Ich erinnere mich, als ich gerade von der Universität kam, habe ich alles Mögliche gemacht und herumgezeigt. Spieldesign-Theorie war damals noch nicht sehr fortgeschritten, also habe ich mich gefragt: "Kommen meine Ideen überhaupt bei den Leuten an?”
Klar. Meine heutigen Fähigkeiten sind das Ergebnis der Arbeit meiner Vorgänger, multipliziert mit meinen eigenen Erfahrungen. An der Universität hatte ich null Erfahrung, also kam insgesamt immer Null dabei heraus.
Anders ausgedrückt, wenn man bei Null anfängt und sich dann auf den Weg in die Welt macht, um herauszufinden, was die Vorgänger im eigenen Beruf so machen, ist man ein unbeschriebenes Blatt und bereit zu lernen. Aber junge Menschen sprechen oft darüber, was sie alles können und ... man kann nicht wirklich weiter kommen, bis man diese Fassade abgelegt hat.
Genau. Es hört sich vielleicht merkwürdig an, aber ich sage Anfängern immer: "Man macht eigentlich keine richtigen Fortschritte, bis man von seinem hohen Ross herunterkommt." (lacht)
Ahh ... Dieser Satz verdeutlicht wirklich den sportlichen Mannschaftsgeist bei Team NINJA. (lacht)
Ach ja? (lacht) Wenn man in einem Entwicklungsteam arbeitet, kriegt man genau mit, ab welchem Zeitpunkt ein Spiel Spaß macht. Es wird einem bewusst, was man machen kann, um das Spiel auf eine bestimmte Art unterhaltsam zu gestalten.
Manchmal verändern einfache Details sehr stark den Gesamteindruck, den ein Spiel hinterlässt. Ein guter Planer kann diese wichtigen Einzelelemente genau erkennen.
Richtig. Mir gefällt daran besonders, wie die täglichen Entscheidungen beständig zu Verbesserungen führen. Bei der Software-Entwicklung für den Nintendo 3DS, der ja neue Hardware und noch in der Entwicklung war, war das Ziel nicht immer einfach zu sehen, aber als Spielemacher hat es auf jeden Fall Spaß gemacht.
So als ob die Spielentwicklung selbst ein Spiel wäre? (lacht)
Genau! (lacht) Aber je weniger man vorausschauen kann, desto schwieriger ist es für die Mitarbeiter. Da sind die Kollegen schon manchmal verunsichert, aber es macht eben auch Spaß.
Wenn Sie so etwas als "Spaß" bezeichnen, wirkt es glaubwürdig, weil Sie schon viele Hindernisse überwunden haben. Wie lang hat es gedauert, bis Sie so weit gekommen sind?
Nachdem ich schon an mehreren Projekten als Planer beteiligt war, habe ich im vierten Jahr zum ersten Mal bei einem Projekt die volle Verantwortung übernommen. Da musste ich auch zum ersten Mal ein Projekt zu einem festen Termin auf die Landebahn bringen. Diesen Ausdruck benutzen wir bei der Spielentwicklung oft, weil der Entwicklungsprozess wirklich ein bisschen wie das Landen eines Flugzeugs ist.
Bleiben wir mal bei diesem Beispiel: Wenn man ein Flugzeug fliegt, sucht man ja nach einem geeigneten Landeplatz. Konnten Sie auch dieses erste Projekt schon gut auf die Landebahn bringen?
Ja. Die Landung ist geglückt, aber ich war trotzdem nicht wirklich zufrieden damit. Als die Projekte, für die ich verantwortlich war, langsam größer wurden, kamen auch mehr Unsicherheiten auf und ich habe gelernt, dass man jedes Projekt anders „fliegen“ muss.
Die Projekte, die Sie geleitet haben, brachten also auch immer mehr Verantwortung mit sich?
Ja. Ich glaube, das war auch ein Wink des Schicksals.
Um ehrlich zu sein, dass Sie in so jungen Jahren Team NINJA leiten, ist schon ... ich meine, in meiner Generation hatten wir noch keine Vorgänger, aber was Sie in Ihrer Generation erreicht haben, die schon viele erfahrene Leute als Vorgänger hat, das ist schon etwas Besonderes. Ich würde gerne wissen, was Sie so für Erfahrungen gemacht haben. Es ist ja bestimmt nicht immer alles glatt gelaufen.
Nein. Es fing damit an, dass Team NINJA ein großes und ein kleines Projekt machen wollten. Ich war verantwortlich für das kleine Projekt.
Warum sind Sie denn dafür ausgewählt worden?
Hmm ... das frage ich mich auch. Ich weiß nicht mehr, ob ich es einfach übernommen habe, oder ob mein Boss die Entscheidung getroffen hat, aber ich wollte nicht an dem großen Projekt arbeiten, wenn ich dabei nichts mit den Dingen zu tun hätte, die dazu beitragen, dass das Spiel Spaß macht. Die Arbeit an dem kleinen Projekt war für mich auch eine wertvolle Erfahrung.
Ich hatte Glück, weil es zu meiner Zeit keine Vorgänger gab. So konnte ich mir alleine etwas ausdenken, dann in einer 3er-Gruppe, dann mit fünf Leuten, und dann mit zehn ... Das ging alles schrittweise. Ich würde gerne wissen, welche Schritte Sie als Mitglied einer viel jüngeren Generation gegangen sind, um in so jungem Alter an so ein großes Projekt wie dieses zu kommen.
Ich hatte die Vorgabe, jedes Jahr ein Spiel zu entwickeln, und habe nebenbei an einem zwei- bis dreijährigen Projekt gearbeitet. Jedes Jahr habe ich mehr Arbeit übernommen, bis ich mehrere Projekte im Jahr abschließen konnte. Ich hatte das Glück, dass ich nach und nach die Verantwortung für immer weitere Bereiche übernehmen konnte.
Wann waren Sie denn soweit, dass Sie mehrere Aufgaben auf einmal bewältigen konnten?
Da war ich ungefähr 27. Aber - um mich mal mit einem Computer zu vergleichen - zu dieser Zeit war mein Prozessor noch nicht schnell genug.
Sie hatten noch nicht genügend Kapazität für Multitasking9. (lacht) 9Multitasking: Ein Begriff für das scheinbar gleichzeitige Ausführen mehrerer Arbeitsvorgänge bei Computern. Hier ist damit eine Person gemeint, die an mehreren Projekten gleichzeitig arbeitet.
Genau. Ich war damit unzufrieden und dachte: "Ich bin nicht gut genug ...", aber wenn man sich wirklich intensiv um mehrere Projekte kümmern muss, hat man keine Zeit für trübe Stimmung und nimmt die Kraft einfach irgendwo her. (lacht) Und als ich das geschafft hatte, wurde mir klar: "Oh, man kann sich als Mensch also wirklich weiterentwickeln", und ich bin froh, dass ich das bemerkt habe. (lacht)
Ah, das ist ja nett. Ich finde es toll, wenn jemand Freude an der eigenen Arbeit und den Ergebnissen hat. Ich würde nichts lieber tun, als dafür zu sorgen, dass man dieses Gefühl öfter hat. Das ist eines der wichtigsten Ziele meiner Arbeit.
Ich finde, die Zufriedenheit der Entwickler spiegelt sich in den Spielen wider.
Das stimmt. Das färbt auf jeden Fall auf das Produkt ab.
Entwickler arbeiten ja meist ein bis zwei Jahre an einem Spiel. Man könnte sagen, dass dabei der ganze Lebensstil von dem Produkt beeinflusst wird.
Man spürt einfach, ob das Team motiviert war, oder sich nur durchgequält hat.
Früher dachte ich ja, Videospiele fallen einfach vom Himmel. Damals habe ich nicht an die Entwickler gedacht, aber heute sehe ich immer den menschlichen Anteil an den Videospielen - die Gefühle der Entwickler, um es mal so zu sagen. (lacht) Seit mir das aufgefallen ist, bin ich viel achtsamer geworden. Während der Entwicklungszeit leben die Entwickler mit diesem einen Spiel. Aber ich möchte, dass alle einfach Spaß an dem Spiel haben können, das dabei herauskommt, ohne zu viel an uns zu denken.
Es ist schon schön, wenn die Spieler denken: "Zumindest haben sich die Entwickler dabei Mühe gegeben."
Stimmt. Man braucht nicht gelobt zu werden. Die Leute können das Spiel ruhig blöd oder komisch finden. Hauptsache, es löst eine echte Reaktion aus.
Für die Entwickler ist es am schlimmsten, ignoriert zu werden. Kritik spornt einen nur fürs nächste Mal an. Es gibt immer Abgabefristen und andere Einschränkungen, deshalb hat man als Entwickler immer das Gefühl, dass das Ergebnis noch besser sein könnte - egal, wie sehr man sich angestrengt hat.
Richtig. Aber die Kunden zahlen ja Geld für unsere Spiele, und deshalb dürfen wir keine Ausreden suchen. Ich möchte nur Spiele entwickeln, die ihr Geld auch wert sind.
Man braucht nicht nach Ausreden zu suchen, aber man kann zumindest die eigene Unzufriedenheit für das nächste Mal nutzen. Dann ist man beim nächsten Projekt zusätzlich motiviert.
Stimmt. Jedes Projekt fängt mit einem alten Element an, dass man verbessern will. Es macht Riesenspaß, das jedes Jahr zu machen!
© 2024 Nintendo.