5. Über die europäische Verpackung

Iwata:

Was halten Sie von den internationalen Reaktionen auf die "Professor Layton"-Reihe?

Hino:

Die waren besser, als ich es mir erhofft hatte. Die "Professor Layton"-Reihe hatte eigentlich auf den japanischen Markt abgezielt, deshalb dachte ich, dass die Spieler im Ausland sie vielleicht etwas schräg finden würden. Die Welt von "Professor Layton" ist ganz eigennützig als ein alternatives London konstruiert, das nicht der echten historischen Entwicklung entspricht; das ist wie ein Paralleluniversum. Um dieses London so ansprechend wie möglich zu gestalten, haben wir zeitgemäße Elemente wie Autos und Telefone einfach nach Belieben gestaltet.

Iwata:

Sie haben sich also ein eigenes London "aus einer anderen Welt" konstruiert, das einfach perfekt als Hintergrund für Ihre Geschichte funktioniert hat.

Hino:

Genau, es könnte sein, dass die internationalen Spieler es als eine Art unterhaltsame Fantasy-Welt gesehen haben.

Iwata:

Auch bei Nintendo sind viele Produkte, die die Welt angenommen hat, nicht bewusst nachvollziehbar gestaltet worden. Ich denke, die "Super Mario"-Reihe ist gut angekommen, weil die Spielinhalte einfach Spaß gemacht haben und überall auf der Welt universell erlebt worden sind. Und das könnte man auch über die "Professor Layton"-Reihe sagen. Im Herbst 2005, als sich "Gehirn-Jogging" in Japan langsam gut verkauft hat, bin ich nach Amerika und Europa gereist, um das Spiel vorzustellen, und habe zuerst sehr verhaltene Reaktionen erhalten.

Hino:

Ah, ja, das habe ich gehört.

Iwata:

Zu der Zeit, als "Mehr Gehirn-Jogging"22 in Japan veröffentlicht wurde und zu einem großen Erfolg geworden war, wurde auch im Ausland beschlossen, das Spiel zu vertreiben, aber dort gab es das "Gehirn-Jogging"-Konzept in dieser Form noch nicht. Wir wussten also nicht, ob das Spiel auf dem internationalen Markt ankommen würde. So war es auch mit der "Professor Layton"-Reihe: Das war ein Spiel, das in die Nische passte, die "Gehirn-Jogging" in Japan gebildet hatte, und als das internationale Publikum darauf aufmerksam wurde, wurde es zu einem großen Erfolg. 22Dr. Kawashima: Mehr Gehirn-Jogging - Wie fit ist Ihr Gehirn?: Der europäische Titel der Software, die im Dezember 2005 in Japan für das Nintendo DS-System veröffentlicht wurde.

Hino:

Das stimmt.

Iwata:

Die Sprachaufnahmen in "Professor Layton und das geheimnisvolle Dorf" wurden ja nicht lokalisiert, außer für die englische Version. Und in Europa werden Filme eigentlich nicht mit Untertiteln herausgegeben, deshalb sagte man uns, dass es ungewöhnlich und befremdlich wäre, die Sprachaufnahmen im Spiel in einer anderen Sprache zu hören. In England hatte das Spiel aber einen sehr guten Start, das hat uns total überrumpelt. Als wir es dann intensiv in den Ländern beworben haben, in denen nicht Englisch gesprochen wird, verkaufte es sich auch dort sehr gut. Die anderen europäischen Länder hatten es anscheinend mitgekriegt, und so gingen die Verkaufszahlen richtig in die Höhe.

Hino:

Ja, so war es.

Iwata:

Als ich schon am Anfang gehört habe, dass es eine Trilogie werden sollte, habe ich der Verkaufsabteilung diese Märkte schmackhaft gemacht und gesagt, dass sich die Investition lohnt, weil ja noch zwei weitere Spiele folgen. Ich denke, wenn irgendetwas anders gelaufen wäre, hätten wir nicht so ein gutes Resultat erzielt, wie wir es jetzt haben. Wobei die Software natürlich Elemente bietet, die unabhängig von Landesgrenzen überall Spaß machen.

Hino:

Das stimmt. Was auch wirklich Eindruck bei mir gemacht hat, war die europäische Verpackung. Die Verpackungen der "Professor Layton"-Reihe in Europa sahen anders aus als in den anderen Regionen. Das Design wurde von NOE23 vorgeschlagen und das Logo steht dabei ziemlich im Vordergrund. Ehrlich gesagt war ich am Anfang dagegen, und wir mussten viel diskutieren. "Professor Layton und das geheimnisvolle Dorf" war als Kombination von Rätseln und einer Geschichte konzipiert, deshalb wollte ich, dass die Handlung auf der Verpackung gezeigt wird, so wie in Japan. Aber NoE ließen sich nicht beirren und wollten ihren Vorschlag durchsetzen. 23NoE: Nintendo of Europe

Iwata:

Wenn ich mich richtig erinnere, ähnelt die amerikanische Verpackung der japanischen. Aber in Europa hat man sie in Frage gestellt, obwohl Sie sich als Entwickler gegen die Idee ausgesprochen hatten.

Hino:

Das kann man wohl sagen. So etwas war mir bei meiner Zusammenarbeit mit Nintendo noch nie passiert, ich hatte es also auch nicht erwartet. Aber NoE haben dieses Packungsdesign vorgeschlagen, weil sie davon ausgingen, dass es bei den Europäern Anklang finden würde. Schließlich haben wir ihren Verpackungsvorschlag umgesetzt, obwohl es mir aus meiner Sicht schwer fiel, diese Entscheidung zu verstehen. Da habe ich also eine richtige Lektion gelernt. Wenn ich jetzt daran zurückdenke, ist mir klar, dass das Coverdesign wirklich sehr gut war.

Iwata Asks
Iwata:

Ich denke, das Verpackungsdesign und die Werbung sind international so erstellt worden, dass sie den potentiellen Kunden eine direkte emotionale Verbindung zur "Professor Layton"-Reihe ermöglicht haben. Wahrscheinlich haben sie so auf ihren Vorschlag bestanden, weil sie sich damit sehr sicher waren, obwohl sie wussten, dass die Person hinter dem Spiel dagegen war. Es war also eine sehr gute Sache, dass wir bei der "Professor Layton"-Reihe zusammengearbeitet haben und diese Ergebnisse erzielen konnten, denke ich.

Hino:

Ja, seitdem antworte ich immer: "Ja, bitte. Machen Sie nur!", wenn NoE mir etwas Neues vorschlägt. (lacht)

Iwata:

Sie meinen, selbst wenn es nicht Ihren Vorstellungen entspricht, hören Sie sich alles in Ruhe an. (lacht)

Hino:

Genau. Ich denke, ich verstehe den europäischen Geschmack mittlerweile ziemlich gut, aber darüber hinaus habe ich mittlerweile auch eine vertrauensvolle Verbindung mit den Mitarbeitern auf der anderen Seite, wovon ich sehr profitiere. Natürlich teilen wir ihnen auch unsere Meinung mit und sie ziehen unsere Gedanken in Betracht. Wir kommen da mittlerweile also ziemlich gut zusammen voran, finde ich.

Iwata:

Ich habe bei dem Entwurf damals schon das Gefühl gehabt, dass er von Leuten stammte, die das Produkt wirklich ins Herz geschlossen und sich den Kopf darüber zerbrochen hatten, wie man den Leuten in Übersee am besten vermitteln könnte, wie gut das Spiel ist. Ich denke, das könnte einer der Faktoren gewesen sein, der zu den guten Verkaufszahlen in Europa beigetragen hat. Es war eigentlich ursprünglich unklar, ob das Spiel auch international Anklang finden würde, aber jetzt verkauft es sich dort sehr gut. Ich habe das Gefühl, dass dafür mehr als einfache Übersetzung und Lokalisation nötig war; man muss schon eine Strömung erzeugen, die den Leuten in diesen Regionen die Qualität des Produkts auf eine Art näher bringt, die einfach nachvollziehbar ist.

Iwata Asks
Hino:

Da haben Sie Recht. Ich denke, die ganzen Bemühungen von Nintendo haben einen großen Anteil daran gehabt, dass die Resonanz und der Erfolg in Europa so groß waren. Wir waren ehrlich gesagt nämlich auch vom Erfolg der "Professor Layton"-Reihe in Europa überrascht.

Iwata:

Im Endeffekt liegt es ja alles in den Händen der Leute; und wenn etwas in einem Gebiet mit großer Bevölkerung Anklang findet, dann hat das schon einen starken Effekt.

Hino:

Das sehe ich genauso.