Was denken Sie als jemand, der in die Fußstapfen von Mr. Kondo tritt, bei der Arbeit an der Musik für die Mario-Spiele?
Bei der Arbeit an der Mario-Musik denke ich, dass ich Musik komponieren will, bei der die Spieler nicht stillstehen können sollen - Musik, die immer für Bewegung sorgt, und wenn es nur ein Schritt ist.
Sie versuchen also, die Spieler mit Ihrer Musik in Bewegung zu bringen.
Richtig. Wenn die Melodie Spaß macht und Energie gibt, erzeugt sie beim Zuhörer auch ein positives Gefühl und ein Gefühl der Freiheit, ohne Vorbehalte weitergehen zu können.
Ach so.
(lacht) Mr. Kondo, was meinen Sie?
Das ist eine sehr präzise Analyse.
Könnte es sein, dass Sie mir zum ersten Mal ein Kompliment gemacht haben?
(lachen)
Die meisten Level in Mario-Spielen können in ungefähr zwei Minuten abgeschlossen werden. Wenn man also ein Lied komponiert, das eine Minute lang ist, kann man es zweimal hören, vielleicht auch dreimal, und dann ist man am Ziel.
Aber in den Mario-Spielen kommt man auch an schwierige Stellen, die man immer wieder probieren muss.
Genau.
Das Spiel ist wie eine Art Trainingslager. Beim Training hört man für lange Zeit dasselbe Lied.
Das stimmt. Deshalb achte ich besonders auf das Intro. Bei den ersten beiden Takten gebe ich mir besonders viel Mühe. Die Leute spielen die Mario-Spiele ja häufig mehrmals, deshalb hören Sie das Intro einfach sehr oft. Ich versuche immer, Intros zu komponieren, die den Spielern nicht zuviel werden. Intros, die den Spielern...
… die den Spielern immer ein positives Gefühl geben?
Ja. Ich möchte immer Intros komponieren, die den Spielern helfen, positiv zu bleiben. Egal wie oft Sie schon gescheitert sind.
Sie geben sich bei Ihrer Musik viel Mühe, vor allem bei den Intros, die Spieler zu motivieren.
Richtig. Ich finde, die Melodien von Mr. Kondo haben auch diese Wirkung. Man kann sie immer wieder anhören und denkt: "Okay, noch ein Versuch!" Und seit dem ersten "Super Mario"-Spiel fällt einem sofort ein, welcher Song es ist und in welchem Level er läuft, wenn man nur das Intro hört. Ich habe versucht, das so fortzusetzen. Wenn andere Entwickler Musik für Mario-Spiele machen, gebe ich ihnen immer den Rat, ganz besonders auf die Intros zu achten.
Mr. Kondo?
Das ist genau richtig. Videospielmusik ist anders als Filmmusik. Ich denke, wahrscheinlich ist es eher wie Musik für Werbespots. Das Intro ist eine Art Signal, das einem sofort mitteilt, welchen Song man hört und sogar in welchem Level man ist.
Und man muss den Spielern in nur ein oder zwei Takten mitteilen, an was für einem Ort sie sind.
Das stimmt. Das ist bei Mario- und auch bei Zelda-Spielen so. Die Musik für die Dungeons in Zelda ist so gemacht, dass man beim Hören sofort ein Zeichen bekommt, dass dieser Ort völlig anders ist als die anderen Verliese.
Das hat auch viel mit Mr. Miyamotos früherer Arbeit als Industriedesigner zu tun. In Mario-Spielen wird das Grafikdesign von der Funktion bestimmt. Und die Musik folgt auch der Funktion.
Das denke ich auch.
Der erste Eindruck, den die Musik vermittelt, bringt einem die Spielwelt näher. Mario-Spiele haben ohnehin keine sehr komplexe Handlung.
Prinzessin Peach wird immer wieder entführt, und Mario muss sie jedes Mal wieder retten. (lacht)
Das stimmt. (lacht) Das ist wie die Musik in einem Stummfilm. Man braucht sich nur die Musik anhören, um zu wissen, was für eine Geschichte da erzählt wird. Das ist das Charakteristische bei den Mario-Spielen.
Genau.
Wir erklären ja nicht durch lange Textabschnitte, in welcher Situation sich die Spieler befinden, deshalb vermittelt in den Mario-Spielen die Musik den Spielern sofort, ob sie in Gefahr sind oder in Sicherheit, sich beeilen müssen oder sich Zeit lassen können.
Die Musik erfüllt also wirklich eine wichtige Funktion.
Richtig. In letzter Zeit habe ich bei Firmen-Fortbildungen häufiger die Gelegenheit zu erklären, wie wir die Musik für die Mario-Spiele komponieren. Ich erzähle dann, wie wir den Spielern nur durch den Klang der Musik vermitteln wollen, was für einen Level sie vor sich haben und wie sie vorgehen sollen. In bestimmten Levels mit vielen schwierigen Sprüngen benutzen wir z. B. Musik, die den Spielern schon im Voraus vermittelt , dass sie ein paar anspruchsvolle Manöver vor sich haben.
Sie bereiten die Spieler durch die Musik vor.
Ganz genau. Wir geben ihnen eine Vorwarnung.
Also, Mr. Kondo, ist das so richtig?
(fröhlich) Aber ja!
(lachen)
Gut! (lacht) Ich denke, ich verstehe langsam die Essenz des Mario-Sounds.
Beim Grafikdesign ist es wichtig, der Funktion zu folgen, und das trifft auch auf die Musik zu.
Das stimmt.
Mr. Kondo hat mir mal gesagt, dass wir keine Sounds einsetzen sollten, die den Spielern ein schlechtes Gefühl geben - wenn man z. B von einem Gegner erwischt wird, springt die Figur auf lustige Art nach oben.
Mit dem Sound vermitteln Sie den Spielern den Gedanken: "Na ja, ich probier's einfach noch einmal."
Genau.
Es ist wichtig, dass wir den Gedanken vermitteln: "Probier es noch mal!" und nicht "Jetzt ist es vorbei!"
Als ich ein Kind war, habe ich alle möglichen Spiele gespielt, und das war einer der Unterschiede zwischen "Super Mario" und den anderen Spielen. Bei den anderen Titeln wurde ich oft ärgerlich, wenn ich einen Fehler gemacht habe, aber bei den Mario-Spielen dachte ich nur: "Ich probiere es wieder!"
Wahrscheinlich, weil Mr. Kondo Ihnen genau das durch die Musik vermittelt hat! (lacht)
Wahrscheinlich! (lacht)
Und wenn Mario ein Leben verliert, ist es keine traurige Situation. Ich finde es großartig, dass man zusammen darüber lachen kann.
Auch wenn der eigentliche Spieler manchmal jault! (lacht)
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