Ich denke, von jetzt an werden sich die Produkte, die das Kürzel “3D” in ihrem Namen tragen, verändern. Wir müssen unsere Vorstellung davon, was 3D ist, neu überdenken. Das betrifft sowohl die Designer als auch die Spieler.
Das glaube ich auch.
Mr. Iwata hat mir den Nintendo 3DS früher schon einmal gezeigt, und ich war beeindruckt. Aber um eine wirkliche Vorstellung zu bekommen, war das heutige Gespräch aufschlussreicher. Vielleicht liegt es daran, dass der Zusammenhang anders war.
Sie können das Gerät sicherlich mehr wertschätzen, wenn Sie die genauen Hintergründe kennen.
Genau. Für jemanden, für den die englischen Worte “Thank You” in der Fremdsprache vollkommen unverständlich sind, sind sie nichts anderes als seltsame Geräusche. Weiß man jedoch, was sie in der eigenen Sprache bedeuten, dann sind sie viel interessanter. Mehr als bei einer reinen Wissenserweiterung macht die tatsächliche Erfahrung von 3D die Vorstellung viel greifbarer.
Ich verstehe, was Sie meinen.
Nehmen wir mal ein ganz anderes Beispiel. Vor kurzem haben alle Angestellten in meiner Firma Tanzschritte geübt.
Tanzschritte?
Wir sind dazu alle in ein Studio gegangen und haben stundenlang mit Papaya Suzuki (einer Berühmtheit, die für ihren Tanz und ihre Afro-Frisur bekannt ist) geübt. Das hat Spaß gemacht. Wir konnten nicht tanzen, also war das Wort „Drehung“ für uns nur ein Wort in einer Fremdsprache.
Oh, ich verstehe! (lacht)
Wir hatten dieses Wort nicht mit unseren Körpern verstanden. Daher bekamen wir die Drehungen am Anfang nicht richtig hin. Es klappte einfach nicht.
In Ihrem Alltagsleben spielen diese „Drehungen” also keine besondere Rolle, und Sie hatten weder viel Zeit noch viel Mühe auf diese verwandt.
Genau. Aber Mr. Papaya fing mit den Grundlagen an, und als wir allmählich besser wurden, hat das allein schon Spaß gemacht. Menschen haben einfach Freude an Bewegungen, abgesehen von der Freude, die es macht, sich Fähigkeiten anzueignen.
Ich habe gelesen, was Sie darüber geschrieben haben. Und beim Lesen dachte ich, dass es ein tolles Gefühl sein muss, sich so gewandt drehen zu können.
Nicht wahr? Es ist schon ein tolles Gefühl, sich so zu drehen! Ich finde, jeder sollte diese Drehungen ausprobieren!
(lacht)
Ich arbeite noch daran. Aber als ich die Drehungen übte, dachte ich bei mir: “Oh, das ist auch eine Sprache.” Ich sprach mit Mr. Papaya darüber. Es war interessant zu erfahren, dass er selbst nicht schreiben kann. So wie ich nicht tanzen kann. Wir bringen uns gegenseitig die Grundlagen unserer jeweiligen Talente bei und sagen jeweils zu dem anderen: „So musst du es machen. Dann klappt es.“
Ah, ich verstehe.
Als ich ihm dann das Schreiben ähnlich wie bei einem Spiel erklärte und sagte: „Wenn Sie es sich in dieser Reihenfolge überlegen, dieses nach jenem, dann sieht die Schrift so aus“, dachte ich, das Tanzen würde genauso funktionieren.
Oh, okay.
Wenn Sie einen bekannten Gegenstand aus der Schublade ziehen, um ihn zu verwenden, dann ist das etwas Alltägliches, Uninteressantes. Also verändern Sie die Farbe oder verleihen dem Gegenstand anderweitig einen gewissen Reiz. Aber für jemand, der dies nicht kennt, ist es eine ganz andere Sprache. Und ich glaube das 3D des Nintendo 3DS hat diese Qualität.
Ja. Deshalb besteht die Herausforderung für uns darin, diesen Spaß richtig zu präsentieren.
Ja, genau das ist es.
Die Leute existieren in einer realen 3D-Welt und sehen diese jeden Tag. Aber aus irgendeinem Grund bereitet es Freude, wenn 3D auf dem Bildschirm erscheint. Verwendet man eine 3D-Kamera, dann gibt es etwas in realem 3D, das im Flüssigkristall-Sucher eine seltsame Tiefe hat. Das tatsächliche Objekt befindet sich auf der anderen Seite. Trotzdem erfreut uns dieser stereoskopische/räumliche Effekt am Bildschirm auf so seltsame Weise.
Ja.
Ich dachte, wenn wir dies in Worte fassen könnten, könnten wir den Reiz des Nintendo 3DS-Systems erklären.
Die Erklärung liegt in den unscharfen Grenzen. Das trifft auf alles zu, was in uns die Kraft unserer Phantasie wachruft, so wie virtuelle Welten. Drücken wir es einmal ganz ungewöhnlich aus: Diese verschwommene Welt ist wie das Jenseits. Wir leben hier in dieser Welt, die wir für die reale halten. Wenn nun etwas aus dem Jenseits in unsere Welt eindringt, dann gerät diese ins Wanken. Das kann zuweilen Angst oder einen gewissen Reiz auslösen.
Ah, die Grenzen verschwimmen. Wir können uns nur dann entspannen, wenn es klare Grenzen gibt.
Richtig, richtig. Die Leute haben lange Zeit in einer unsicheren Welt gelebt. Die Leute, die in der Zeit der Geschichte des Prinzen Genji lebten, glaubten noch an Geister. (Anmerkung der Redaktion: Die Geschichte vom Prinzen Genji ist ein klassisches Werk der japanischen Literatur aus dem 11. Jahrhundert.)
Mhm.
Aber vielleicht sollten wir hier nicht darüber sprechen.
Nein, das ist doch interessant. (lacht)
Nach Takaaki Yoshimoto24 wurden die Gegenstände vor langer Zeit weitaus weniger klar erfasst, und viele Dinge waren nicht so klar abgegrenzt. Bei Fragen, ob es Götter oder Geister gegeben hat, können wir uns nicht auf die Leute aus der Vergangenheit beziehen, wenn wir dabei unser heutiges Weltverständnis zugrundelegen. Ihm zufolge existierten diese in einer viel verschwommeneren Geistesverfassung. Gehen Sie zum Beispiel nachts die Straße herunter und haben das Gefühl, dass jemand Sie verfolgt, dann würde man heutzutage denken, derjenige hätte sich dies eingebildet, aber die Leute in der Heian-Zeit konnten sich da nicht so sicher sein. (Anmerkung der Redaktion: Die Heian-Zeit ist eine Epoche der japanischen Geschichte, die die Jahre zwischen 794 und 1185 umfasst.) 24Takaaki Yoshimoto: Ein Dichter, Denker und Literat .
Ich verstehe. Es war unklar.
Wenn man dachte, man hätte etwas gesehen, könnte man annehmen, es sei ein Geist gewesen. Aber natürlich könnte man auch annehmen, dies sei nur der Fantasie entsprungen. Vor langer Zeit waren solche Dinge stärker abgestuft. Ich glaube, damals gab es mehr Austausch zwischen dem Jenseits und dem Diesseits. Als Überbleibsel der Denkweise dieser Zeit bleibt vor allem dieses Gefühl der Unklarheit. Und gleich zu welcher Zeit, haben die Leute immer an solchen Leuten und Dingen Gefallen gefunden, die auftauchten, um uns die Verschwommenheit der Grenzen aufzuzeigen. So wie die Kunst, bevor man die Perspektive im Griff hatte, oder Geister, die in Geschichten vorkommen, als wäre das gar nichts Besonderes.
Mhmm.
Wenn jemand, wie Shigeru Mizuki, diese düstere Weltanschauung angesichts der wissenschaftlichen Kenntnisse vertritt, dann interessiert sich jeder brennend dafür. Ich glaube, dieses mysteriöse 3D, das wir mithilfe des Nintendo 3DS erleben können, lehrt uns oder erinnert uns vielmehr an die Verschwommenheit der Grenzen und daran, wie ausgesprochen interessant es wäre, wenn es einen Austausch zwischen verschiedenen Welten gäbe. (Anmerkung der Redaktion: Shigeru Mizuki ist ein japanischer Schriftsteller, der vor allem für Horror-Manga bekannt ist.)
Ich verstehe.
Das ist gar nichts Besonderes. Die duale Struktur von Avatar ist genauso und The Sixth Sense und Poppoya sind so. Dies ist eines der ausschlaggebenden Elemente der Unterhaltung. Und in den letzten Jahren hat die Anzahl von Arbeiten mit diesem Feature zugenommen. Außerdem handelt es sich um ein Genre, dessen Anhängerschaft langsam wächst. Ich möchte gern noch einen anderen Gedanken aufgreifen. Ich glaube, einer der Gründe dafür, dass diese Werke jedes Jahr zunehmen, ist, dass die akademischen Bereiche der modernen Wissenschaft, die sich mit Epistemologie beschäftigen, noch relativ jung sind und sich noch nicht vollständig etabliert haben. Jeder hat eine fast schon physische Abneigung dagegen, sich auf diesen Weg zu begeben. Aber es ist doch interessant, dass sich die Leute so schwer damit tun, diese schwindende Verschwommenheit wiederzuerlangen. (Anmerkung der Redaktion: Poppoya ist ein berühmter Roman und Film in Japan. Wie auch in den US-amerikanischen Filmen „Avatar“ und „The Sixth Sense“ hat die Hauptfigur ungewöhnliche Erlebnisse, bei denen die Grenzen zwischen der realen Welt und einer anderen Welt undurchsichtig werden.)
Diese Verschwommenheit, die in der Vergangenheit eine Selbstverständlichkeit war, existiert an der Grenze zwischen der realen Welt und der Welt innerhalb des Bildschirms.
Ja. Das kann man spüren, und das hat einen ganz besonderen Reiz. Beispielsweise waren die Grenzen zwischen Fiktion und Sachliteratur oder Fantasy und Dokumentarfilmen auch einmal ganz vage.
Hmm, das könnte das sein, was wir jetzt versuchen, den Leuten zu vermitteln. Ich habe es Ihnen schon einmal kurz gezeigt, aber die AR-Spiele25-Software des Nintendo 3DS-Systems selbst ist deshalb interessant, weil sie die Wirklichkeit mit dem virtuellen Raum vermischt. 25AR Games: Diese Software des Nintendo 3D-Systems kann Erweiterte Realitätskarten (AR-Karten) lesen und bringt die Spieler somit in den Genuss von Spielen, die virtuelle Elemente in die Wirklichkeit ausdehnen.
Ja, das stimmt ganz genau. Das ist wirklich verblüffend! (lacht)
Bei StreetPass empfindet man auch diese Freude an den verschwommenen Grenzen.
Ja, das stimmt.
Wenn Sie selbst nichts machen, ist das Spiel an sich schon vollständig. Aber wenn Sie durch die Welt gehen, dann zeigt sich das Ergebnis im Spiel. Das ist mysteriös und interessant. Interessant ist außerdem, dass trotz des weitreichenden Netzwerkes nichts passiert, wenn sich die Nutzer nicht tatsächlich begegnen. Vielleicht gehen wir gegen den allgemeinen Trend, aber, wie Mr. Itoi bereits sagte, wäre es schön, wenn die alltägliche Erfahrung der Kommunikation beim tatsächlichen Zusammentreffen von Menschen sich auch in der Unterhaltung verbreiten würde.
Ja, das stimmt.
Es hat einen besonderen Reiz, jemanden zu treffen, dem man nie begegnet wäre, hätte man sich nicht an einen bestimmten Ort begeben. Ganz anders als im Internet, das mit Leichtigkeit Leute verbindet, die sich an ganz verschiedenen Orten auf diesem Erdball befinden.
Richtig. Vielleicht bitten Kinder ihren Vater, der eine Geschäftsreise nach Tokio antritt, ihren Nintendo 3DS dahin mitzunehmen.
Und wenn er zurückkommt, sagt er: “Ich bin an den Leuten aus Tokio vorbeigegangen.“ (lacht)
Und dann sagt er: “Oh, Mann. Tokio ist schon eine tolle Stadt!” (lacht)
Diese greifbare Erfahrung ist wunderbar. Und außerhalb von Videospielen kann man das immer wieder auf Twitter erleben.
Oh...
Als ich zum Beispiel vor nicht allzu langer Zeit nach Boston fuhr, twitterten mir ein paar Universitätsstudenten, dass sie sich gern mit mir treffen würden. Ich willigte ein und traf mich mit ihnen.
Oh, und so hat sich ein einmaliges Treffen ganz spontan ergeben.
Ganz genau. Das hat zuvor kein Netzwerk möglich gemacht. Anschließend stand ich noch mit vielen anderen Leuten in Kontakt. Und jetzt sieht es so aus, als wenn ich dieses Jahr nach Bhutan fahre. Das hat sich auch über einen einfachen Austausch über Twitter ergeben. Diese Art der Kommunikation und Twitter sind sich ein bisschen ähnlich.
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