Als ich Sie vorhin gefragt habe, ob Sie gedacht hätten, dass Nintendo so viel Energie in Wii Fit stecken würde, da haben Sie geantwortet: „Niemals!” Wann wurde Ihnen eigentlich klar, dass Sie an einem derart wichtigen Projekt arbeiten, Sugiyama-san?
Lassen Sie mich überlegen...
Eigentlich glaubte das Team bis zum Schluss, an einem relativ unwichtigen Projekt zu arbeiten.
Ich habe Wii Fit keinen Moment für ein unwichtiges Projekt gehalten... Und wann wurde Ihnen klar, dass es das nicht ist?
Das war wohl zu dem Zeitpunkt, als das Team vergrößert wurde. Wir hatten die ganze Zeit als kleines Team gearbeitet, darum fragten wir uns: „Spielt der Titel vielleicht doch eine größere Rolle?“ Und die Reaktionen auf der E3 2007 haben den Verdacht dann bestätigt.
Auch ohne die Reaktionen auf der E3 gesehen zu haben... Wenn Miyamoto-san persönlich ein Produkt auf der Bühne vorstellt, dann kann es sich doch unmöglich um eine Nebensache handeln, oder?
(lachen)
Ah! Natürlich, stimmt! (lacht)
Und Sie, Matsunaga-san? Wann ist es Ihnen klar geworden?
Bei mir war es genauso wie bei Sugiyama-san... Bis das Team vergrößert wurde, konnte ich mich nicht von dem Gefühl befreien, dass es sich um ein kleineres Projekt handelt. Erst bei der Nintendo Conference im Oktober war es endlich soweit...
Das war ja gerade mal vor einem Monat! (lacht)
Natürlich hatte ich gehört, wie die Vorstellung auf der E3 gelaufen war, aber da konnte ich es immer noch nicht glauben...
Das heißt wohl, meine PR war nicht so toll, wie? (lacht)
(lachen)
Das Ausmaß der Vorbereitungen für die Nintendo Conference hat mich dann überzeugt...
...weil in den Ausstellungsräumen so viele Wii Fit-Demokioske aufgebaut wurden! (lacht)
(lachen)
Sie waren also so beschäftigt mit der Produktion der Software, dass Sie gar nicht bemerkten, was um Sie herum geschah! Schließlich hatte Miyamoto-san in der Endphase der Entwicklung sowohl mit Wii Fit als auch mit Super Mario Galaxy alle Hände voll zu tun, so dass er nicht mehr so viel Zeit für Ihr Projekt hatte.
In der Endphase von Super Mario Galaxy bekamen wir von Miyamoto-san keine Rückmeldung mehr. Das machte uns nervös. Für mich war das ein Gefühl, als hätte er unser Projekt aufgegeben. (lacht)
(lachen)
Miyamoto-sans Büro und unseres sind nur durch einen Korridor voneinander getrennt. Wir hatten vereinbart, dass entweder wir zu Miyamoto-san gehen konnten oder er mit Vorschlägen zu uns kommen würde. Dann war er plötzlich wie vom Erdboden verschluckt, und wir hatten schon Sorgen, dass er gar nicht wieder auftaucht. Aber kaum war die Arbeit an Super Mario Galaxy abgeschlossen, da erschien er und überschüttete uns mit Vorschlägen! (lacht)
Die Menschen sind schon seltsam! (lacht) Wenn man sie in Ruhe lässt, dann werden sie unruhig, und wenn man sich zu sehr um sie kümmert, fühlen sie sich gestört!
Andererseits glaube ich, wir konnten gerade dadurch, dass er uns so viele Vorschläge gemacht hat, ein so ordentliches Ergebnis erzielen.
Hatten Sie nicht manchmal das Gefühl, dass Miyamoto-san es mit den Vorschlägen übertreibt?
Das würde mich auch interessieren! (lacht)
Diesmal gab es kein spektakuläres Umwerfen des Kaffeetischchens ganz am Ende der Entwicklung. Es war eher so, dass ihm auf dem Kaffeetischchen noch nicht genug Leckereien standen. (lacht)
War es nicht so, dass mit den Aerobic-Übungen ein neues Kaffeetischchen aufgestellt wurde und Miyamoto-san mit der Jogging-Übung die Auswahl ergänzt hat?
Ursprünglich gab es auf dem Menübildschirm drei mal drei Schaltflächen, und weil wir nur acht Übungen hatten, war uns klar, er würde uns früher oder später sagen, dass da noch eine fehlt. Aber wir waren mit der Fertigstellung der anderen Übungen so ausgelastet, dass wir einfach so tun mussten, als wäre uns das gar nicht aufgefallen. (lacht)
Ich sagte: „Acht reichen doch völlig.” Aber so leicht ließ Miyamoto-san uns nicht davonkommen. Also fügten wir im August noch das Freie Jogging ein, um die Leerstelle zu füllen.
Es hat wirklich bis zur letzten Minute gedauert, ehe alles in Ordnung war, oder? Auf der Nintendo Conference hat Miyamoto-san ja gesagt, Nintendo biete seinen Mitarbeitern jetzt ein gesundes Arbeitsumfeld. Gesund schon, aber von frischer Luft konnte vermutlich keine Rede sein... (lacht)
Das ganze Team hat unter vollem Körpereinsatz gearbeitet. Immerhin war Sommer, da hat es schon ziemlich streng gerochen. (lacht)
Vor allem beim Debug-Team11 muss es schlimm gewesen sein. (lacht) Stellen Sie sich vor, ein Haufen Leute treibt mitten im Sommer den ganzen Tag lang Sport in einem einzigen Raum... (lacht) 11 Aufgabe des Debug-Teams ist es, ein Spiel mehrfach durchzuspielen und Fehler im Programm zu finden.
(lachen)
Wirklich, das Debug-Team hatte einen harten Job, bei dem viel Ausdauer erforderlich war. Ich bin unglaublich dankbar, dass es bis zum Schluss so hoch konzentriert gearbeitet hat.
Ich bin allen Beteiligten sehr dankbar. Darf ich Sie jetzt zum Ende des Gesprächs noch um eine persönliche Nachricht an die Leser bitten?
Zunächst würde ich mich freuen, wenn die Leute selbst zum Wii Balance Board greifen – oder sich vielmehr darauf stellen – und Wii Fit spielen. (lacht) Ich glaube, das ist schon eine eigene Erfahrung, mit der man auf den ersten Blick nicht unbedingt rechnet.
„Stellen Sie sich drauf” ist eine Aufforderung, die man im Zusammenhang mit Heimkonsolen bisher nur sehr selten gehört hat, nicht wahr? (lacht)
Wir haben sehr viel Zeit und Mühe in das Interface gesteckt und uns dabei eng mit Miyamoto-san abgestimmt, damit unsere Kunden jeden Tag Lust haben, Wii Fit zu verwenden. Ich glaube, je öfter man sich damit beschäftigt, desto tiefer schließt man es ins Herz. Ich kann nur jedem raten zu testen, ob ich damit richtig liege.
Ich habe mit einer Vorabversion jeden Tag trainiert und dabei eine ganze Menge Entdeckungen über meinen Körper gemacht. Grundsätzlich ist das Wii Balance Board zwar auch so etwas wie eine Waage, aber gleichzeitig ist es mehr als nur das. Obwohl am Anfang völlig unklar war, wohin der Weg führt, und obwohl das Entwicklerteam schon kurz vor der Auflösung stand, haben Sie ein faszinierendes und völlig neuartiges Produkt entwickelt. Wie konnte das klappen?
Ich bin sicher, eine einzelne Person hätte ein Produkt wie dieses nie erschaffen können. Dass Wii Fit am Ende möglich war, liegt meiner Meinung nach nur daran, dass so viele verschiedene Leute dazu beigetragen haben.
Es waren viele Menschen in der Nähe, die bereit waren, sich ernsthaft mit dem Projekt auseinanderzusetzen, natürlich einschließlich Miyamoto-san. Diese Menschen waren eine große Inspiration, wenn wir nicht mehr weiter wussten.
Meinen Sie, dass Wii Fit ohne sie nicht möglich gewesen wäre?
Ja, das meine ich. Als wir zu den Herstellern von Waagen gingen, da redeten wir aneinander vorbei...
Sie haben keinen gemeinsamen Nenner gefunden, weil diese Leute normalerweise nicht über Spiele nachdenken. (lacht) In manchen Dingen sind Kollegen wirklich durch nichts zu ersetzen.
Wissen Sie, es war ein sehr gemischtes Team. Die Mitglieder, die für Design und Sound zuständig waren, kamen direkt von Twilight Princess. Am Anfang habe ich mir Sorgen gemacht, ob Leute mit so einem Hintergrund ein ungewöhnliches Projekt wie dieses ernst nehmen würden, aber das war unbegründet. Alle haben mit ganzer Kraft am Projekt gearbeitet.
Immerhin hat niemand gesagt: „Ich bin nicht zu Nintendo gekommen, um an so einem Produkt zu arbeiten!”
Ich habe das Spiel auch nicht in die Hände von Neulingen gegeben, nur weil es relativ einfach aussieht. Stattdessen war ich der Meinung, dass die Natur des Spiels Leute erfordert, die zum Beispiel schon Erfahrung mit Twilight Princess gesammelt haben. Darum hatten wir so erfahrene Mitglieder im Team, und ich bin sehr dankbar, dass sie alle zusammengearbeitet haben, um dieses fantastische Spiel zu realisieren.
Herzlichen Dank. Im nächsten Interview werde ich mich mit dem Entwicklerteam von Wii Fit unterhalten, von dem ein Teil vorher an Twilight Princess gearbeitet hat.
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