1. Ein Schimpanse spielt Pac-Man
Vielen Dank, dass Sie heute gekommen sind. Natürlich wollen wir heute über Ridge Racer 3D sprechen, aber auch über eine Reihe anderer Dinge, z. B. darüber, was für Sie das Wesen Ihrer Arbeit ausmacht.
Ich freue mich, dass ich heute hier sein darf.
Bevor Sie zu NAMCO (jetzt NAMCO BANDAI Games Inc.)1 kamen, wann und wie sind Sie da mit Videospielen in Berührung gekommen? 1NAMCO (jetzt NAMCO BANDAI Games Inc.): Eine Firma, die 1955 gegründet wurde, Software für Videospiele entwickelt und Videospielhallen betreibt. Die Firma fusionierte 2006 mit einer Abteilung der Videospielentwicklung von BANDAI Co., Ltd. und begann noch einmal neu unter dem Namen von NAMCO BANDAI Games Inc.
Das erste Mal kam ich mit Videospielen in einer Videospielhalle in Berührung. Ich habe schon immer Filme geliebt. Ich war in Nishinomiya in der Präfektur Hyōgo zu Hause, nahm aber immer den langen Weg nach Osaka auf mich, um mir Filme anzusehen.
Wie alt waren Sie da ungefähr?
Es begann ungefähr, als ich im letzten Jahr der Grundschule war und ging etwa bis zur vierten Klasse in der weiterführenden Schule weiter. In meiner Schule galt die Regel, dass Schüler der Grundschule und der weiterführenden Schule nicht einfach nur so zum Spaß nach Osaka fahren durften. Aber weil mein Vater in Osaka ein Sushi-Restaurant hatte, konnte ich sagen, dass ich im Restaurant mithalf. Als ich mir einmal Der Weiße Hai2 ansah, wurde meine Liebe zu Filmen geweckt. Von da an ging ich ständig ins Kino, ohne mich vorher über die Anfangszeiten der Filme zu informieren. 2Der weiße Hai: Ein amerikanischer Film über einen riesigen, menschenfressenden Hai. Der Film wurde 1975 unter der Regie von Steven Spielberg gedreht.
Wirklich? Sie gingen ins Kino, ohne sich vorher die Anfangszeiten der Filme anzusehen?
Ja. Mein Vater hatte Freikarten von einer Filmgesellschaft, auf denen nur die Namen bestimmter Kinos aufgedruckt waren, in denen diese Gültigkeit hatten.
Sie konnten sich also die Filme nur in bestimmten Kinos ansehen.
Richtig. Meistens hatte der Film schon angefangen, wenn ich dort ankam. Aber es missfiel mir, mittendrin in einen Film einzusteigen. Daher ging ich dann in die Spielhalle, um die Zeit totzuschlagen.
Ah, ich verstehe. So hängt das also mit Videospielen zusammen. (lacht)
Ja. Entschuldigen Sie bitte diesen weiten Exkurs, aber so bin ich mit Videospielen in Berührung gekommen.
Welche Art von Spielen spielten Sie, während Sie auf den Anfang der Filme warteten?
Ich war besessen von Xevious.3 Aber ich war anfänglich noch nicht so gut darin. Daher war das Spiel meist sofort zu Ende. Allmählich wurde ich immer besser und konnte dann ungefähr eine Stunde lang spielen ... 3Xevious: Ein Shooter, der von NAMCO Ltd. (jetzt NAMCO BANDAI Games Inc.) entwickelt wurde. Das Arcade-Spiel erschien in Japan im Februar 1983, während die Famicon (NES)-Version in Japan im November 1984 veröffentlicht wurde.
Sie kamen so weit, dass Sie für 100 Yen eine ganze Stunde lang spielen konnten. Hätten Sie sich jeden Film angesehen?
In dieser Beziehung war ich ein Allesfresser. Und schließlich hing das auch von den Freikarten ab! (lacht)
Oh, richtig. Sie konnten sich ja nicht aussuchen, was Sie sehen wollten. (lacht)
Genau (lacht). Deshalb habe ich mir viele B-Movies angesehen!
Ich kann mir aber vorstellen, dass es sich später als hilfreich erwiesen hat, diese Filme gesehen zu haben.
Ja, als sehr hilfreich sogar. Ich habe mir eine ganze Menge Filme angesehen, ohne dabei wählerisch zu sein, und habe die Elemente vieler Genres in mir aufgesogen.
Also, während Sie den Reiz der Videospiele kennenlernten, spürten Sie die Anziehungskraft, die diese Filme auf Sie hatten. Da überrascht es nicht, dass Sie in die Filmindustrie gegangen sind.
Genau. Ich wollte gern in der Filmindustrie arbeiten. Ich fand eine Stelle bei einer Videoproduktionsgesellschaft. Ob es nun also Filme oder Nachrichten waren ...
Arbeitete die Firma mit vielen unterschiedlichen Materialien?
Ja. Sie hatten sehr viele Mitarbeiter – Kameramänner, Beleuchter, Tontechniker und so weiter. Weil ich ein Neuling war, wurde ich immer an die verschiedenen Drehorte geschickt. Damals war mein Leben schon etwas verrückt.
Wie war das ganz genau?
Ich fing immer gegen fünf Uhr morgens in der Firma an, um die Filmausrüstung vorzubereiten, lud diese in meinen Laster und fuhr an den Drehort. Nach dem Shooting war ich schon sehr erschöpft, wenn ich in die Firma zurückkam. Dort erfuhr ich dann aber, dass ich beim Editieren eines anderen Programmes helfen sollte.
Als Neuling konnten Sie es sich nicht erlauben, das abzulehnen.
Richtig. Und mit dem Editieren war ich dann so gegen zwei Uhr morgens fertig.
Sie sagen, Sie beendeten die Arbeit gegen zwei Uhr und fingen dann um fünf Uhr wieder an zu arbeiten, das heißt ...
So ist es, ich bekam wirklich nur drei Stunden Schlaf! (lacht) Mein Ziel war es, irgendwann einmal Filmregisseur zu werden. Aber während ich die ganze Zeit unter diesen Bedingungen an Videoproduktionen arbeitete, kamen mir irgendwann schwere Zweifel an der japanischen Industrie. Das war die Zeit der Luftblasenwirtschaft, da mussten wir eine Aufnahme nach der anderen machen, und zwar zügig. Wenn wir zum Beispiel ein Musikvideo schossen, verwendeten wir als Thema, was gerade angesagt war, und sagten uns danach: „Okay, wir sind fertig!“
Sie befanden sich also nicht in einem Umfeld, wo Sie in Ruhe etwas mit hoher Qualität herstellen konnten.
Ganz genau. Ich fragte mich, was ich wirklich machen wollte, als ich auf NHK einen Dokumentarfilm über einen Schimpansen namens Kanzi4 sah. Das war ein wirklich pfiffiger Zwergschimpanse. Wenn er eine Banane haben wollte, zeigte er auf das Schild, auf dem (auf Englisch) stand: „Ich möchte gern eine Banane.“ 4Kanzi: Der Name eines außergewöhnlich intelligenten Schimpansen, der vom Forschungsinstitut einer amerikanischen Universität aufgezogen wurde. Er kommunizierte mithilfe einer sprechenden Tastatur mit den Menschen. Das Programm wurde im März 1993 als Sondersendung auf NHK ausgestrahlt (japanische Rundfunkanstalt).
Er konnte Worte erkennen.
Ja. Und er konnte Pac-Man spielen!5 5Pac-Man: Ein von NAMCO Ltd. (jetzt NAMCO BANDAI Games Inc.) entwickeltes Action-Spiel. In Japan erschien es 1980 in den Spielhallen.
Was? Ein Schimpanse spielte Pac-Man?
Ja!
Wow ...
Das war eines der Experimente. Als er erst einmal angefangen hatte, Pac-Man zu spielen, lernte er allmählich die Regeln und spielte es von da an immerzu.
Meinen Sie, er verstand wirklich, dass die Gespenster durch das Essen von Punkten ihre Farbe zu blau wechselten und man diese dann essen konnte?
Ja, ja! Als ich das bemerkte, war es für mich, als wäre ich vom Blitz getroffen worden.
Das ist schon etwas schockierend.
Ja, richtig schockierend. Mir wurde klar, dass, wenn selbst ein Schimpanse Freude an Videospielen hat, diese eine ganz universelle Anziehungskraft auf jeden ausüben mussten, unabhängig von Rasse oder Kultur.
Sie haben angefangen, in der Filmindustrie zu arbeiten, weil Sie gern etwas herstellen wollten, das man an die ganze Welt kommunizieren konnte. Doch weil die Wirklichkeit weit davon entfernt war, verloren Sie den Überblick darüber, wie Sie dieses Ziel würden erreichen können. Als Sie dann sahen, wie viel Spaß der Schimpanse an Videospielen hatte, wurde Ihnen klar, dass diese eine weltweite Anziehungskraft hatten.
Ja, und mir wurde auch klar, dass es das war, was ich schon immer machen wollte. Und mein Weltbild geriet ins Wanken. Vorher waren die visuellen Medien für mich Film und Fernsehen. Über Videospiele als Option hatte ich noch nicht nachgedacht.
Aber Videospiele sind auch ein visuelles Medium.
Ja. Das war der Moment, in dem mir das klar wurde.