4. Spannung wie auf dem Fußballplatz

Iwata:

Was war Ihr erster Eindruck vom Nintendo 3DS-System, Mr. Enomoto?

Enomoto:

Das erste Mal, als ich es sah, dachte ich: „Was um alles in der Welt ist das?!" Ich hatte noch nie einen 3D-Effekt gesehen, bei dem man ohne besondere Brille auskommt. Ich war verblüfft und dachte: „Häh? So was können die?" Wie Sie erwartet hatten, dachte ich auch, dass Sportsendungen wie geschaffen sind für 3D. Ich dachte, die Gelegenheit sei günstig, dass ich sehen könnte, wie „PES" auf diesem System wirkt.

Iwata:

Mit dieser Tiefenwahrnehmung würden die Darstellungen noch mehr das Gefühl von Raum rüberbringen. Wir waren neugierig, wie das „PES"-Team reagieren würde, wenn wir dies vorstellen.

Enomoto:

Vor diesem Zeitpunkt an konnten wir in Fußballspielen nur durch eine Veränderung der Größe von Schatten ein Gefühl von Perspektive schaffen. 3D geht weit über diese Ausdrucksmöglichkeit hinaus.

Iwata:

Sie meinen also, dass obwohl Sie erschrocken waren, gleichzeitig sofort spürten, dass es mit seinen besonderen Elementen gut zu Fußballspielen passt.

Enomoto:

Genau.

Iwata:

Was haben Sie und Ihr Team empfunden, als die Bilder anfingen, sich in 3D zu bewegen?

Enomoto:

Die Wahrheit ist, dass Sie damit unseren wunden Punkt getroffen haben. Ursprünglich hatten wir das Spielfeld von „PES" ohne 3D-Effekte aufgebaut, damit das Spiel flüssiger läuft. Dies jetzt für den Nintendo 3DS wieder zu korrigieren, war eine große Herausforderung.

Iwata:

Sie brauchten also Kräfte an einer Stelle, wo Sie sie nicht erwartet hätten. Allein schon 22 Spieler auf einer tragbaren Spielkonsole in Bewegung zu halten, muss eine Herausforderung gewesen sein.

Enomoto:

Stimmt. Nachdem wir dieses Problem gelöst hatten, sah es aber wirklich gut aus.

Iwata Asks
Iwata:

Gab es etwas, dass Sie und Ihr Team am Spiel interessant fanden, als Sie es dann endlich in 3D sehen und die Tiefe spüren konnten?

Enomoto:

In diesem Spiel können Sie 3D-Fußball aus fünf Perspektiven genießen. Es gibt aber auch die Möglichkeit, es aus der Ego-Perspektive zu spielen, was ziemlich nah am tatsächlichen Blickwinkel des Sportlers ist. Es ist fast so, als stünden Sie tatsächlich auf dem Platz. Ich glaube, dass 3D erst dieses Nähegefühl möglich macht.

Iwata:

Man hat also die herkömmliche Vogelperspektive mit einem Überblick übers Spiel und als neue Herausforderung auf dem Nintendo 3DS noch einen Blickwinkel, als sei man selber auf dem Platz.

Enomoto:

Das stimmt. Wenn die Sportler aufeinanderprallen, fühlt es sich aus der Ich-Perspektive viel realer an als je zuvor. Fußball ist ein wilder Sport ... da stößt man schon mal zusammen. Um ehrlich zu sein, haben wir die Ich-Perspektive eingeführt, um das 3D besser auszunutzen. Die anderen Effekte kamen dann ganz automatisch dazu.

Iwata:

In dem Moment, in dem Sie die Kameraperspektive änderten und damit die Handlungen beeinflussten, veränderten sich auch Dinge, die Sie auf herkömmliche Weise umgesetzt haben.

Enomoto:

Ja. Es war das erste Mal, dass wir ein Spiel für den Nintendo 3DS machten. Es gab Dinge, die wir nicht verstanden.

Iwata:

Ich bin mir sicher, dass man vieles einfach Schritt für Schritt entdecken muss. So ist das nun mal, wenn Menschen das erste Mal Polygonsysteme entwickeln. Das Nintendo 3DS-System steht immer noch ganz am Anfang. Wenn es erstmal populärer geworden ist, glaube ich, dass immer mehr Dinge möglich werden.

Enomoto:

Ich glaube, dass wir, genau wie bei den Polygonen, mit der Weiterentwicklung von Spielen für den Nintendo 3DS immer mehr Möglichkeiten entdecken werden.

Iwata:

Wenn man mal darüber nachdenkt, ist es wie bei Serien: Es ist wichtig, die regelmäßigen Spieler bei der Stange zu halten. Es engt aber auch immer die Gruppe neuer Spieler ein, da ihnen der Einstieg schwerer fällt. Je größer die Erfolgsgeschichte einer Serie wird, desto größer wird auch der Konzern. Wie haben Sie einen Mittelweg für „PES" auf dem Nintendo 3DS gefunden?

Enomoto:

Bei „PES" kommt es auf das Können an. Das ist einer der Gründe, warum unsere Fans uns treu bleiben. Aber es schafft tatsächlich einen Unterschied zwischen Fans und jenen, die es noch werden wollen. Auf dem Nintendo 3DS können beide Gruppen das Spiel aus völlig unterschiedlichen Perspektiven genießen und Erlebnisse haben, die sie noch nie zuvor hatten. Ich glaube, dass dies außerdem das Können fördert.

Iwata:

Sie haben also zwei mögliche Spielweisen ins Spiel integriert: eine für Spieler, die schon die Vorgänger des Titels kennen, und eine andere, die erst durch den neuen Nintendo 3DS möglich wurde.

Iwata Asks
Enomoto:

Das stimmt. Wenn man eine Fortsetzung von etwas macht, ist das immer ein Punkt, der Sorgen bereitet. Die Frage, wie wir beide Extreme in Einklang bringen können, wird jedes Mal in der Firma diskutiert.

Iwata:

In gewisser Weise ist Ihre Position die eines etwas außerhalb stehenden, also eine der wichtigsten Rollen.

Enomoto:

Die Leute, die das Spiel direkt aufbauen, wissen natürlich, wie wichtig ihre Arbeit ist. Es muss aber jemanden geben, der vorausschaut. Gäbe es niemanden, der sagt: „Die Gegenwart existiert, um die Zukunft möglich zu machen", gäbe es jedes Jahr Probleme.

Iwata:

Manchmal führen bestimmte Entscheidungen eines Jahres zu dem entscheidenden Schritt für die Produktion des Folgejahres oder des Jahrs danach.

Enomoto:

Das stimmt. Je mehr man da zum Experten wird, desto weniger muss hinterher geändert werden.

Iwata:

Das gilt meiner Meinung nach für Schöpfer und Spieler gleichermaßen. Keiner verliert gern, was er sich schon hart erarbeitet hat. Auf der anderen Seite muss man auch mal ausgetretene Wege verlassen, weil man sonst nie neue Dinge erschaffen oder den Spieler mit neuen Dingen überraschen kann. Es ist jedes Mal ein Kampf.

Enomoto:

Es geht nur darum, seine Ängste in den Griff zu bekommen. Wenn ich neue Dinge ausprobieren möchte, experimentiere ich zunächst mit einem kleinen Team und versuche ihr Unbehagen beiseite zu räumen.

Iwata:

Anstatt dies zu versuchen, sollten Sie ihnen Beweise liefern.

Enomoto:

Ja. Dann könnte es niemand mehr abstreiten. Andererseits gäbe es sicher Gegenwehr. Und es wäre schwer, mehr als 100 Leute zu überstimmen.

Iwata:

Im Allgemeinen ist es normal, dass ein erfolgreiches Team Angst vor Veränderung hat. Deshalb ist es ja so schwierig, Veränderungen umzusetzen. Hätten Sie aber nicht an der Weiterentwicklung festgehalten, wäre es nicht möglich gewesen, alles umzusetzen, was in einem Stadion passiert. Es wäre nicht möglich gewesen, näher an den echten Fußball heran zu kommen, und der verändert sich schließlich auch ständig, oder mehr Spieler von Fußballspielen zu überzeugen. Ich glaube, dass Sie diese Überzeugung zu dem gemacht hat, was Sie heute sind.