Time" sprechen, erwähnen sie verschiedene Dinge, wie z. B. die dramatische Handlung, das Rätsellösen, das Reiten über die weiten Steppen und wie cool Link ist, aber es fing mit dem einfachen Ziel an, ein "Legend of Zelda"-Spiel umzusetzen, das verwegene Action im Chanbara-Stil bietet!
Ja. Ich habe mit der Arbeit an dem Skript angefangen und dabei die ganze Zeit an Chanbara gedacht. Dann stieß Mr. Koizumi zu uns und auf einmal waren wir zu dritt.
Ich war auch ein großer Fan von "Zelda II: The Adventure of Link" 10, so wie Mr. Shimizu. 10 Zelda II: The Adventure of Link: Ein Action-Adventure-Spiel, das im Januar 1987 in Japan für das Family Computer Disk System veröffentlicht wurde.
Sie waren so begeistert, dass Sie selber ein Spiel machen wollten?
Genau. So könnte man es sagen, aber vor "Super Mario 64" hatte ich mit Mr. Miyamoto bereits an einer Polygon-Version von "Zelda II: The Adventure of Link" gearbeitet.
Noch vor "Super Mario 64"... Sie meinen also für das Super Famicom-System?
Ja. Wir haben mit einem schmalen Polygon-Link experimentiert, den man beim Kämpfen mit seinem Schwert von der Seite sehen konnte. Die Chanbara-Sache stand damals noch nicht fest. Wir konnten "Zelda II: The Adventure of Link" damals nicht komplett auf diese Weise umsetzen, aber ich hatte auch weiterhin den Wunsch, ein "Legend of Zelda"-Spiel mit Schwertkämpfen umzusetzen, bis ich dann zu diesem Team gekommen bin.
Die Idee, ein "Legend of Zelda"-Spiel mit Action im Chanbara-Stil umzusetzen, gab es also schon länger.
Ja.
Woran haben Sie dann zuerst gearbeitet, als Sie als drittes Mitglied zum Entwicklerteam gekommen sind?
Zuerst habe ich mit Mr. Miyamoto darüber gesprochen, dass wir das neue "The Legend of Zelda"-Spiel für das Nintendo 64-System entwickeln wollten, und er fragte mich: "Warum machen wir es nicht so, dass man Link gar nicht sieht?"
Hm?! Das hat Mr. Miyamoto gesagt?!
Ja. Er wollte daraus ein Spiel in der Ego-Perspektive machen.
Oh, er wollte einen FPS (First-Person-Shooter) umsetzen.
Genau. Am Anfang hatte er die Idee, dass man erst in der Ego-Perspektive herumläuft und dass die Ansicht geändert wird, sobald ein Gegner auftaucht. Dann sollte man Link sehen und von der Seite auf den Kampf blicken.
Damals hieß es, dass ein 3D-Charaktermodell das Nintendo 64-System genauso stark beanspruchen würde wie die Darstellung aller Hintergründe.
Richtig. Und durch meine Erfahrungen aus der Entwicklung von "Super Mario 64" wusste ich, dass es sehr schwierig werden würde, die ganze Zeit einen Charakter darzustellen, der sich über eine weite Fläche bewegt. Aber ich habe nicht ein einziges Mal ausprobiert, eine Szene in der Ego-Perspektive umzusetzen - was Mr. Miyamoto gegenüber ja nicht besonders nett war!
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