6. Der richtige Ort für die Eröffnungssequenz

Iwata:

Neben dem Schwert tauchen in "The Legend of Zelda: Ocarina of Time" auch noch verschiedene andere Hilfsmittel auf, z. B. Pfeil und Bogen und der Enterhaken. Wie haben Sie die umgesetzt?

Koizumi:

Diese Objekte haben wir alle umgesetzt, weil wir dachten: "So etwas könnten wir auch noch gut brauchen." Ich sagte dann: "Der Enterhaken ist fertig, den können Sie also ruhig einplanen", und alle sagten: "Okay, aber was machen wir jetzt damit?"

Aonuma:

Genau. (lacht) Selbst wenn ein Objekt fertig war, wussten wir nicht, wo wir es einsetzen sollten. Wir haben uns von Anfang an auf eine bestimmte Anzahl von Objekten geeinigt. Aber das hat später zu Problemen geführt.

Iwata:

Weil Sie dann auch so viele Objekte umsetzen mussten, wie Sie im Vorfeld beschlossen hatten.

Aonuma:

Genau. Und nachdem ich die frühen Dungeons entworfen hatte, wurden noch neue Objekte integriert und man sagte mir: "Sorgen Sie dafür, dass es keine Probleme gibt, wenn Link in den Dungeons auch dieses Hilfsmittel dabei hat." Ich dachte nur: "Hey! Das hätte man mir vielleicht von Anfang an sagen sollen!" (lacht)

Koizumi:

Das tut mir leid. Ich habe die Hilfsmittel entwickelt, also ...

Aonuma:

Nein, machen Sie sich mal keine Gedanken. (lacht)

Koizumi:

Wenn man einfach nach Belieben neue Dinge hinzufügt, gibt es früher oder später sicher Schwierigkeiten.

Aonuma:

Aber wenn man die Objekte, die umgesetzt werden sollen, schon von Anfang an festlegt, heißt das ja auch nicht, dass es dann keine Probleme gibt. Anders wären wir auch nicht auf so eine vielseitige Auswahl von Hilfsmitteln gekommen. Wir haben ja keine Vorlage zur Orientierung gehabt, deshalb konnten wir auch nicht von Anfang an genau wissen, was wir umsetzen sollten und wie alles am Ende aussehen soll.

Iwata Asks
Iwata:

Es gab keine Vorlage, deshalb konnte Ihnen niemand genau sagen, welchen Plan Sie bei der Entwicklung verwirklichen sollten.

Aonuma:

Richtig. Als wir vorhin über die Arbeit am Skript gesprochen haben, wurde schon erwähnt, dass die Gefahr bestand, dass das ganze Projekt umgeworfen wird, aber während der Entwicklung waren wir uns nie sicher, ob das Projekt gerade aus der Bahn gerät oder nicht. (lacht)

Iwata:

(lacht)

Aonuma:

Es war bis ganz zum Schluss ein ziemliches Durcheinander.

Koizumi:

Wir wussten nicht, was für ein Spiel daraus werden würde, bis endlich alle Elemente integriert waren.

Iwata:

Sie haben "The Legend of Zelda: Ocarina of Time" entwickelt, ohne wirklich zu wissen, wie das Endergebnis sein würde, bis die verschiedenen Teile umgesetzt waren und zu einer Einheit geworden sind. Wie war das für Sie bei der Arbeit an den Zwischensequenzen, Mr. Kawagoe? (lacht)

Kawagoe:

Was soll ich dazu sagen? (lacht) Selbst nachdem das Spiel schon größtenteils fertig war, musste noch viel verändert und ausgetauscht werden. Zum Beispiel: "Dieses eine Objekt in diesem Dungeon ... also, das müssen wir jetzt doch in einem anderen Dungeon verwenden."

Osawa:

Und Sie dachten bestimmt: "Hey! Das hätten Sie mir vorher sagen sollen!" (lacht)

Kawagoe:

Und solche Dinge häufen sich immer gegen Ende der Entwicklungszeit. Das Skript hat sich ständig wieder verändert ... teilweise gab es sogar einschneidende Veränderungen.

Iwata:

(lacht)

Kawagoe:

Und es war eine echte Herausforderung für unsere Fähigkeiten, uns an diese einschneidenden Veränderungen anzupassen.

Iwata:

Mr. Miyamoto hat ja auch manchmal noch erhebliche Änderungswünsche.

Kawagoe:

Ich habe mir immer Gedanken darüber gemacht, was noch alles dazu kommt. Aber ich wusste ja, dass es passieren könnte, also habe ich ein Hilfsprogramm vorbereitet, mit dem ich Veränderungen einfacher übernehmen konnte. Wir haben ja Zwischensequenzen im Spiel in Echtzeit umgesetzt, deshalb konnte ich leicht Änderungen vornehmen, auch wenn noch die Kleidung oder bestimmte Objekte in der Szene geändert werden sollten.

Iwata:

Zu dieser Zeit waren vorgerenderte Zwischensequenzen üblich, die man ja im Vorfeld schon festlegen muss, aber die Zwischensequenzen in "The Legend of Zelda: Ocarina of Time" wurden in Echtzeit gerendert, so dass man die Kleidung oder die Masken sehen konnte, die man gerade angezogen hatte.

Kawagoe:

Stimmt. Dieser Aspekt hat also nicht viele Schwierigkeiten gemacht.

Osawa:

Mr. Miyamoto ist ja ohnehin kein Fan von filmähnlichen Elementen.

Koizumi:

Vielleicht übertreibe ich damit, aber Mr. Miyamoto würde wahrscheinlich sogar ganz auf Zwischensequenzen verzichten können.

Aonuma:

Hmm, vielleicht nicht ganz.

Koizumi:

Er sagt immer, man kann darauf verzichten, aber wenn wir sie schon einsetzen möchten, dann erwartet er, dass wir sie immer wieder überarbeiten.

Iwata:

Die letzte Ausrede, die er hören will, ist: "Ich kann das nicht mehr ändern, weil die Zwischensequenzen schon gerendert sind."

Koizumi:

Er hat nichts gegen Zwischensequenzen, wir müssen Sie nur bis zum letzten Tag der Entwicklung jederzeit ändern können.

Iwata:

Oh, das ist aber ziemlich viel verlangt. (lacht)

Alle:

(lachen)

Koizumi:

Diese Herangehensweise hat man mir seit "Super Mario 64" immer wieder eingebläut, deshalb kamen vorgerenderte Zwischensequenzen sowieso nicht in Frage. Mr. Kawagoe hat sehr vorausschauend eine Möglichkeit entwickelt, Demos in Echtzeit zu erstellen, und das hat sich bei "The Legend of Zelda: Ocarina of Time" wirklich ausgezahlt.

Iwata:

Die

Video: Eröffnungssequenz

Neben dem Schwert tauchen in "The Legend of Zelda: Ocarina of Time" auch noch verschiedene andere Hilfsmittel auf, z. B. Pfeil und Bogen und der Enterhaken. Wie haben Sie die umgesetzt?
Eröffnungssequenz ist ja eine der beeindruckendsten Echtzeit-Demos. Wie haben Sie die erstellt?

Kawagoe:

Heutzutage kann man die Kamera einfach mit einem CG-Tool bewegen, aber damals ging das nicht, weil das Spiel anders aufgebaut war, deshalb haben wir eine Anwendung entwickelt, mit der man die Kamera auch auf der Nintendo 64-Konsole bewegen konnte, und die haben wir dann verwendet.

Iwata:

Erst gab es die Musik von (Koji) Kondo16, und Sie haben dann die passenden Bilder dazu erstellt? 16 Koji Kondo: Mitarbeiter des Software Development Departments in der Entertainment Analysis & Development Division bei Nintendo. Er hat die Musik für die "Legend of Zelda"- und "Super Mario Bros."-Spielreihen komponiert.

Kawagoe:

Nein, die Musik kam erst später dazu. Die weiten Ebenen der hyrulianischen Steppe waren eigentlich nicht für Zwischensequenzen gemacht. Selbst wenn man also gedacht hat: "Ich möchte gerne eine bestimmte Szene umsetzen ..."

Iwata:

Dann gab es nicht unbedingt den richtigen Ort dafür im Spiel.

Kawagoe:

Genau. Also habe ich die Kamera umherbewegt, als ob ich selber über die Ebene laufen würde, und dachte dabei: "Ist das eine gute Stelle?" und "Wie wär's denn zum Beispiel hier drüben?" Ich bin umhergelaufen und habe nach einem Ort gesucht, der gut aussieht, als ob ich nach einer passenden Location für einen Filmdreh suchen würde.

Iwata Asks
Iwata:

Sie haben also virtuell nach Drehorten gesucht.

Kawagoe:

Richtig. Am Anfang der Sequenz gibt es eine Szene, in der Link auf seinem Pferd reitet. Ich dachte, dass ich eine gute Stelle gefunden hätte und habe dort eine Weile gewartet, und dann ist auf einmal der Mond ins Bild gekommen.

Iwata:

Zufällig?

Kawagoe:

Ja. Ich dachte nur: "Das ist perfekt!" und habe mich sofort für diesen Ort entschieden.

Iwata:

Das war ja fast zu schön, um wahr zu sein! (lacht)

Kawagoe:

Ich glaube, viele zufällige Glücksmomente haben zu "The Legend of Zelda: Ocarina of Time" beigetragen, aber ich befürchte, dass Mr. Miyamoto immer noch denkt, dass Echtzeit-Zwischensequenzen einfach zu verändern sind.

Aonuma:

Ja, das glaubt er auf jeden Fall. (lacht)

Osawa:

Aber so einfach ist das nicht! (lacht)

Kawagoe:

Deswegen befürchte ich auch immer, dass er etwas in die Richtung erwähnt. Auch jetzt noch! (lacht)

Alle:

(lachen)