6. Gastfreundlicher Angriff

Bis zur letzten Minute, die Sie an The Legend of Zelda: Ocarina of Time arbeiteten, setzten Sie Ihre Ideen zusammen und sagten: „Wir nehmen das noch auf!” und „Und das auch noch!” und „Wir können das noch in Ordnung bringen!“ Und als das Spiel dann schließlich in den Handel kam, hat es die Herzen der Leute auf der ganzen Welt im Sturm erobert. Wie erklären Sie sich das?

Viele Leute sagen, dass ihnen die epische Geschichte so gut gefällt. Aber nach dem Skript zu urteilen, ist die Story gar nicht so episch.

Es gibt nicht haufenweise Dialogzeilen wie bei einem RPG.

Richtig. Ich glaube, die Spieler empfinden die Geschichte als so episch und dramatisch, weil alles, was man während des Spiels erlebt, die Geschichte ergänzt.

Ihre Erinnerungen an das Lösen von Rätseln und Gedanken wie: „Ich bin so gut“ fügen sich zusammen.

Genau.

Und dadurch wirkt das Spiel episch.

Diesen Eindruck hatte ich auch. Als ich an The Legend of Zelda: Ocarina of Time 3D für den Nintendo 3DS arbeitete, habe ich das gleiche erlebt. Ich habe die Original-Version für das Nintendo 64 nach langer Zeit wieder gespielt und dabei eine ganz große Gastfreundschaft gespürt.

Gastfreundschaft?

In den Verliesen zum Beispiel hatte ich das Gefühl, jemand würde mir jedes Mal „Willkommen!“ zurufen, wenn ich einen Raum betrat. Und wenn die Spieler in einen Raum kommen, werden sie sofort mit einer so großartigen Gastfreundschaft angegriffen. Ich meine das in dem Sinne, dass die Spieler schon mitten im Geschehen stehen und in dieses eingreifen können. Nach 13 Jahren hat das Spiel immer noch diese Wirkung.

Hm, normalerweise kommen die Worte „Gastfreundschaft“ und „Angriff“ ja nicht zusammen vor.

Hm. Ich finde auch, dass diese eigentlich nicht zusammen passen. (lacht)

Ich meine, welche Art von Gastfreundschaft greift schon an? (lacht)

Nun, wenn ich von Gastfreundschaft spreche, dann meine ich damit nicht, dass einem auf Schritt und Tritt alles nachgetragen wird. Ich meine eher, dass, wenn Sie irgendwo im Spiel hinkommen, Ihnen alle Spielmöglichkeiten zur Verfügung stehen, so dass man noch mehr Spaß haben kann.

Oh, das ist richtig. Wo Sie auch hinkommen, machen Sie eine neue Erfahrung.

Diese konzentrierte Fülle des Spiels ist einfach verblüffend. Und wie das Spiel heute zeigt, ist dies nicht eine besonders organisierte Form der Gastfreundschaft. Mit Ocarina of Time ist eine gewisse Unebenheit, Unregelmäßigkeit und Ungeschliffenheit verbunden.

Und das meinen Sie mit Angriff? (lacht)

Ja... das stimmt. (lacht) Viele Spieler, die das Spiel mit seiner unzulänglich organisierten Gastfreundschaft sofort gepackt hat, sprechen heute noch davon.

Tatsächlich wird der Spieler an vielen Orten abgelenkt.

Das ist auch Ungeschliffenheit.

Es ist nicht perfekt organisiert, so dass man manchmal ziellos in der Gegend herumirrt.

Ja. Es gibt ein paar Orte, an denen man sich verirren kann.

So wie im Wassertempel.

Oh Mann, fangen Sie bloss nicht damit an! (lacht)

(lachen)

Aber die Leute, die sich dort verirren, können sich am Fischteich wieder erholen.

Oh, jetzt verstehe ich. So haben Sie das Spiel also angelegt! (lacht)

Oh richtig, ja natürlich. (überzeugt)

Sie liegen genau nebeneinander...

Perfekt angeordnet.

Mr. Miyanaga, haben Sie das gehört? (lacht)

Ja. Vielen Dank. (lacht)

Zu guter Letzt möchte ich, dass jeder noch ein paar Worte dazu sagt, wie die Leute Ocarina of Time spielen sollen, jetzt da es - 13 Jahre nach seiner Erstveröffentlichung - nochmals erscheint. Fangen wir mit Ihnen an, Mr. Haruhana!

Als ich zuerst von der Neuauflage hörte, freute ich mich wirklich, da so auch die Leute die Möglichkeit hatten, das Spiel zu spielen, die keine Erfahrung mit dem Nintendo 64 gemacht hatten. Ich machte mir aber auch Sorgen, dass die Leute das Spiel vielleicht als altmodisch empfinden könnten, weil wir es so detailgetreu nachgebildet haben.

Immerhin ist es 13 Jahre alt.

Aber als ich die Version für den Nintendo 3DS spielte, merkte ich, dass das Spiel nichts eingebüßt hatte. Dieses Mal gibt es neue Elemente wie den stereoskopischen 3D-Effekt, so dass ich hoffe, dass die Leute, die das Spiel früher gespielt haben, es erneut spielen werden, ohne zu sagen: „Warum denn das jetzt?“ Ich hoffe auch, dass Leute, die noch keine Erfahrung mit Ocarina of Time gemacht haben, in den Genuss dieser “rauhen Gastfreundschaft” kommen. Ich bin auf das Feedback der Leute gespannt.

Ich habe auch an dem Remake mitgearbeitet. Was die Benutzerfreundlichkeit angeht, sagen die Leute, die Version für das Nintendo 64 wäre wirklich sehr bequem gewesen, und idealisieren diese.

Sie ist ihnen in guter Erinnerung geblieben.

Ja. Da dachte ich mir, dass es dieses Mal darum geht, aus Minuspunkten Nullen zu machen.

Was meinen Sie damit?

Bei den Dingen, die von allen idealisiert wurden, haben wir großen Wert darauf gelegt, diese wieder auf die gleiche Ebene zu heben.

Wenn die Spieler denken: „Aber so war es doch nicht“, dann ist das ein Minuspunkt. Man muss sie denken lassen: „Ja, ja. Genau so war es.”

Richtig. Es war uns allerdings eine Freude, zu sehen, wie das, was wir gemacht hatten, die Version für das Nintendo 64 übertraf. Weder Leute, die Erfahrung mit der Nintendo 64-Version haben, noch neue Spieler werden das Spiel als altmodisch empfinden. Ich denke, Sie werden es als neues Spiel spielen und, so hoffe ich, dabei Spaß haben.

Ich war fast gar nicht an der Entwicklung der Version für den Nintendo 3DS beteiligt. Ich war mir unsicher, bevor ich das Spiel ausprobiert habe. Aber als ich es dann ausprobierte, wusste ich sofort, dass ich ganz und gar darin eingetaucht war.

Was dachten Sie, als Sie die Ebene von Hyrule, die Sie ja erstellt haben, in 3D sahen?

Die Hügel sehen ja wie echte Hügel aus!

Ich verstehe. (lacht)

Bei der Nintendo 64-Version wirkten diese noch nicht richtig wie Hügel. Aber in der 3D-Bildgestaltung kann man wirklich sehen, wie die Hügel aufsteigen. Da dachte ich: „So sahen die Landschaften also damals aus!“

Wenn Sie auch die Original-Landschaften erstellt hatten (lacht), dann haben Sie sie jetzt wiederentdeckt!

Ja. Sie sind jetzt realistischer dargestellt. Und man spürt ganz deutlich die besondere Atmosphäre, die von The Legend of Zelda: Ocarina of Time ausgeht. Das ist ganz wichtig. Daher hoffe ich, dass sowohl Spielneulinge als auch Leute, die das Spiel früher gespielt haben, eine Welt erleben werden, die gegenüber der Nintendo 64-Version leicht verändert ist.

Um es anders auszudrücken: Nehmen wir an, dass ein japanischer Ramen-Imbiss, wo ich so gern hinging, vor 13 Jahren zugemacht hätte...

Ok. (lacht)

Und die ganze Zeit hätte ich gedacht: „Oh Mann, diese Ramen-Nudeln würde ich so gern mal wieder essen! Und dann macht der Laden wieder auf! Genauso ist es mit The Legend of Zelda: Ocarina of Time 3D.

Und wenn Sie dann in den Laden gehen, denken Sie: „Oh, ja, da ist er wieder, dieser Geschmack!“

Nein - „Es schmeckt jetzt noch besser!“ (lacht)

(lachen)

Anstatt wehmütig zurückzublicken, möchte ich, dass jeder jetzt, 13 Jahre später, den bestmöglichen Geschmack erlebt.

Man kommt noch einmal in den Genuss dieses bekannten Geschmacks, aber mit einem neuen Spiel.

Nun aber, dass etwas, das ich vor 13 Jahren gemacht habe, jetzt wieder zum Vorschein kommt, ist mir ein bisschen peinlich. So als würde ich mir noch mal meine Schulaufsätze anschauen. (lacht)

In der letzten Ausgabe von „Iwata fragt“ sagte Mr. Koizumi, dass er Angst davor hatte, das Spiel zu spielen. (lacht) Das nächste Mal spreche ich mit Leuten, die 13 Jahre, nachdem die Originalversion erschien, The Legend of Zelda: Ocarina of Time neues Leben eingehaucht haben. Vielen Dank, dass Sie sich heute für mich Zeit genommen haben.

Vielen Dank.