5. Was wir nicht umsetzen konnten

Iwata:

Während der Entwicklung - anderthalb Jahre vor der Veröffentlichung des Spiels - mussten Sie auf einmal 3D-Modelle und Animationen nicht nur für den erwachsenen, sondern auch für den jungen Link entwerfen. Mr. Koizumi, wie haben Sie dieses Problem gelöst?

Koizumi:

Wir haben es mit einem einfachen Trick gelöst. Wir haben bemerkt, dass wir bestimmte Werte des 3D-Modells des erwachsenen Links einfach skalieren und so die bereits bestehenden Elemente entsprechend anpassen und weiterverwenden konnten.

Iwata:

Sie stellten fest, dass Sie die Animationen des erwachsenen Links auch für den jungen Link verwenden konnten.

Koizumi:

Ja. Es gab eine technische Lösung, also sagte ich: "Wir können den jungen Link auf jeden Fall umsetzen" und habe der ganzen Idee zugestimmt.

Iwata:

Aber bei der Umgestaltung des erwachsenen Links zum jungen Link konnte man bestimmt nicht alles unverändert übernehmen, oder?

Koizumi:

Stimmt. Ich musste den jungen Link noch überarbeiten, also habe ich die Hälfte der Animationen noch einmal neu gestalten müssen.

Iwata:

Wie viele Grundbewegungen haben Sie dann am Ende für Link entworfen?

Koizumi:

Das waren ungefähr 500 Bewegungsmuster. Dazu kamen die Programmierungskombinationen und noch einige andere Animationen. Ein Grund dafür, dass wir so viele Animationsmuster umsetzen konnten, waren die ROM-Module des Nintendo 64-Systems.

Iwata:

Sie haben "The Legend of Zelda: Ocarina of Time" ja ursprünglich für das Nintendo 64DD-Zubehör13 entwickelt. 13 Nintendo 64DD: Ein Zubehörgerät für das Nintendo 64-System, das von RANDnetDD veröffentlicht wurde. Es kam 1999 auf den Markt und wurde bis 2001 unterstützt.

Koizumi:

Ja. Mr. Miyamoto sagte, dass er einige besondere Ideen hätte, z. B. sollten Links Fußspuren alle komplett erhalten bleiben.

Iwata:

Stimmt. (lacht)

Koizumi:

Zuerst haben wir das Spiel für das Nintendo 64DD entwickelt. Aber das Einlesen der Daten von den Magnet-CDs war ...

Iwata:

ROM-Module haben ja keine beweglichen mechanischen Teile, deshalb kann man Bewegungsdaten sofort abrufen, egal an welcher Stelle sie gespeichert sind. Aber bei den Magnet-CDs braucht man eine gewisse Zeit, bis die mechanischen Teile entsprechend bewegt werden, deshalb kann es je nach Speicherort einen Moment dauern, die Daten abzurufen, und so hätte man Link in bestimmten Situationen nicht sofort bewegen können. Wenn es nicht zu viele Animationen waren, konnte man sie im Lesespeicher unterbringen, indem man sie schon im Vorfeld von der Magnet-CD in den RAM-Speicher einliest, aber bei Ihnen waren es ja über 500 Animationsmuster.

Osawa:

Richtig. Mr. Koizumi sagte zu uns: "Ich kann meinen Link auf dem Nintendo 64DD nicht bewegen."

Koizumi:

Genau. Deshalb haben wir uns schließlich dazu entschlossen, das Spiel auf einem ROM-Modul zu veröffentlichen und nicht für das Nintendo 64DD. Ich glaube, da waren manche Leute schon enttäuscht, aber manche waren auch froh - und ich besonders! (lacht)

Iwata Asks
Iwata:

Weil Sie "Ihren Link" jederzeit nach Belieben bewegen konnten. (lacht)

Koizumi:

Genau. (lacht)

Iwata:

Gut, es stand dann also fest, dass der junge Link auftauchen sollte. Ein weiteres besonderes Element von "The Legend of Zelda: Ocarina of Time" ist ja das

Video: Reiten auf Epona

Während der Entwicklung - anderthalb Jahre vor der Veröffentlichung des Spiels - mussten Sie auf einmal 3D-Modelle und Animationen nicht nur für den erwachsenen, sondern auch für den jungen Link entwerfen. Mr.
Reiten auf Epona . Wie kam es zu der Idee für das Pferd?

Osawa:

Da sind wir ganz plötzlich drauf gekommen.

Koizumi:

Nein, ich glaube, so plötzlich war es auch nicht. Eigentlich haben wir sogar während der Entwicklung von "Super Mario 64" schon über die Umsetzung von Pferden gesprochen.

Osawa:

Oh, das wusste ich gar nicht.

Koizumi:

Bei "Super Mario 64" ist es dann nicht mehr dazu gekommen. Ich war mir aber sicher, dass wir es bei "The Legend of Zelda: Ocarina of Time" umsetzen würden, also habe ich mich darauf vorbereitet. Übrigens, Epona ist ein weibliches Pferd.

Aonuma:

Warum heißt sie denn Epona? Wollten wir sie nicht erst Ao nennen?

Iwata:

Ao von Aonuma?

Aonuma:

Nein, nein. (lacht) Ao ist doch ein naheliegender Name für Pferde.

Iwata:

Hm? (lacht)

Koizumi:

Ich war derjenige, der sie Epona genannt hat.

Osawa:

Stimmt! (lacht) Mr. Koizumi hat sich den Namen ausgedacht. Er sagte: "Wir nennen dieses Pferd Epona." Ich hatte nicht mal Zeit, mir selber einen Namen auszudenken! (lacht)

Koizumi:

Epona ist die Göttin der Pferde und der Fruchtbarkeit in der keltischen Mythologie, deshalb habe ich diesen Namen übernommen. Wenn man etwas benennt, baut man auch eine stärkere Verbindung dazu auf, also habe ich mir viel Mühe gegeben, sie zu einem guten Pferd zu machen.

Osawa:

Ich wollte mir Epona von Mr. Miyamoto erklären lassen, aber zuerst redete er nur über die Kameraarbeit. Er sagte, dass er das Pferd beim Springen von unten sehen wollte. Und mehr sagte er gar nicht dazu! (lacht)

Aonuma:

Ja, das stimmt.

Osawa:

Er sagte, dass das Pferd über einen tiefen Graben springen sollte und dass wir es vom Boden dieses Grabens zeigen sollten, mit Gegenlicht, so dass es durch das Licht springt.

Aonuma:

Es ist ja ungewöhnlich, dass Mr. Miyamoto so spezielle Wünsche in Bezug auf die Präsentation äußert.

Osawa:

Ja. Das war das einzige Mal, dass er jemals gesagt hat: "Ich möchte, dass es visuell so umgesetzt wird, also machen Sie das bitte."

Aonuma:

Vielleicht mag er Pferde?

Koizumi:

Das hat er wahrscheinlich aus den Western-Filmen. Mr. Miyamoto mag ja auch Country-Musik sehr gern.

Osawa:

Er zeigt seine persönlichen Interessen also auch bei der Arbeit.

Kawagoe:

Meinen Sie eigentlich die Szene, in der Epona über eine eingestürzte Brücke springt? Es gibt ja auch noch die Szene, wo sie von der Farm flieht.

Aonuma:

Ja.

Kawagoe:

Es gibt aber nicht nur einen Ausweg von der Farm.

Aonuma:

Deshalb mussten wir für jeden Weg eine eigene Zwischensequenz erstellen.

Kawagoe:

Das stimmt ... (lacht)

Iwata Asks
Osawa:

Aber wenn sie über ein Hindernis gesprungen ist, hat sie das auch von alleine gemacht.

Iwata:

Beim Pferd gab es also auch automatisches Springen.

Iwawaki:

Richtig.

Osawa:

Das Pferd springt automatisch, weil Mr. Miyamoto sagte, dass es in "Legend of Zelda"-Spielen keine schwierigen Steuerungsmanöver geben soll.

Koizumi:

Aber das Möhren-System haben Sie trotzdem umgesetzt.

Osawa:

Richtig. Das war auch Mr. Miyamoto. (lacht)

Koizumi:

Mr. Miyamoto sagte, dass es spieltechnisch nicht sehr unterhaltsam sei, einfach nur auf dem Pferd herumzureiten. Er wollte eine interaktive Aktion integrieren, also hat er die Möhren hinzugefügt. Wenn man mit der Peitsche knallt, erscheint ein Möhren-Symbol und Epona läuft schneller, aber wenn man alle Möhren aufgebraucht hat, kann man für eine bestimmte Zeit nicht mehr mit der Peitsche knallen und auch nicht mehr über Hindernisse springen.

Iwata:

Das war ein etwas schwierigeres Spielelement.

Koizumi:

Ja. Aber ist es nicht widersprüchlich, dass man die Peitsche genau im richtigen Moment knallen lassen muss, aber es keine schwierigen Steuerungselemente geben sollte? (lacht)

Iwata:

Ja. (lacht)

Koizumi:

Aber Mr. Miyamoto wollte dieses Element trotzdem integrieren. (lacht)

Osawa:

Wenn man erst soweit ist, dass man ein Pferd reiten kann, will man vielleicht auch noch mehr damit machen können.

Koizumi:

Deshalb sagte er dann, wenn Link schon ein Pferd reiten könnte, sollten wir auch Bogenschießen auf dem Pferd und Duelle umsetzen. (lacht) Das Bogenschießen vom Pferd konnten wir tatsächlich realisieren, aber nicht die Duelle.

Iwata:

Aber die haben Sie später in "The Legend of Zelda: Twilight Princess" 14 eingesetzt. 14 The Legend of Zelda: Twilight Princess: Ein Action-Adventure-Spiel, das im Dezember 2006 für die Wii-Konsole und das Nintendo GameCube-System veröffentlicht wurde.

Aonuma:

Genau.

Iwata:

Mr. Miyamoto hält gerne an seinen Ideen fest, wenn er erstmal darauf gekommen ist. (lacht)

Aonuma:

Das stimmt. Aber neben der Pferde-Idee hat Mr. Miyamoto auch schon seit "The Legend of Zelda: Ocarina of Time" immer gesagt, dass er sehen möchte, wie Link mit seinem Schwert über seinem Kopf ausholt.

Osawa:

Das hat er mir gegenüber auch erwähnt. Aber auf dem Nintendo 64-System konnten wir das nicht umsetzen.

Iwata:

Aber in "The Legend of Zelda: Skyward Sword" kann man doch mit dem Schwert ausholen, oder?

Aonuma:

Ja. Dabei wird Wii MotionPlus15 verwendet und deshalb konnten wir es endlich realisieren. 15 Wii MotionPlus: Ein Zubehörgerät, das man an die Wii-Fernbedienung anschließt und das Steuerungsbewegungen sehr präzise erfasst.

Iwata:

Nach 13 Jahren haben Sie also einen weiteren Wunsch verwirklichen können.

Aonuma:

Für Mr. Miyamoto hängen alle Spiele der "Legend of Zelda"-Reihe eng zusammen.