1. „Wii Music“ - Für alle etwas Neues

Bitte stellen Sie sich erst einmal vor und sagen uns, woran Sie bei "Wii Music" gearbeitet haben.

Mein Name ist Kazumi Totaka. Ich bin in der Sound-Arbeitsgruppe bei der Software-Entwicklungsabteilung der Entertainment Analysis and Development Division (EAD). Ich war Director bei "Wii Music".

Sie arbeiten ja schon immer im Sound-Bereich, aber waren Sie bei diesem Spiel das erste Mal Director?

Ja, so ist es. Bei diesem Projekt gab es für mich viele Premieren.

Darauf würde ich gerne später noch zurückkommen.

Ich bin Junji Morii von der Gruppe 2 der Software-Entwicklungsabteilung bei der EAD. Bei "Wii Music" habe ich an den Sequenzen und den Unterrichtseinheiten gearbeitet.

Morii-Sans Hauptarbeitsfeld ist Design, aber was seine anderen Aufgaben bei diesem Projekt betrifft...

Ja genau, es war das erste Mal für mich.

(lacht) Jetzt zu Ihnen, Wada-San.

Ich bin Makoto Wada. Ich bin in derselben Gruppe wie Morii-San. Ich habe an den Mini-Spielen und den Spieltexten gearbeitet.

Er ist also für die spitzfindigen Einleitungstexte für die Musikinstrumente verantwortlich.

Genau, das war ich. (lacht)

Okay, erzählen Sie mir mal, wie es mit "Wii Music" losging.

Also, ganz am Anfang, als wir in der Planungsphase für "Wii Play" waren, hatten wir ein 'Dirigenten-Spiel' als Mini-Spiel vorgesehen. (Shigeru) Miyamoto-San hat mit einer Demonstration dieses Spiels die E3-Pressekonferenz vor zwei Jahren eröffnet.

Im Kodak-Theater.

Richtig. Danach haben wir uns entschlossen, diesen Teil von "Wii Play" zu einem eigenständigen Musikspiel zu machen.

Also, das bedeutet ja, dass das Dirigenten-Spiel ein Teil von "Wii Play" gewesen wäre, wenn wir uns nicht entschlossen hätten, ein ganz neues Musikspiel zu entwickeln.

Das stimmt.

Das ist ja ein ziemlicher Schock. (lacht) Kommt es häufiger vor, dass sich Spiele so aufspalten?

Nein, das ist eher selten. Aber als es dazu kam, habe ich das "Wii Play"-Team verlassen, um an dem Projekt zu arbeiten, aus dem später "Wii Music" werden würde. Das war das erste Mal, dass ich so etwas gemacht habe.

Das haben Sie ja alle gemeinsam. (alle lachen) Also, dann haben Sie erstmal die Führung übernommen.

Ja. Eigentlich waren es nur ich selber, ein Mitarbeiter und ein Orchester, das für uns bereit stand.

Als dieses Projekt von "Wii Play" abgespalten wurde, konzentrierte sich die ganze Firma gerade auf die Veröffentlichung der Wii-Konsole.

Das ist richtig. Die Entwicklung von Spielen wie "Wii Play" und "Wii Sports" wurde gerade abgeschlossen.

Wie war es, unter diesen Umständen an den Rand zu treten und darüber nachzudenken, was als Nächstes kommen wird?

Verwirrend. Ich war dazu eingeteilt, ein Musikspiel zu machen, aber hatte vorher nicht wirklich etwas mit Sound zu tun.

Können Sie mir etwas über die Spiele erzählen, an denen Sie vorher gearbeitet hatten?

Sicher. Also... ganz früher habe ich an "Punch-Out!!" für das NES gearbeitet.

 "Punch-Out!!"?! (lachen)

Und dann...

Und dann... ?

... "Super Punch-Out!!"

"Super Punch-Out!!"?! (lachen)

Tja, außer "Punch-Out!!" habe ich auch an Spielen wie "Pilotwings 64" und "Pokémon Stadium" gearbeitet. Bei "Pilotwings 64" habe ich auch ein wenig die Führung übernommen, aber hauptsächlich habe ich an Design-Aspekten gearbeitet, wie Modelling und Animation. Dann bin ich dem "Animal Crossing"-Team beigetreten und habe angefangen, die Texte zu schreiben.

Wada-San war Mr. Resetti! (lacht)

Mr. Resetti?! (lachen) (*)

Hoffentlich denkt keiner, dass ich nur solche Sachen schreibe! (lacht)

Also, wenn es um das Thema Musik geht...

Genau, damit habe ich noch nie gearbeitet.

Haben Sie irgendwann gelernt, ein Instrument zu spielen?

Nein, nie.

Dann war es bestimmt schwierig für Sie, so auf sich alleine gestellt zu sein.

Ja, das war es wirklich. Ich habe über einige Mini-Spiele nachgedacht, die mit Musik zu tun hatten, aber da war absolut nichts Handfestes dabei.

Das sagen Sie ja sehr deutlich.

Ja, ich hatte nur Ideen für eher konventionelle Musikspiele. Zum Beispiel irgendetwas im Rhythmus zu machen und dafür Punkte zu bekommen.

Aha, ich verstehe.

Als ich angefangen habe, an dem 'Dirigenten-Spiel' zu arbeiten, das allen Spaß gemacht hatte, wollte ich etwas daraus machen, das sich mehr nach einem richtigen Spiel anfühlte. Wir haben schnell die einfache Freude am Musizieren aus den Augen verloren, die bei diesem Projekt im Mittelpunkt stehen sollte.

Das hört sich so an, als wäre es Ihnen nicht leicht gefallen.

Am Ende sind wir wieder bei etwas gelandet, was sehr nahe am 'Dirigenten-Spiel' ist, das wir bei der E3 vorgeführt haben. Es war aber ein langer Weg dahin. Ha ha ha!

Aber im Ernst, wir hatten sogar Notenanzeigen auf dem Bildschirm.

Ja. Man musste den Dirigentenstab zu der Musik schwingen. Es war ein ganz konventionelles Musikspiel.

Mit anderen Worten, es war fast das genaue Gegenteil des Spiels, das es jetzt ist.

Ja. Zwischendurch war es das wirklich. Ha ha ha!

Wie lange haben Sie so gearbeitet?

Ähm...wann sind Sie dazu gekommen, Totaka-San?

Im Januar 2007.

Ich denke, dann waren wir bestimmt über ein Jahr lang ziemlich planlos.

Wie ging es dann weiter?

Ich habe aufgegeben! (alle lachen)

Aber ich dachte, es gehört zu Nintendos Philosophie, niemals aufzugeben.

Ich habe die Hände über dem Kopf zusammen geschlagen und aufgegeben. Ich konnte nur sagen: 'Ich verstehe es einfach nicht! Ich verstehe die Musik nicht! Ich weiß nicht, was ich machen soll! Irgendjemand muss mir helfen!'

Eine ziemlich dramatische Art aufzugeben! Das sieht man nicht alle Tage. An wen haben Sie sich damit gewendet?

Erst habe ich mit Eguchi-San (Co-Producer von "Wii Music") gesprochen, meinem direkten Vorgesetzten. Dann waren Tezuka-San und Miyamoto-San involviert und es wurde eine große Sache daraus.

Es wurde also offen diskutiert...

Dann kam Totaka-San zu dem Projekt.

Ich verstehe. Jemand, der sich mit Musik auskennt. Totaka-San, hat man Ihnen von Anfang an die Rolle des Directors angeboten?

Nein. Koji Kondo hat mich einfach nur gefragt, wie ich über "Wii Music" denke.

Das ist ja eine witzige Art, Sie anzulocken! (lacht) Was haben Sie geantwortet?

Ich war in derselben Abteilung, ich hatte also die Arbeit daran gesehen. Ich war gleich ganz offen und habe gesagt: 'So würde ich das machen!'

Und damit war die Sache dann klar.

Genau.

Ich glaube auch. Ich hatte keine Erfahrung als Director, aber ich habe einfach so zugestimmt, als ob es nichts wäre. Erst später ist mir aufgefallen, was ich da eigentlich auf mich genommen habe.

Wada-San, wie war es für Sie, als Totaka-San an Bord kam?

Es war eine riesige Erleichterung! (alle lachen) Ich dachte: 'Puh! Jetzt ist die Quälerei vorbei!'

(lacht) Wann Sind Sie dazu gekommen, Morii-San?

Ungefähr zur selben Zeit wie Totaka-San. Nachdem ich als Art Director an "Wii Sports" und "Wii Play" gearbeitet habe, ging es mit der Arbeit an "Wii Music" weiter.

Sie kamen als Designer dazu, richtig?

Ja.

Und wann haben Sie dann die Verantwortung der Führung übernommen?

Mal sehen... Als ich zu dem Projekt gekommen bin, waren sie noch am Experimentieren, deshalb gab es wenig zu designen. Es war noch nicht entschieden, was überhaupt designt werden sollte, deshalb dachte ich, ich sollte darüber nachdenken, wie wir weiterkommen könnten. Dann sagte mir Totaka-San, dass er noch nie als Director gearbeitet und diese Rolle trotzdem übernommen hatte, also dachte ich, ich könnte mich vielleicht in diesem Bereich nützlich machen.

Er hat sich die Rolle eigentlich selber ausgesucht.

Wenn man die Arbeit an die Designer verteilt, ist es wichtig, ein Sprachrohr für den Director zu sein. Sonst läuft die Arbeit nicht so glatt.

Das stimmt. Wenn man keine klaren Entscheidungen trifft, kann viel Arbeit verloren gehen.

Ganz genau. Ich habe also die Leitung beim Spielablauf und den Sequenzen übernommen und das Spiel langsam geformt.

Ich verstehe. Was dachten Sie zu der Zeit, Wada-San?

Auf Morii-San kann man sich einfach verlassen! (alle lachen)

Aber auf jeden Fall ist es ungewöhnlich, mit soviel Größe aufzugeben. Man könnte es aber auch anders sehen. Sie sagen, Sie haben nichts erreicht, aber irgendetwas müssen Sie doch geschafft haben, wenn Totaka-San daraus alternative Varianten gestalten konnte. Sie haben gezeigt, was nicht funktionieren konnte, indem Sie in eine gegenteilige Richtung gearbeitet haben. Sonst würde es "Wii Music" nicht so geben, wie es heute ist.