4. Audienz mit Miyamoto-San

Iwata:

Wie haben Sie sich für die Musikrichtungen und die Lieder entschieden?

Totaka:

Am Anfang hatten wir nicht viele Lieder, nur zehn.

Iwata:

Zehn?

Morii:

Und es waren alles klassische Stücke.

Iwata:

Zehn klassische Stücke?

Totaka:

 Ja.

Iwata:

Warum nur Klassik? Wollte Miyamoto-San das so?

Totaka:

Nein, wir hatten unsere eigenen Gründe. (lacht)

Iwata:

Ja? (lacht) Aber die Lieder in "Wii Music" sind alle besonders. Die Datenmenge für jedes Lied muss unglaublich hoch sein.

Totaka:

So ist es.

Iwata:

Das habe ich mir gedacht. Die Software muss so reagieren können, dass sich die Lieder noch immer in Ordnung anhören, unabhängig davon, wie jemand spielt. Die Musik an sich ist ja wahrscheinlich schon sehr umfangreich, und man kann auch nicht alles dem Computer überlassen, richtig?

Totaka:

Das ist richtig.

Iwata:

Als Musikkenner muss man auch an die Leute denken, die sich nicht so gut damit auskennen und jede mögliche Aktion der Spieler mit einplanen. Egal, was die Spieler machen, das Spiel muss reagieren können. Sonst würden die Lieder nicht funktionieren.

Iwata Asks
Totaka:

Das ist richtig.

Iwata:

Als ich das fertige Spiel gesehen habe, habe ich mir gedacht, dass die Song-Programmierer bestimmt lange ihren Spaß an der Sache hatten. (lacht)

Morii:

Das ist ein Grund, warum es erst nur zehn Lieder gab. (lacht)

Iwata:

Warum waren es alles klassische Stücke?

Totaka:

Wir wollten, dass Leute auf der ganzen Welt Spaß an dem Spiel haben würden, deshalb haben wir uns für Musik entschieden, die man auf der ganzen Welt kennt.

Wada:

Es gab nur zehn Lieder, aber man konnte mit verschiedenen Arrangements experimentieren. Wir dachten, dafür wären zehn Lieder mehr als genug Material.

Iwata:

Ich verstehe. Und wie hat sich das Spiel dann in die endgültige Richtung entwickelt?

Totaka:

Tja, wir haben mit Miyamoto-San gesprochen und er sagte, dass es nicht genügend Lieder wären. Er hat 100 vorgeschlagen.

Iwata:

Von zehn auf 100?! (lacht) Da waren Sie bestimmt platt. Also, was ist dann passiert?

Totaka:

Wir haben ihn gebeten, uns mal darüber nachdenken zu lassen. (lacht)

Iwata:

Ich kann mir gut vorstellen, dass Sie darüber erst noch einmal nachdenken wollten! (lacht)

Totaka:

Also haben wir uns Gedanken darüber gemacht.

Iwata:

Sie kamen zurück und sagten: 'Miyamoto-San will 100 Lieder...' (lacht)

Totaka:

Wir wussten, dass es unglaublich schwierig werden würde. Aber nachdem ich darüber nachgedacht hatte, kam ich auch zu dem Schluss, dass wir 100 Lieder brauchen und wollte es so machen.Aber ich dachte, dass sich bei so vielen Liedern viele auch gleich anhören würden. Und außerdem konnte man ein Lied auch auf verschiedene Arten spielen, wie Wada-San eben erwähnt hat. Ich war überzeugt, dass es auch mit 50 Liedern so viele Spielvarianten geben würde, dass diese Anzahl niemandem zu wenig wäre.Als ich das Miyamoto-San sagte, war er mit 50 Liedern einverstanden, und damit war die Sache klar. Er hat aber noch hinzugefügt, dass es auf keinen Fall weniger als 50 sein dürften. (lacht)

Iwata Asks
Iwata:

Fünfzig war also das absolute Minimum. (lacht)

Totaka:

Definitiv.

Iwata:

Wada-San, was haben Sie von dieser Anzahl gehalten?

Wada:

Tja, so musste jeder Arbeitsschritt 50 Mal gemacht werden, ich wusste also, dass es schwierig wird. Ich habe aber versucht, mich darüber zu freuen, dass aus 100 zumindest 50 geworden waren.

Iwata:

Aus zehn wurden nicht 50, sondern aus 100 wurden 50. (lacht)

Wada:

Ganz genau.

Iwata:

Es kommt eben auf die Einstellung an. (lacht)

Totaka:

Der Zeitpunkt war aber nicht schlecht. Als wir uns auf 50 Lieder geeinigt hatten, hat sich uns das ganze Sound-Team angeschlossen.

Morii:

Oh, das stimmt.

Iwata:

Sie meinen, Sie haben sich viele Mitglieder des Sound-Teams ausgeliehen?

Totaka:

Genau. Ich habe Koji Kondo darum gebeten. Ich habe sehr nachdrücklich gefragt und gesagt: 'Also bitte! In diesem Spiel geht es doch schließlich hauptsächlich um den Sound!' (lacht) So haben wir dann ein hervorragendes Team bekommen.

Morii:

Ja, das Team war wirklich hervorragend.

Iwata:

Das habe ich auch schon gehört. Unser bestes und erfahrenstes Sound-Team hat sich Ihnen angeschlossen.

Totaka:

Ich lese Ihnen mal einige Namen vor. Zuerst kam Koji Kondo an Bord, den ich ja bereits erwähnt habe. Er hat uns insgesamt bei der Entwicklung unterstützt.

Iwata:

Ich müsste es vielleicht nicht erwähnen, aber er ist Nintendos wichtigster Musikkomponist. Er hat an Spielereihen wie "Mario", "Zelda" und "Star Fox" gearbeitet.Wenn Sie die Namen vorlesen, können Sie bitte dazu sagen, woran die Leute gearbeitet haben?

Totaka:

Natürlich. Er ist zwar heute nicht hier, aber unser Sub-Director, der auch von Anfang an dabei war, war Mitsuhiro Hikino. Er hat an Spielen wie "Mario Kart DS", "Pikmin 2" und "Super Mario Sunshine" gearbeitet. Unser Sound-Director, Hajime Wakai, hat vorher an den "Nintendogs"-Titeln, "Pikmin" und der "Star Fox"-Reihe gearbeitet.Und hier ist die Sound-Crew: Kenta Nagata, der an "The Legend of Zelda: Phantom Hourglass", "The Legend of Zelda: The Wind Waker" und der "Animal Crossing"-Reihe gearbeitet hat; Toru Minegishis Arbeit umfasst Titel wie "Wii Fit", die "Animal Crossing"-Reihe und "The Legend of Zelda: Twilight Princess"; Mahito Yokota hat an "Super Mario Galaxy" und "Donkey Kong: Jungle Beat" gearbeitet; Junya Osada arbeitete vorher an "Animal Crossing: Wild World"; und zu guter Letzt war da Takahiro Watanabe, der bereits mit "The Legend of Zelda: Twilight Princess", "The Legend of Zelda: The Wind Waker" und "Pikmin 2" Erfahrung gesammelt hat.

Iwata:

Wow! Ich lobe unsere eigenen Mitarbeiter nicht gerne so überschwänglich, aber das ist ja wirklich eine großartige Gruppe!

Totaka:

Stimmt. Wir hatten wirklich Unterstützung von erstklassigen Leuten. Aber ohne bisherige Erfahrung, hätten wir das Spiel vielleicht sonst nicht machen können. Wie Sie bereits gesagt haben, waren die Lieder auch nur die eine Hälfte der Arbeit.

Iwata:

Richtig, Sie mussten ja viel mehr machen, als einfach nur Melodien in das Spiel integrieren.

Totaka:

Das stimmt. Jede Funktion musste bestimmte Grenzen haben und wir mussten es den Spielern ermöglichen, die Musik mit eigenen Improvisationen so spielen zu können, dass es sich trotzdem immer gut anhört.

Iwata:

Können Sie kurz erklären, wie Sie das gemacht haben?

Iwata Asks
Totaka:

Damit die Spieler ihre eigenen Variationen bei der Musik machen konnten, mussten wir zuerst ein Standard-Arrangement vorgeben, das den Rahmen vorgibt. Aber wenn wir zuviel vorgeben, wären die Spieler wieder eingeschränkt und könnten nicht mehr frei spielen. Also habe ich das Team gebeten, auf die richtige Mischung zu achten.

Iwata:

Um es anders auszudrücken, Sie wollten den Spielern also nicht die Arbeit abnehmen.

Totaka:

Genau. Ich habe darum gebeten, die besten Zutaten so zu kombinieren, dass das fertige Gericht immer gut schmecken würde, egal, wie man es zubereitet. Es wäre schwierig gewesen, das einem anderen Team zu erklären. Aber sie haben solche unkonkreten Aufforderungen einfach angenommen.

Morii:

Unter normalen Umständen hätte jedes Mitglied dieses Teams den Sound für ein komplettes Spiel ganz alleine übernehmen können! (lacht)

Iwata:

Also...50 Lieder - aus verschiedenen Musikrichtungen.

Morii:

Yep.

Iwata:

Hat Miyamoto-San Ihnen Vorschläge bezüglich der Musikrichtungen gemacht?

Totaka:

Ja. (lacht) Er bestand darauf, dass wir Blues einschließen.

Iwata:

Hah! Und haben Sie das auch?

Wada:

Das haben wir am Ende gemacht.

Iwata:

Natürlich. (lacht) Hat Miyamoto-San noch etwas gesagt, das für Veränderungen gesorgt hat?

Totaka:

Äh, er wollte Beilagen.

Iwata:

Beilagen?

Totaka:

So nennen wir Entwickler die Spezialtechniken bei den einzelnen Musikinstrumenten. "Wii Music" wurde so entworfen, dass man einfach mit allen Instrumenten losspielen kann, indem man die Wii-Fernbedienung schwingt. Aber zusätzlich kann man bei jedem Instrument spezielle Klänge auslösen, indem man Knöpfe drückt oder die Analog-Sticks bewegt. Auf dem Klavier spielt man zum Beispiel ein

Video: Glissando

Wie haben Sie sich für die Musikrichtungen und die Lieder entschieden?
Glissando , indem man die Finger über die Tasten gleiten lässt. Und auf der Gitarre gibt es eine Technik namens Choking , bei der man die Schwingungen der Saiten abdämpft.

Iwata:

Oh, ich verstehe. Es ist sehr erfreulich, dass solche Techniken im Spiel möglich sind.

Totaka:

Vor der E3 hatten wir die noch nicht.

Iwata:

Tatsächlich? Vor der E3? Welche E3 war das?

Morii:

Die, die noch nicht so lange her ist.

Iwata Asks
Iwata:

Meinen Sie die E3 im letzten Jahr?

Wada:

Nein. Ich meine die, die noch nicht so lange her ist.

Iwata:

Sie meinen die letzte, die erst kürzlich stattgefunden hat?

Totaka:

Ja, davor hatten wir noch kein Glissando und kein Choking.

Iwata:

Jetzt bin ich wieder geschockt.

Morii:

Bis dahin waren wir darauf konzentriert, ein Spiel zu entwickeln, das alle gut spielen können, indem man einfach die Fernbedienung schwingt.

Wada:

Die Spielmethoden lassen sich in vier grobe Kategorien einteilen:

Video: Piano

Wie haben Sie sich für die Musikrichtungen und die Lieder entschieden?
Piano , Gitarre , Trompete und Geige . Wir haben zusätzliche Techniken wieder gestrichen, für die das Spiel von diesen Grundmethoden abgewichen wäre. Ich dachte: 'Okay, es gibt also diese Techniken wie Glissando und Choking, die man einsetzen will, wenn man ein Instrument spielt, aber irgendwo müssen wir eine Grenze ziehen.' Trotzdem haben wir bis ganz zum Schluss noch neue Techniken eingefügt.

Iwata:

Wie hat Miyamoto-San Ihnen mitgeteilt, dass er das so wollte?

Wada:

Eines Tages hat er Totaka-San zu einer Audienz gerufen.

Iwata:

Eine Audienz? (lacht) Sie meinen, Miyamoto-San wollte mit ihm über etwas sprechen?

Totaka:

Okay, es war eine Einladung. (alle lachen)

Iwata Asks
Wada:

Wenn man eine Einladung bekommt, dann kommt man mit noch mehr Arbeit zurück. (lacht)

Iwata:

Das scheint häufiger zu passieren. (lacht) Da Miyamoto-San ja Gitarre spielt, wäre er sicher nicht zufrieden gewesen, wenn Sie Choking nicht mit übernommen hätten.

Totaka:

Da haben Sie Recht. Er sagte, dass es nicht wirklich eine E-Gitarre ist, wenn man kein Choking einsetzen kann, und es würde nicht genug Spaß machen, einfach nur die Saiten zu zupfen. Er meinte, dass es bei der Gitarre mit am spannendsten ist, die Noten richtig auszuspielen, und er lag absolut richtig.

Iwata:

Stimmt! (lacht)

Totaka:

Aber wie Wada-San bereits erwähnt hat, hatten wir solche Besonderheiten wieder gestrichen, damit die Spieler nicht zu verwirrt wären. Wir hatten sie gestrichen, aber...

Iwata:

Sie mussten noch einmal darüber nachdenken.

Totaka:

Ganz richtig. Ein attraktiver Aspekt des Spiels war es, die Besonderheiten der einzelnen Instrumente zu betonen, aber es war auch wichtig, dass alle Instrumente gleich einfach zu bedienen waren. Miyamoto-San hat befürchtet, dass wir die ansprechendsten Elemente verlieren könnten.

Morii:

Das meiste war schon programmiert und wir haben die Bedienung des Spiels weiter verfeinert, aber obwohl das Spiel so einfach zu bedienen war, hatten wir etwas von den besonderen Eigenheiten der einzelnen Instrumente verloren.

Totaka:

Wir haben uns Sorgen darüber gemacht, dass die Bedienung zu kompliziert werden würde und dass wir Anleitungen zu den ganzen Spezialtechniken ins Spiel übernehmen müssten. Aber Miyamoto-San sagte, dass wir nicht alles erklären müssten und die Spieler trotzdem Spaß daran hätten, die unterschiedlichen Klänge zu entdecken, die sie auslösen können, indem sie experimentieren und zum Beispiel einen Knopf drücken. So ist es ja auch, wenn man ein echtes Musikinstrument spielt.

Iwata:

Ich verstehe. Diese Funktionen wurden also kurz nach der E3 hinzugefügt. Ich glaube, dass das Spiel so noch ansprechender geworden ist.

Totaka:

Das glaube ich auch.

Miyamoto:

Entschuldigen Sie bitte, darf ich etwas sagen? Sie haben alle den eigentlichen Punkt meiner Weisheiten übersehen!

Iwata Asks
Iwata:

Ah! Miyamoto-San, Sie sollten doch gar nicht hier sein.

Miyamoto:

Tja, es ist aber gut, dass ich da bin. Es ist ja schön, dass das Spiel noch ansprechender geworden ist, aber ohne diese Elemente würden sich die Instrumente einfach nicht authentisch anhören! Wenn man zum Beispiel einzelne Noten von einer Gitarre und einer Ukulele vergleicht, kann man sie kaum unterscheiden. Wenn wir das Aufnahme-Team fragen, dann sagen die natürlich, dass die Klänge unterschiedlich sind, aber ganz normale Leute hören bei einzelnen Noten eigentlich keinen Unterschied.Eine Ukulele ist eine Ukulele, weil sie vier Saiten auf einem kleinen Körper und Hals hat, die man alle gleichzeitig mit den Fingern anschlagen kann, und die akustische Gitarre macht es eben auch aus, wie man sie anschlägt. Dadurch erhalten sie ihren Charakter. Ich bin mir sicher, dass ich Ihnen das gesagt habe, aber Sie scheinen sich nicht daran zu erinnern!

Iwata:

Miyamoto-San sollte eigentlich nicht hier sein.

Wada:

Hört sonst noch jemand Miyamoto-San? Ich könnte schwören, dass ich ihn gerade gehört habe.

Morii:

Ich höre ihn auch!

Totaka:

Es ist so, als wäre er mit uns in diesem Raum!

Miyamoto:

Eine Harfe ist eine Harfe, weil man mit den Fingern die Tonleiter hochspielen kann und ein Dudelsack ist ein Dudelsack, weil er quietscht und dudelt und eine Sitar ist eine Sitar, weil die Saiten so lange nachschwingen und...