Ich habe auch eine Geschichte zum 'Athletic-Theme' aus "Super Mario Bros. 3". Soll ich sie kurz erzählen?
Bitte, nur zu.
Ich habe als Kind versucht, diese Melodie auf dem Klavier zu spielen, aber ich habe es nicht geschafft. Nach dem ♪doo-da-da doo-da-da doo-da doo-da-da, dieses ♪dweee!
Das ist ein Portamento.
Genau, ein Portamento. Das ist, wenn man den Klang einer Note kontinuierlich in die nächste Note übergehen lässt. Das geht auf dem Klavier nicht.
Man kann es auf dem Klavier also nicht spielen?
Ich konnte diesen dweee-Ton nicht spielen, und so bin ich mit einem nur zu 90% vollständigen Song in mir aufgewachsen.
(lacht)
Aber ich mochte den Song trotzdem sehr gern, deshalb wollte ich ihn in "Super Mario Galaxy" verwenden. Es gab da einen herausfordernden Level, der genau richtig dafür war, also habe ich ein schönes Arrangement mit dem dweee-Ton zusammengestellt und den Song damit endlich abgeschlossen.
Nach so vielen Jahren haben Sie endlich Ihre Lebensaufgabe erfüllt.
Ja, das war mein Abschluss! (lacht)
Jetzt kommt das 'Ground-Theme' aus "Super Mario World". Ich hatte bei "Super Mario Bros. 3" ja so viele verschiedene Songs umgesetzt, und diesmal wollte ich für die verschiedenen Level lieber dieselben Themen-Melodien - wie 'überirdisch' oder 'unterirdisch' - in unterschiedlichen Arrangements einsetzen. Ich dachte, so könnte sich die Musik zwar von Szene zu Szene verändern, würde sich aber trotzdem besser einprägen.
Ihre Schwierigkeiten bei "Super Mario Bros. 3" haben also Einfluss darauf gehabt, wie Sie die Musik der späteren Mario-Spiele komponiert haben.
"Super Mario World" erschien ja für Super Famicom (Super NES), ich war also überglücklich, dass ich acht Klänge gleichzeitig einsetzen konnte. Um die Spieler davon zu überzeugen, wie toll das Super Famicom war, wollte ich viele Instrumente auf einmal benutzen und sie nacheinander in der Titelmelodie einsetzen.
Um den Spielern zu zeigen, wie viele verschiedene Klänge das Super Famicom erzeugen konnte?
Richtig. (lacht) Aber es gab etwas, das mir Sorgen gemacht hat. Die Rechteck- und Dreieckwellen hatten sich in der Videospielmusik deutlich durchgesetzt.
Die Leute nannten es z. B. Bleep-Bleep-Musik.
Dieser elektronische Klang hatte sich neben anderer Musik etabliert, und ich hatte selber auch diese Vorstellung von Videospielmusik, aber beim Super Famicom konnte ich alle möglichen Instrumente und die verschiedensten Musikrichtungen umsetzen. Also habe ich darüber nachgedacht, was genau Videospielmusik eigentlich sein soll. Während meiner Arbeit an "Super Mario World" kam ich auf den Gedanken, dass man bei Videospielmusik unterschiedliche Kombinationen von Instrumenten einsetzen sollte, die man sonst so nicht hört.
Hmm...
Ahh, ich verstehe...
Zum Beispiel ein Horn zusammen mit einem Banjo.
Kombinationen, die man so sonst nicht hört.
Ungewöhnliche Instrumentenkombinationen... Man kann schon sagen, dass Sie immer versuchen, einzigartige Musik zu präsentieren.
Man sieht es mir vielleicht nicht an, aber ich mache mir wirklich Gedanken darüber. (lacht)
(lacht)
Auch bei den Soundeffekten hätte ich wie gehabt Rechteckwellen verwenden können, aber da ich jetzt bessere Klangqualität erreichen konnte, wollte ich die Tonart bei den Soundeffekten beibehalten und dafür die Klangfarbe von Musikinstrumenten benutzen. Das Geräusch beim Springen ist z. B. eine Panflöte.
Sie haben einen Panflöten-Ton genommen und so verändert, dass er sich wie ein Videospiel-Soundeffekt anhört?
Ja.
Das war also die traditionelle Videospieltechnologie mit neuen Klangfarben - eine Mischform mit neuen Elementen.
So habe ich den Sound von "Super Mario World" entwickelt.
Das N64 konnte ja 3D-Umgebungen darstellen, deshalb musste ich die Soundgestaltung drastisch verändern. Ich dachte, ich könnte die Musik nicht mehr wie bisher gestalten. Das N64 hatte ja auch noch bessere Klangqualität. Ich konnte die Sounds fast so erzeugen, wie man sie auf normalen Musik-CDs hört. Es war zwar etwas kompliziert, die Daten zu erstellen, aber Bass war einfach Bass, und Schlagzeug war einfach Schlagzeug. Man konnte die Musik so komponieren wie mit richtigen Instrumenten.
Bei Mario 64 hat man ja auch zum ersten Mal Marios Stimme gehört.
Stimmt. Es wurde entschieden, dass er eine Stimme bekommen sollte. In der 3D-Umgebung hat das alte Sprung-Geräusch einfach nicht mehr gepasst. Also habe ich ein Geräusch für den Absprung und ein Geräusch für die Landung benutzt, und außerdem hat man seine Stimme gehört. Beim N64 hat sich viel verändert, z. B. auch wie ich an die Sound-Effekte herangegangen bin.
Als Nächstes kommt 'Delfino Plaza' aus "Super Mario Sunshine".14 Der Klangerzeuger war beim Nintendo GameCube natürlich noch besser geworden. Er konnte ziemlich klare Gitarren-Sounds wiedergeben, und das wollte ich ausnutzen. Und das Spiel findet ja auf einer Südsee-Insel statt, aber die anderen Entwickler sagten mir, dass der Ferienort-Bereich eher europäisch als lateinamerikanisch oder karibisch sein würde, und die Musik sollte natürlich zu dieser Atmosphäre passen. 14 "Super Mario Sunshine": Ein 3D-Action-Spiel für das Nintendo GameCube-System, das im Juli 2002 in Japan veröffentlicht wurde.
Mr. Kondo, ich möchte Sie nicht unterbrechen, aber darf ich vielleicht kurz etwas zur 'Delfino Plaza'-Musik sagen?
Natürlich, bitte.
Sie bekommt von mir die Höchstnote!
Oh! (lacht)
Als "Super Mario Sunshine" erschienen ist, habe ich gerade bei einer anderen Firma mit der Arbeit an Videospielmusik begonnen. Ich habe meine Kollegen gerufen und gesagt: "So macht man perfekte Musik für Videospiele, hört alle gut zu!" Ich habe darauf hingewiesen, wie die Musik mit ein paar Tönen alles integriert hat, von der Grundatmosphäre der Spielwelt bis zum einfachen Spaß, mit dem Wasser herumzuspritzen.
Sie müssen die Lieder, die Ihnen gefallen, einfach mit den Leuten in Ihrer Umgebung teilen, nicht wahr? (lacht)
(lachen)
Tja, ich war einfach so begeistert davon, wie die 'Delfino Plaza'-Musik die gesamte Spielwelt repräsentiert hat. Und das wollte ich Mr. Kondo eigentlich schon immer einmal sagen.
Dankeschön!
Aber ich wollte es Ihnen nicht als Firmenkollege sagen, sondern als Fan von Videospielmusik.
Sie wollen ihm nicht nur schmeicheln, oder? (lacht)
Nein, nein! (lacht)
Jetzt kommen wir zum 'Main Theme' aus "New Super Mario Bros."15 für den Nintendo DS. Eigentlich sollte jemand anderes diesen Song machen, aber mir wurde gesagt, dass es sich nicht wirklich nach Mario-Musik angehört hat, also habe ich mich entschieden, den Song neu zu komponieren. 15 "New Super Mario Bros.": Ein Action-Spiel für den Nintendo DS, das im Mai 2006 in Japan veröffentlicht wurde.
Um ehrlich zu sein... als ich den Song zum ersten Mal gehört habe, hatte ich den Eindruck, dass jemand die Stimmung der traditionellen Mario-Musik kopieren wollte. Aber Sie haben den Song selber geschrieben.
Ja, richtig. "New Super Mario Bros." ist ein Side-Scroller, so wie die älteren Spiele, aber die Charaktere sind in 3D, und es wurde für eine tragbare Spielkonsole entwickelt, also habe ich darüber nachgedacht, wie ich die Musik verändern könnte, und habe sogar immer noch daran geknabbert, als ich sie fertig gestellt habe...
Haben Sie sich Gedanken gemacht, weil es ein klassisches seitlich-scrollendes Mario-Spiel war, Sie die Musik aber trotzdem originell gestalten sollten?
Genau. Ich habe wirklich daran herumgetüftelt, welche Veränderungen ich gegenüber der bisherigen Musik vornehmen sollte. Die anderen Songs wurden ja von anderen Mitarbeitern komponiert, aber die Musik wirkt frisch, und wir konnten auch mit den kleinen Lautsprechern des Nintendo DS eine ziemlich gute Klangqualität erreichen. Insgesamt habe ich also das Gefühl, dass es ganz gut gelungen ist.
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