3. Rennspiele und Idol-Simulationen

Iwata:

Ihre Erfahrung mit der Spielentwicklung nahm mit Arcade-Spielen ihren Anfang.

Sakagami:

Ja.

Iwata:

Wann begannen Sie, an Spielen für Heimkonsolen zu arbeiten?

Sakagami:

Eines Tages hatten die Heimkonsolen Arcade-Spiele verdrängt und jeder ging in diese Richtung. Das erste Spiel für eine Heimkonsole, an dem ich arbeitete, war Ridge Racer10. 10Ridge Racer: Ein Rennspiel, das 1993 in den japanischen Spielhallen erschien. Das erste Spiel für Heimkonsolen wurde in Japan im Dezember 1994 veröffentlicht.

Iwata:

War Ridge Racer für Sie der Wendepunkt, an dem Sie von reiner Designarbeit zur Verantwortung gesamter Spiele übergingen?

Sakagami:

Nein, ich arbeitete bei einem Rennspiel namens MotoGP 211 als Visual Leader. Anschließend übernahm ich bei dem Spiel Mazan: Flash of the Blade12, bei dem man ein Katana handhaben muss, eine Funktion in der Produktion. Nachdem ich an ein paar dieser Titel gearbeitet hatte, beschäftigte ich mich ein paar Jahre lang mit THE IDOLM@STER13. 11MotoGP 2: Ein Rennspiel, das im Januar 2011 veröffentlicht wurde. Entwickelt von NAMCO Ltd. (jetzt NAMCO BANDAI Games Inc.).12Mazan: Flash of the Blade: Ein Action-Simulationsspiel, das 2002 in die japanischen Spielhallen kam. Entwickelt von NAMCO Ltd. (now NAMCO BANDAI Games Inc.).13THE IDOLM@STER: Ein Popidol-Simulationsspiel, das 2005 in die japanischen Spielhallen kam.

Iwata:

Ich möchte Ihnen gern ein paar Fragen zu THE IDOLM@STER stellen. Vielleicht können sich viele Leute schwer vorstellen, wie jemand, der bei einem Rennspiel als Visual Leader fungierte, auch ein Popidol-Spiel machen kann.

Sakagami:

Ja. (lacht)

Iwata:

Wie kann sich ein Gehirn so unterschiedliche Dinge ausdenken? (lacht)

Sakagami:

(lacht) Kehren wir noch einmal an den Anfangspunkt zu Pac-Man zurück. Eine meiner Grundüberzeugungen besteht darin, dass alles, was die Sinne stimuliert, gut ist. Es geht immer um das gleiche Spiel. Für mich sind THE IDOLM@STER, Tekken14, Air Combat und Ridge Racer alle gleich. Wenn ich das jetzt sage, sagen Sie vielleicht: „Sie sind völlig verschieden!“, aber im Grunde genommen, verfeinert man nur bestimmte Elemente und stellt diese besonders heraus. Daher stellt dieser Aspekt keinen Unterschied dar. Zum Beispiel sind bei THE IDOLM@STER all diese süßen Mädchen, die auftreten, sowie das Singen und Tanzen ein Konzept, das Männer anspricht. 14Tekken: Eine Serie von Kampfspielen. Die erste Folge erschien 1994 in Japan in den Spielhallen. Entwickelt von NAMCO Ltd. (jetzt NAMCO BANDAI Games Inc.).

Iwata:

Das kann ich verstehen.

Sakagami:

Bei Air Combat steigt man in ein Kampfflugzeug und schießt Gegner ab, was das Wesen des Mannes anspricht.

Iwata:

In der Tat.

Sakagami:

Und Tekken ist eindeutig ein Spiel, bei dem die Männer sich gegenseitig bekämpfen.

Iwata:

Rennspiele sind ähnlich.

Sakagami:

Richtig.

Iwata:

Geht es bei allen von ihnen darum, den Instinkt des Mannes zu wecken?

Sakagami:

Ja. In dieser Beziehung sind sie alle gleich. Daher kommen sie mir nicht so unterschiedlich vor wie manch anderem.

Iwata:

Mit anderen Worten gibt es bei den angenehmen Gefühlen, die beim Spielen in Ihrem Kopf entstehen, viele Ähnlichkeiten.

Iwata Asks
Sakagami:

Richtig. Kennen Sie das Gefühl, wenn Sie beim Spielen plötzlich einen Adrenalinschub bekommen?

Iwata:

Ja. Manche Leute nennen das “das Fließen von Gehirnsäften”.

Sakagami:

Das ist bei allen Spielen so.

Iwata:

Zum Beispiel hat jeder Grafiker seinen oder ihren ganz eigenen Stil. Die auf die getrennten Welten von Ridge Racer und THE IDOLM@STER abgestimmten Grafiken sind völlig verschieden, nicht wahr?

Sakagami:

Ja, völlig verschieden.

Iwata:

Aber selbst wenn in der Filmwelt völlig unterschiedliche Themen behandelt werden, dann kann sie ein Regisseur, wie Spielberg15 zum Beispiel, dennoch auf bestimmte Art so darstellen, dass sie im Grunde gleich sind. 15Steven Spielberg: Ein amerikanischer Filmregisseur und -produzent. Er hatte 1971 mit Duell sein Debüt und hat seither an einer Vielzahl von Filmen vieler verschiedener Genres gearbeitet, darunter E.T. - Unheimliche Begegnung der Dritten Art, Die Farbe Lila und Der Soldat James Ryan.

Sakagami:

Ja.

Iwata:

Die Themen und die Grafiken, mit denen diese vermittelt werden, sind ganz verschieden. Trotzdem ähneln sich die Mechanismen, mit denen diese die Zuschauer anrühren.

Sakagami:

Ich glaube schon.

Iwata:

Vielleicht können Sie das nachvollziehen, weil Sie von der Videoproduktionsindustrie zu Videospielen kamen. Jetzt, wo ich Ihre Hintergründe kenne, kann ich es besser verstehen. (lacht)

Sakagami:

(lacht)

Iwata:

Was war Ihr erster Eindruck, als die Leute von Nintendo Ihnen zum ersten Mal das neue Nintendo 3DS-System zeigten?

Sakagami:

Als ich es zum ersten Mal sah, spürte ich etwas fast schon Greifbares im Bildschirm.

Iwata:

Sie empfanden den Bildschirm wie ein Fenster zu einer anderen Welt mit ihren eigenen Gegenständen?

Sakagami:

Ja. Man hatte wirklich das Gefühl, dass dort etwas war. Ich weiß nicht genau, wie ich es beschreiben soll.

Iwata:

Dachten Sie sofort darüber nach, ein Ridge Racer-Spiel dafür zu machen?

Sakagami:

Ja. In dem Moment, als ich es sah, wollte ich etwas für das Nintendo 3DS-System machen, bei dem es um Autos ging. Als ich Ridge Racer darauf ausprobierte, die Autos tatsächlich da waren und ich versuchte, diese zu bewegen, bemerkte ich, dass ich mich auf eine ein wenig andere Art auf das Spiel konzentrierte.

Iwata Asks
Iwata:

Sie meinen, dass die Autos auf einem stereoskopischen 3D-Bildschirm anders wirken als auf einem 2D-Bildschirm.

Sakagami:

Ja. Ganz anders. Es war ein ganz neues Gefühl. Ich hatte das Gefühl, dass es da etwas ganz Beachtliches gab, nicht nur wegen der Autos, sondern auch wegen der Rennstrecken. Ich fand, dass es leichter war.

Iwata:

Weil es, verglichen mit 2D-Spielen, durch die 3D-Tiefe viel einfacher wird, die Distanz zwischen den Fahrzeugen optisch besser einzuschätzen!

Sakagami:

Genau.

Iwata:

Ich höre die Leute bei den Drittentwicklern immer wieder sagen, dass 3D einen großen Unterschied macht. Sie sagen, dass Rennspiele und Flugspiele leichter spielbar werden. Wir haben das auch bei unseren eigenen Tests bemerkt.

Sakagami:

Ja. Übrigens finden manche Leute auch die Rennspiele schwierig.

Iwata:

Wenn es jemandem schwerfällt, Distanzen abzuschätzen, können Rennspiele schwierig sein.

Sakagami:

Richtig. Leute, die das besser können, können sich die Entfernung im Kopf vorstellen. Aber beim Nintendo 3DS-System ist die Tiefe genauso, wie sie erscheint. Man kann ganz natürlich spielen. Das fand ich großartig. Aber als ich tatsächlich Ridge Racer in 3D gemacht hatte und es ausprobieren wollte, waren meine Zeiten langsamer! (lacht)

Iwata:

Woher kam das?

Sakagami:

Ridge Racer gehört zu der Art von Spielen, bei denen man Vollgas geben konnte. Aber die Rennstrecken sind jetzt viel realistischer geworden. Da konnte ich mir nicht helfen und musste einfach mit dem Fuß ein bisschen auf die Bremse treten!

Iwata:

Das ist interessant! (lacht)

Sakagami:

Nachdem ich ein paar Runden gefahren war, bekam ich allmählich ein Gefühl für das Timing. Und dann haben sich meine Zeiten tatsächlich verbessert!